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Studie: Hunderte Menschen starben weltweit infolge von Falschaussagen über Corona

Über Corona ist schon so manche Falschinformation verbreitet worden. Mit teils schwerwiegenden Folgen. Laut einer Studie starben weltweit bereits hunderte Menschen, weil sie falschen Gerüchten zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 geglaubt hatten.

Infodemia - word from wooden blocks with letters, deliberately misinform infodemia concept, random letters around black background
Phänomen im Schatten der Coronavirus-Pandemie: die Infodemie (Bild: Getty Images)

Das Coronavirus stammt aus einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan. Bill Gates will mit der Pandemie die Kontrolle über das Gesundheitssystem erlangen. Das Virus lässt sich wirksam mit einem Malaria-Mittel bekämpfen. Hilfreich ist auch die Einnahme eines Desinfektionsmittels – am besten in Form einer Injektion.

Solche und viele andere Falschaussagen, Mythen und Verschwörungstheorien rund um COVID-19 sind – so irrsinnig sie klingen mögen – alles andere als harmlos. Denn nicht wenige Menschen nehmen die Populisten und Verschwörungstheoretiker beim Wort. Wie gefährlich die "Infodemie", wie man das Phänomen mittlerweile nennt, für Einzelne aber auch für ganze Gesellschaften sein kann, geht aus den Zahlen einer aktuellen Studie hervor.

Falschinformationen mit schwerwiegenden Folgen

Laut der im American Journal of Tropical Medicine and Hygiene veröffentlichen Studie sind in den ersten Monaten nach Ausbruch der Infektionskrankheit hunderte Menschen weltweit infolge von Falschinformationen darüber gestorben. Tausende mussten in Krankenhäusern behandelt werden, weil sie falschen Gerüchten über vermeintlich sichere Behandlungs- und Vorbeugungsmethoden geglaubt hatten. Daneben gab es etliche Opfer von Diffamierungen und Stigmatisierungen, die zu Ausgrenzung und Ressentiments bis hin zu physischer Gewalt führten. "In mehreren Ländern", schreiben die Wissenschaftler, "wurden Menschen […] von ihren Vermietern und Nachbarn gemobbt, körperlich angegriffen und diskriminiert."

Women with safety mask from coronavirus. Covid-19 outbreak around the world
Hunderte Menschen starben in infolge von Falschinformationen über das Coronavirus. (Bild: Getty Images)

Für die Studie hat das internationale Forscherteam aus Sozialwissenschaftlern, Ärzten und Epidemiologen etliche Berichte von Online-Nachrichtenseiten aber auch Veröffentlichungen auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter durchforscht.

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Dabei beschränkten sie sich auf den Zeitraum zwischen dem 31. Dezember 2019, an dem Tag wurde die Weltgesundheitsorganisation WHO über den Ausbruch des Coronavirus in China informiert, und dem 5. April 2020. Ihr Befund: Die 2.311 Berichte aus 87 Ländern und in 25 Sprachen, die ihnen zugrunde lagen, enthielten 1.856 falsche, 176 irreführende, 31 nicht bewiesene und 204 richtige Behauptungen.

Gerüchte, Stigmatisierungen, Verschwörungstheorien

Die meisten Veröffentlichungen, nämlich 2.049, klassifizieren die Wissenschaftler als Gerüchte. Sie kreisten um Themen wie Infektion, Übertragung und Tod im Zusammenhang mit COVID-19 aber auch darum, wie einer Ansteckung vorgebeugt und eine Erkrankung bekämpft werden kann. Erwiesen sich die Gerüchte als falsch, konnten sie auch zu Gesundheitsschäden und Verletzungen führen, mitunter sogar mit Todesfolge. Laut der Studie starben im genannten Untersuchungszeitraum rund 800 Menschen, weil sie den Falschinformationen Glauben geschenkt hatten.

5.876 Menschen mussten im Krankenhaus behandelt werden, 60 haben für immer ihr Augenlicht verloren. In der Studie nennen die Forscher auch einige der Falschinformationen, etwa dass der Verzehr von Knoblauch COVID-19 heilen könne. Oder dass Mittel wie Alkohol oder der Urin von Kühen aber auch die Einnahme von Vitaminen das Virus töteten.

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Alles andere als harmlos sind auch Verschwörungstheorien und Stigmatisierungen, die in der Bevölkerung Ressentiments und Diskriminierungen schüren. Opfern seien der Studie zufolge vor allem Menschen asiatischen Ursprungs. Zu den Gründen zählen Schuldzuweisungen "hochkarätiger Menschen", die mit Begriffen um sich warfen wie "China-Virus" oder "Wuhan-Virus", so die Forscher offenbar mit Blick auf die Aussagen von US-Präsident Donald Trump. Aber auch Menschen, die mit Infizierten in engem Kontakt standen wie Krankenhaus-Mitarbeiter und solche, die aus Risikogebieten kamen und sich daher in eine Quarantäne begeben mussten, wurden ausgegrenzt, belästigt und sogar körperlich angegriffen.

Tyumen, Russia - January 21, 2020: TikTok and Facebook, YouTube application  on screen Apple iPhone XR
Auch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter stehen in der Verantwortung. Auf ihren Plattformen werden viele Falschinformationen verbreitet. (Bild: Getty Images)

Maßnahmen gegen Fake News

Verschwörungstheorien seien laut der Studie insofern gefährlich, als sie in den Bevölkerungen "Misstrauen" säten gegenüber Regierungen und Institutionen wie Gesundheitseinrichtungen. Die Forscher verweisen auf Thesen wie: Corona sei ein Biowaffen-Angriff, der von internationalen Agenturen verantwortet wird. Oder: Hinter der Pandemie strecke eine Allianz aus mehreren Ländern, die das Virus in China verbreitet hätte mit dem Ziel, das Land zu schwächen. Auch sei SARS-CoV-2 ein Mittel zum Zweck der Kontrolle der Weltbevölkerung. Oder das Virus sei verbreitet worden, um die Produktion und den Verkauf von Impfstoffen anzukurbeln.

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Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass Fehlinformationen, Stigmatisierungen und Verschwörungstheorien "schwerwiegende Folgen" nicht nur für Einzelne, sondern auch "Auswirkungen auf gesellschaftlicher Ebene" haben könnten. Dem entgegenzuwirken sei die Verantwortung von Regierungen und ihren Instanzen. Sie müssten das Muster hinter dem Infodemie-Phänomen erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel könnte sie den Falschinformationen mit "wissenschaftlichen Erkenntnissen" entgegenwirken, empfehlen die Forscher. Außerdem: Im Kampf gegen das Phänomen sollten auch die Betreiber sozialer Netzwerken stärker "einbezogen" werden. Diese sollten die Fake News nicht nur identifizieren, sondern auch aktiv bei der "Verbreitung von richtigen Informationen" mitwirken.

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