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EU will sich polnische Justizreform nicht bieten lassen

<span>"Piss Off" steht auf einem Zettel, der während einer Demonstration gegen eine Einschränkung der Pressefreiheit an einem Schild in Warschau hängt. Foto: Leszek Szymanski/Archiv</span>
"Piss Off" steht auf einem Zettel, der während einer Demonstration gegen eine Einschränkung der Pressefreiheit an einem Schild in Warschau hängt. Foto: Leszek Szymanski/Archiv

Kein Rechtsstaat ohne unabhängige Gerichte - das hat die EU mit Blick auf Polen jetzt noch einmal klargemacht. Falls die umstrittenen Gesetze in Warschau in Kraft treten, wird das Konsequenzen haben. Dort möchte aber jetzt auch Präsident Duda ein Wort mitreden.

Brüssel/Warschau (dpa) - Die EU-Kommission hat Polens Regierung zum sofortigen Stopp ihrer umstrittenen Justizreform aufgefordert. «Die jüngsten Maßnahmen der polnischen Verantwortlichen verstärken die Gefahr für den Rechtsstaat noch einmal ganz erheblich», sagte Vizepräsident Frans Timmermans.

Sollten die Gesetze in Kraft treten, werde die Kommission umgehend reagieren. Als Konsequenz schweben der Kommission nicht nur eine Fortsetzung des Rechtsstaatsverfahrens und neue Vertragsverletzungsverfahren vor, über die sie nächste Woche entscheiden würde.

Sie könnte auch erstmals ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einleiten. Dieser sieht bei «schwerwiegender und anhaltender Verletzung» der im Vertrag verankerten Werte als schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vor.

Schon seit Anfang 2016 läuft gegen Polen wegen einer umstrittenen Reform des Verfassungsgerichts ein Rechtsstaatsverfahren. In der vergangenen Woche haben nun beide Parlamentskammern ein Gesetz zur Reform des Landesrichterrats (KRS) verabschiedet, eines Verfassungsorgans zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz. Es sieht die Entlassung der Landesrichterräte sowie einen größeren Regierungseinfluss bei der Wahl ihrer Nachfolger vor. Ein weiteres Gesetzesprojekt zielt auf das Oberste Gericht ab. Nur von der Regierung handverlesene Richter würden dort im Amt bleiben.

«Alle Maßnahmen zusammen würden die verbleibende Unabhängigkeit des Rechtswesens beseitigen und die Rechtssprechung unter die volle Kontrolle der Regierung stellen. Die Richter werden nach Lust und Laune der politischen Führer dienen», warnte Timmermans.

Noch ist nicht sicher, dass die umstrittenen polnischen Vorhaben so in Kraft treten. Der Gesetzentwurf über die Neuordnung des Obersten Gerichts wurde am frühen Mittwochmorgen zur weiteren Behandlung an den zuständigen Ausschuss überwiesen. Das vorige Woche verabschiedete Gesetz zum Richterrat müsste Staatspräsident Andrzej Duda noch unterzeichnen. Doch dieser teilte am Dienstagabend mit, dass er einen eigenen Entwurf ins Parlament eingebracht habe.

«Unsere Hand zum Dialog mit den polnischen Regierenden ist nach wie vor ausgestreckt», sagte Timmermans. Er beklagte, dass einige polnische Minister lieber über ihn als mit ihm redeten. Was in Polen geschehe, gehe jeden einzelnen Bürger der Union an, sagte er. Befragt nach der Gefahr eines polnischen EU-Austritts, antwortete der Kommissar: «Es gibt nichts Wichtigeres in meinem Leben, in politischer Hinsicht, als die Überwindung der europäischen Teilung.»