Streit um Einbürgerung: Italienischer Pass nach 10 Jahren Schule?
In Italien tobt der politische Streit um die Einbürgerung von Menschen, die seit Jahrzehnten im Land leben, aber als Menschen zweiter Klasse behandelt werden.
Vize-Regierungschef Antonio Tajani und Chef der einstigen Berlusconi-Partei Forza Italia möchte Zugewanderten, die 10 Jahre lang eine italienische Schule besucht haben, einen italienischen Pass geben. Doch die rechtsextreme Regierungspartei sperrt sich gegen den Vorschlag des Koalitionspartners und gegen das sogenannte "ius scholae", das Recht über die Schule. Die linken Oppositionsparteien befürworten ein "ius soli", das bedeutet, dass jedes Kind, das in Italien geboren ist, die italienische Nationalität bekommt.
Auch nach 30 Jahren in Italien keine Chance auf einen Pass
Amin Nour ist im Alter von 4 Jahren aus Somalia nach Italien gekommen, aber auch nach 30 Jahren fühlt er sich ausgegrenzet in dem Land, das er als seine Heimat betrachtet.
Amin Nour hat 'Nibi, Neri Italiani' gegründet, eine Interessensvertretung von Schwarzen Menschen in Italien. Er sagt im Gespräch mit Euronews: "Ich habe immer legal gearbeitet und Steuern gezahlt. Ich fühle mich wie ein Ausländer in meinem Heimatland. Nur die Farbe meiner Haut ist von Afrika geblieben, denn ich bin nie nach Somalia zurückgekehrt. Es ist, als hätte man ein Bein amputiert - man ist in allem, was man tut, eingeschränkt. Italiener zu sein ist etwas, auf das man stolz sein kann. Ich habe viele Jahre lang Karate trainiert und war wirklich gut, aber ich konnte nicht wie meine Sportkameraden an internationalen Wettkämpfen teilnehmen."
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Ein Gesetz aus einer vergangenen Zeit
Die Hilfsorganisation Save the Children klagt ebenfalls über das noch geltende Gesetz von 1992. Raffaella Milano erklärt: "In Italien ist das Gesetz veraltet. Es ist über 30 Jahre alt und wurde für ein Land konzipiert, das aus Menschen besteht, die ausgewandert sind. Es wurde vor allem geschaffen, um die Kinder der Italiener zu schützen, die im Ausland arbeiten wollten. In der Zwischenzeit hat sich das Land sowohl in den Schulen als auch in den Gemeinden so sehr verändert, dass das Gesetz aktualisiert werden muss“.
Neben der Meloni-Partei ist auch die fremdenfeindliche Lega gegen eine Gesetzesreform.
Rossano Sasso, Abgeordneter der Lega, glaubt nicht, dass sich das Parlament mit Tajanis Vorschlag befassen sollte. Er sagt: "Wie das politische Programm und der Aktionsplan der Regierung bestätigen, sagen zwei von drei Parteien der Koalition zur Forza Italia, dass sie nicht zustimmen. Wir können darüber reden, wir haben es seit dem Sommer diskutiert, aber ich bezweifle, dass es im Parlament diskutiert wird. Sicherlich wird dies unter den Oppositionsparteien geschehen, aber nicht unter den Parteien, die die Mehrheit im Parlament bilden. Im Jahr 2022 haben die Italiener nicht dafür gestimmt, dass wir über das Ius Scholae“ debattieren.
Ob eine Reform doch in absehbarer Zeit kommt, bleibt abzuwarten.