Streit um Dortmunder "Tatort" wegen platter Ruhrpott-Klischees
Abbruchreife Häuser, verlassene Zechen und trinkende Ex-Kumpel – in der jüngsten “Tatort”-Folge “Zorn” aus Dortmund ging es unter anderem um das Bergbau-Aus im Ruhrgebiet. Dem Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau aber waren das zu viele Klischees. Er schrieb dem WDR-Intendanten Tom Buhrow einen Brief – der konterte sofort.
“Es ist maximal lächerlich!”, wetterte Dortmunds Stadtoberhaupt Sierau und beschwerte sich über die überzogene Darstellung seiner Stadt – Requisiten, Drehorte und die Darstellung der nun arbeitslosen Bergleute seien schlichtweg unrealistisch. “Was sich in vorherigen Folgen schon angedeutet hat, lässt sich nach der Folge von Sonntag nur als fortwährendes Mobbing gegenüber einer Stadt, einer Region sowie den dort lebenden Menschen bezeichnen.”
Ullrich Sierau würde Dortmunder “Tatort” ganz abschaffen
Wenn es nach Sierau ginge, würde er sogar gleich den gesamten Dortmunder “Tatort” samt TV-Ermittler Peter Faber (Jörg Hartmann) in Rente schicken. “Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn Sie den ‘Tatort’ einstellen”, schrieb er verärgert an den WDR-Chef. Laut Ullrich Sierau würden die Region und ihre Bewohner in völlig falschem Licht dargestellt. “Die Macher dieser Folge geben die Menschen der Region der Lächerlichkeit preis, indem sie diese Bier trinkend in Trainingsanzügen vor heruntergekommenen Häusern rumstehen lassen.” Der “Tatort” sei eine “plumpe Darstellung ohne jedwede regionale Kenntnisse”.
Zum Nachlesen: So war der Dortmunder Tatort “Zorn”
Doch diese Vorwürfe ließ WDR-Intendant Tom Buhrow nicht lange auf sich sitzen und schoss verbal zurück. In einem persönlichen Brief vom 23. Januar antwortete der Senderchef laut “Bild”-Zeitung dem Bürgermeister und stellte klar: “Ein ‘Tatort’ hat nicht die Aufgabe, das Image einer Stadt oder einer Region aufzupolieren. Die Freiheit der Kunst ist ein hohes Gut. Und ich habe erstaunt zur Kenntnis genommen, dass Sie gleich den ganzen Dortmunder ‘Tatort’ loswerden wollen.”
Tom Buhrow verteidigt die Arbeit des WDR
Weiter erklärte Buhrow: “Der WDR zeigt in seinen vielen Dortmunder ‘Tatort’-Folgen ein vielschichtiges Bild der Stadt, etwa durch diverse Milieus und Drehorte wie den Phoenixsee, den Westfalenpark oder das Dortmunder ‘U’.”
Außerdem handele es sich bei dem TV-Format nicht um eine Reality-Soap. Der Senderboss erklärte in seinem Schreiben: “Der Tatort ist Fiktion – aus dramaturgischen Gründen wird auch verdichtet und zugespitzt. Dadurch können einzelne Szenen von den einen als Klischees empfunden werden, von anderen als realitätsnahe Darstellungen. Das polarisiert, löst Debatten aus – das ist aus unserer Sicht nicht negativ, sondern bereichernd. Die Publikumsreaktionen auf die ‘Tatorte’ aus Dortmund sind im Übrigen überwiegend positiv, bei den letzten öffentlichen Vorführungen in Dortmund gab es sehr viel Applaus.”
Buhrow stellte abschließend in seinem Brief die Frage, “ob es wirklich im Sinne der Dortmunderinnen und Dortmunder ist, wenn Sie sagen, dass Sie das erfolgreiche Team und Kommissar Faber gerne ziehen lassen würden”. Noch steht eine weitere Antwort des Dortmunder Oberhauptes aus.
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