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Streit um Corona-Hilfe der Bundeswehr in Berlin geht weiter

Die Oberbaumbrücke verbindet Friedrichshain und Kreuzberg. Der Bezirk möchte keine Corona-Hilfe durch die Bundeswehr.
Die Oberbaumbrücke verbindet Friedrichshain und Kreuzberg. Der Bezirk möchte keine Corona-Hilfe durch die Bundeswehr.

In der Hauptstadt steigen die Corona-Infektionszahlen - aber nicht jeder will Hilfe vom Bund annehmen.

Berlin (dpa) - Ungeachtet deutlicher Kritik der Bundesregierung darf die Bundeswehr weiterhin nicht bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg helfen.

Die Bezirksverordnetenversammlung entschied mit breiter Mehrheit der Anwesenden, zwei entsprechende Anträge von SPD und CDU zunächst im Sozialausschuss weiter zu diskutieren.

Das grün-linksalternativ geprägte Friedrichshain-Kreuzberg lässt als einziger von zwölf Berliner Bezirken keine Corona-Hilfe der Bundeswehr zu, etwa bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) hatten das kritisiert und ideologische Gründe hinter diesem Vorgehen vermutet.

Der Bezirk hat eine der höchsten Infektionsraten in der rot-rot-grün regierten Hauptstadt, in der die Zahl der Corona-Fälle zuletzt ohnehin stark zunahm. Gleichwohl machten in der Debatte im Bezirksparlament vor allem Linke und Grüne geltend, dass das Gesundheitsamt ausweislich des zuständigen Stadtrats die Lage im Griff habe und Kontakte auch ohne Hilfe nachverfolgen könne.

In elf der zwölf Berliner Bezirke kommen seit längerem 60 Soldaten zum Einsatz, die in überlasteten Gesundheitsämtern bei der oft telefonischen Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten oder in Teams für Tests helfen. Anfang der Woche kamen 180 weitere Soldatinnen und Soldaten dazu. Friedrichshain-Kreuzberg sagt aber weiter: «Nein danke».

«Mir fehlt jedes Verständnis, dass Rot-Rot-Grün es eher riskiert, dass es rasant steigende Infektionen gibt, dass Infektionsketten nicht nachverfolgt oder nicht eingedämmt werden können, als sich von der Bundeswehr helfen zu lassen», hatte Kramp-Karrenbauer (CDU) dem «Tagesspiegel» zur ablehnenden Haltung von Friedrichshain-Kreuzberg gesagt. Spahn äußerte sich in der ARD ähnlich.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller sah sich vor diesem Hintergrund zu einer Klarstellung genötigt, dass Hilfe der Bundeswehr in der Pandemie willkommen ist. Wenn Berlin weiter Soldaten einsetzen könne, etwa zur Nachverfolgung der Infektionsketten, würde er sich sehr freuen, sagte der SPD-Politiker im Abgeordnetenhaus. Er sei dankbar, wenn die Truppe in Berlin weiter helfe, wie auch in anderen Bundesländern.

Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) unterstrichen, dass Berlin in der Pandemie schon viel Unterstützung von der Bundeswehr bekommen habe. Das betreffe etwa den Aufbau eines Notfallkrankenhauses, die Beschaffung von Schutzkleidung, den Betrieb von Teststellen oder Lagerkapazitäten. «Ich werde es an jeder Stelle deutlich machen, dass wir die Hilfe auch weiterhin sehr gerne annehmen», so Müller.

Nach dem Beschluss des Bezirksparlaments ist indes nun nicht davon auszugehen, dass das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das mit dem Rathaus einer Kommune vergleichbar ist, die Bundeswehr zulässt. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hatte sich angesichts des Wirbels für den Hilfseinsatz der Bundeswehr ausgesprochen. «Jede helfende Hand sei willkommen», sagte sie dem «Tagesspiegel». Gleichzeitig verwies sie auf das Bezirksparlament.

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit 290.400 Einwohnern gibt es bisher 1517 bestätigte Corona-Infektionen. Die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen lag zuletzt gerade noch so unter dem Wert von 50, der als kritisch angesehen wird. Berlinweit klingeln bereits ab einem Wert von 30 die Alarmglocken. Dieser ist seit mehreren Tagen überschritten, so dass der Senat am vergangenen Dienstag restriktive Obergrenzen für private Feiern sowie eine Maskenpflicht für Büro- und Verwaltungsgebäude beschloss.