Sushi aus Bulgarien: Was Japans Unternehmen an Osteuropa interessiert

Japans Regierungschef Shinzo Abe hat das Jahr 2018 mit einer Tournee durch Osteuropa eingeläutet, mit vielen Wirtschaftsbossen im Schlepp, um die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen-. Warum interessieren Japans Unternehmer sich so für Osteuropa? Knowhow aus Estland: Digitalisierung für Japans Privatsektor Schauen wir uns schon bestehende Geschäftspartnerschaften an. Diese gibt es in verschiedenen Branchen, und jedes osteuropäische Land bietet den japanischen Investoren andere Besonderheiten und das Potenzial, nicht nur Güter, sondern auch Knowhow nach Japan zu exportieren. Estland zum Beispiel gilt als fortschrittlichste digitale Gesellschaft der Welt. 99 Prozent der Behördendienste werden hier online angeboten. Rückgrat ist die Datenmanagement-Plattform X-Road. Sie bearbeitet etwa 500 Millionen Anfragen jährlich. Damit würden pro Jahr etwa 800 Jahre Arbeitszeit eingespart, rühmt sich Estland. Andere Länder wie Finnland oder Namibia folgen dem Beispiel. e-Estonia and its dangers / Digitaler Staat: Das Risiko für Estland ist existenziell https://t.co/CLbuK881Yg faznet— Jüri Reinvere (JuriReinvere) 9 septembre 2017 Das japanische Start-up Planetway entwickelt jetzt in Zusammenarbeit mit estnischen Spezialisten eine eigene Plattform fürs Datenmanagement, die in Japans privatem Sektor genutzt werden soll. Gründer und Chef Noriaki Hirao: “Unsere Firma ist eine Mischung aus Estland und Japan und auch aus Geschäft, Forschung und Entwicklung. Estland entwickelte dieses System, und die Japaner passen es an ihre Bedürfnisse an und nutzen es auch schon. Jedes asiatische Land sagt, wow, das will ich auch nutzen. Estland ist das perfekte Beispiel dafür, wie eine Gesellschaft sich zur komplett digitalen Gesellschaft gewandelt hat – wahrscheinlich zur besten in der Welt. Allmählich wird der Welt klar, dass alles miteinander verknüpft und digitalisiert werden sollte. Deshalb denken wir, Estland ist der beste Partner für uns!” Im Aufsichtsrat der Firma sitzt auch der Este Raul Allikivi. Zu Sicherheits-Bedenken gegenüber dem e-government meint er: “Wenn man an die Zukunft denkt – wie Sensoren und das Internet der Dinge: Die werden viel mehr über uns wissen, als je eine Regierung über uns wissen wird. Wir hier denken aber, dass diese Daten nur in der Datenbank aufbewahrt werden sollten, in die sie eingegeben werden.” Eine einzige Datenquelle und vielfach gesicherte Verbindungen sollen Sicherheit garantieren und Kosten sparen. “Qualität der Arbeitskraft in Osteuropa” interessiert Japaner Über die Wirtschaftsbeziehungen und das Investitionsklima zwischen Japan und Osteuropa generell sagt der japanische Außenamtssprecher Norio Maruyama: “Es ist der erste Besuch eines japanischen Ministerpräsidenten in diesem Teil der Welt. Wir haben gerade ein Abkommen über eine Wirtschaftspartnerschaft zwischen der EU und Japan geschlossen. Das ist ein wirklich historisches Partnerschaftsabkommen, es betrifft gut 640 Millionen Menschen und umfasst ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Die japanischen Unternehmen sind sehr daran interessiert, nach Europa und insbesondere in diesen Teil Europas zu kommen, um den Austausch und die Investionen zu fördern. Die japanischen Unternehmen halten die hohe Qualität der Arbeitskraft in dieser Region für sehr wichtig, das ist ebenfalls ein Pluspunkt.” Gefrier-Sushi aus Bulgarien Szenenwechsel: Bulgarien. Der bilaterale Handel mit Japan wuchs 2017 auf 125 Millionen Euro, ein Rekordhoch seit 2008. Die japanischen Investitionen steigen, und Bulgarien wird zunehmend als Produktionsstandort für japanische Unternehmen interessant. In Bulgariens zweitgrößter Stadt Plowdiw erfahren wir mehr darüber. Eine der Firmen siedelt sich in Bulgariens zweitgrößter Stadt Plowdiw an: Zenno, die Dachorganisation der japanischen Agrar-Genossenschaftsverbände, will gefrorenes Sushi auf Europas Märkte bringen. Zenno-Präsident Shoichi Momose: “Der Fisch kommt aus Norwegen und Schottland. Mit japanischem Reis und Fisch aus Europa werden wir unser Gefrier-Sushi in Bulgarien herstellen. Wir bringen rohen Reis aus Japan, schälen ihn hier, dadurch wird er weißer. Auf diese Weise bewahren wir seinen Geschmack und schützen ihn vorm Austrocknen. Dann wird er gekocht, und danach wird die Arbeit zur Hälfte von Maschinen und zur Hälfte von Hand gemacht. Das fertige Sushi wird eingefroren. In Japan essen wir ebenfalls gefrorenes Sushi. Wenn die Fabrik in Bulgarien gut läuft, können wir expandieren und mehr Leute einstellen.” Ministerpräsident Abes Besuch in Osteuropa kann der gesamten EU zu Gute kommen – und regionale Ungleichheiten ausbalancieren.