Nach Sturz des Diktators - Syrer strömen in Assads Palast: „Ich bin gekommen, um mich zu rächen“

Damaskus: Ein Mann auf einem Motorrad beobachtet, wie in Damaskus nach dem Sturz der Regierung des syrischen Präsidenten Assad Fahrzeuge in Brand gesetzt wurden.<span class="copyright">dpa</span>
Damaskus: Ein Mann auf einem Motorrad beobachtet, wie in Damaskus nach dem Sturz der Regierung des syrischen Präsidenten Assad Fahrzeuge in Brand gesetzt wurden.dpa

Der syrische Machthaber Assad ist gestürzt und nach Russland geflohen. Die Menschen in Syrien dringen kurz darauf in die Luxusresidenz des ehemaligen Machthabers ein.

Abu Omar geht von einem Raum zum anderen und macht Fotos, um den historischen Moment festzuhalten: Der 44-Jährige durchstreift am Sonntag die Luxusresidenz des  gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad in Damaskus. „Ich mache Fotos, weil ich so glücklich bin, hier mitten in seinem Haus zu sein“, sagt er. „Ich bin gekommen, um mich zu rächen, denn sie haben uns auf unglaubliche Weise unterdrückt.“

Schaulustige dringen in Assads Luxusresidenz ein: „Ich habe keine Angst mehr“

Dutzende Männer, Frauen und Kinder besichtigen an diesem Tag Assads Residenz im wohlhabenden Malki-Viertel, nachdem der Machthaber aus dem Land geflohen war, um Zuflucht in Moskau zu suchen. Sie laufen durch den großen Garten und durch die zahlreichen Zimmer des weitläufigen Gebäudekomplexes. Bis auf einige Möbel und ein auf dem Boden liegendes Assad-Porträt sind die Räume leer. Dokumente liegen verstreut auf den Treppen. Die Residenz war zuvor geplündert worden, nachdem islamistische Kämpfer Damaskus im Zuge ihrer überraschenden Offensive erobert und Assad gestürzt hatten.

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Ein im Internet verbreitetes Video zeigt, wie Schaulustige in die Schlafzimmer der Assad-Residenz eindringen und Kleidung, Teller und weitere Besitztümer des entmachteten Präsidenten mitnehmen, darunter eine Einkaufstasche der Luxusmarke Louis Vuitton.

Er sei überglücklich, sagt Abu Omar, als er die Residenz besichtigt. „Ich habe keine Angst mehr“, sagt er mit bewegter Stimme. „Meine einzige Sorge ist, dass wir vereint sind und dieses Land gemeinsam aufbauen“.

Der Assad-Clan hatte Syrien seit über 50 Jahren mit eiserner Hand regiert

Die 35-jährige Umm Nader ist zusammen mit ihrem Mann aus einem benachbarten Stadtteil gekommen, um Assads Wohnhaus in Augenschein zu nehmen. Sie sei hier, „um zu sehen, was wir nicht sehen durften, während wir in Armut und Entbehrungen lebten“. In der nun verwaisten Residenz seien die Heizung und der Strom nicht abgestellt worden, „während unsere Kinder von der Kälte krank werden“. Stundenlange Stromausfälle gehören nach Jahren des Bürgerkriegs zum Alltag der Menschen in Syrien. Ein Großteil der Bevölkerung lebt nach Angaben der Vereinten Nationen in Armut. „Er lebte im Luxus, während wir litten“, sagt ein weiterer Besucher der Residenz, der 25-jährige Omar.

Der Assad-Clan hatte Syrien seit über 50 Jahren mit eiserner Hand regiert. Baschar al-Assad hatte die Macht im Land im Jahr 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafis al-Assad übernommen. In mehr als einem Jahrzehnt Bürgerkrieg hielt er sich eisern an der Macht. Die Offensive islamistischer Kämpfer bereitete seiner Herrschaft aber nun binnen weniger Tage ein Ende . Plünderer und Schaulustige drangen am Sonntag auch in den Präsidentenpalast in Damaskus ein. Dort wurde die Empfangshalle in Brand gesetzt.