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Wahlkrimi zwischen Grünen und SPD bei Berlin-Wahl

Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus liefern sich SPD und Grüne ein extrem enges Rennen um Platz eins.

SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey (vorne) und ihre grüne Konkurrentin Bettina Jarasch. (Bild: dpa)
SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey (vorne) und ihre grüne Konkurrentin Bettina Jarasch. (Bild: dpa)

Berlin - In ersten Hochrechnungen für den RBB und das ZDF liegen beide Parteien am Sonntagabend praktisch gleichauf zwischen 22 und 23 Prozent.

Für die Grünen wären dies Zugewinne von mehr als sieben Prozentpunkten, während die SPD ihr Wahlergebnis von 2016 in etwa halten könnte. Die Stimmabgabe in der Hauptstadt war jedoch von Pannen und Verzögerungen überschattet. Und praktisch alle wichtigen politischen Fragen sind noch offen.

Erstmals eine Frau als Regierende Bürgermeisterin in Berlin

Klar scheint, dass in Berlin erstmals eine Frau die Regierung führen wird - nicht aber, wer das Amt der Regierenden Bürgermeisterin übernimmt: SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey oder ihre grüne Konkurrentin Bettina Jarasch. Amtsinhaber Michael Müller (SPD) gibt den Posten ab, um in den Bundestag zu wechseln.

Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch zeigte sich begeistert über die ersten Zahlen. Sie sei zugleich «glücklich, dankbar und demütig». Die Grünen hätten eine Aufholjagd ohnegleichen hingelegt - denn in Umfragen vor der Wahl hatte die Partei meist deutlich hinter der SPD gelegen. Jarasch bekräftigte ihren Anspruch auf das Amt der Regierungschefin.

Aber auch Giffey betonte, die SPD wolle stärkste Kraft werden, und noch sei nichts entschieden. Man habe die SPD im Bund und im Land aus dem Umfragetief geholt. Berlins Innensenator und SPD-Vize Andreas Geisel sagte: «Wer zuletzt lacht, lacht am besten.» Die SPD werde am Ende vorn liegen.

Beide Parteien regieren bisher miteinander und der Linken. Nicht völlig ausgeschlossen ist, dass es künftig für ein rot-grünes Zweierbündnis reicht. Eine Fortsetzung des regierenden rot-rot-grünen Bündnisses ist wohl in jedem Fall möglich, denn die Linken erreichen laut Hochrechnungen zwischen 13,6 und 14,1 Prozent der Stimmen. Spitzenkandidat Klaus Lederer sprach von einem soliden Ergebnis und zeigte sich weitgehend zufrieden.

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Denkbar sind aber auch andere Dreierbündnisse. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sagte, seine Partei sei angetreten, um Rot-Rot-Grün zu beenden, und die Zahlen könnten das vielleicht auch noch hergeben. Die CDU erreicht aber wohl wieder eines der schlechtesten Ergebnisse der Nachkriegszeit: laut Hochrechnungen zwischen 15,4 und 16,7 Prozent.

Die FDP kommt in den Hochrechnungen auf 7,6 Prozent bis 7,9 Prozent und schneidet damit geringfügig besser ab 2016. FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja bekräftigte die Bereitschaft, mit allen Parteien bis auf Linke und AfD zu sprechen. Die AfD stürzt laut Hochrechnung regelrecht ab auf 6,6 bis 6,8 Prozent - etwa die Hälfte des Werts vor fünf Jahren. Spitzenkandidatin Kristin Brinker sagte, man müsse das endgültige Ergebnis abwarten. Im Wahlkampf hätten viele Bürger Interesse an den AfD-Themen gezeigt.

In der Hauptstadt war der Sonntag ein Superwahltag. Die Berlinerinnen und Berliner konnten neben dem Abgeordnetenhaus auch den neuen Bundestag und zwölf neue Bezirksparlamente wählen. Außerdem stimmten sie bei einem Volksentscheid darüber ab, ob große Wohnungskonzerne enteignet werden sollen.

Wahlzettel fehlten: Einige Wahllokale blieben länger offen

Doch lief bei der Stimmabgabe bei weitem nicht alles rund. Teils fehlten Wahlzettel, der Berlin-Marathon sorgte ebenfalls für Verzögerungen, so dass einige Wahllokale länger offen blieben. Während schon die ersten Prognosen zu den Wahlergebnissen kursierten, stimmten Berlinerinnen und Berliner in einigen Wahllokalen noch bis kurz vor 20 Uhr ab. Teilweise ergaben sich Wartezeiten von mehr als zwei Stunden.

Der Wahlkampf war geprägt von den Themen Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona. Wahlberechtigt waren 2,45 Millionen Menschen.

2016 hatte die SPD die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit 21,6 Prozent der Zweitstimmen gewonnen - ihrem schlechtesten Ergebnis in Berlin seit 1946. Die CDU erreichte damals 17,6 Prozent. Die Linke kam vor fünf Jahren auf 15,6 Prozent, die Grünen auf 15,2 Prozent. Die AfD war mit 14,2 Prozent erstmals in das Abgeordnetenhaus eingezogen, die FDP schaffte 6,7 Prozent.

Das Berliner Landesparlament besteht aus mindestens 130 Abgeordneten, aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 160.

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