Werbung

Syrien wird zum Schandmal der Weltgemeinschaft

Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe? Für die Syrer nur ein erneuter Witz. Nach den Bomben auf den UN-Hilfskonvoi muss der Westen eine Antwort finden – und nicht weiter schweigen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Heute feiern die Vereinten Nationen (UN) den internationalen Tag des Friedens. Das Datum hätte, je nach Perspektive, nicht passender oder lächerlicher liegen können.

Wochenlang hat die UN über einen Hilfskonvoi für die vielen Zivilisten in Syrien verhandelt, die in Städten belagert sind. Endlich setzte er sich in Bewegung – und wurde zerschossen, viele Menschen starben. Es ist ein makabrer Höhepunkt von vielen in diesem seit fünf Jahren andauernden Krieg.

Fakt ist, dass in diesem Gebiet russische und syrische Luftwaffe operiert, beiden waren die Koordinaten des Konvois bekannt. Für Moskau bedeutet dies: Entweder wollte die russische Regierung die Trümmer – oder sie hat ihren Alliierten, Syriens Diktator Baschar al-Asad, nicht unter Kontrolle. Beides ist angesichts des militärischen Engagements Russlands in Syrien eine Katastrophe.

Voraus ging freilich ein Angriff der US-Luftwaffe auf Stellungen syrischer Soldaten, auch hier starben viele Menschen. Ein Fehler, heiß es aus dem Pentagon, man habe die Soldaten für IS-Kämpfer gehalten. Auch dies eine Katastrophe.

Die Syrer glauben an nichts und an niemanden mehr. Das eine unüberhörbare Signal lautet, dass Asad den Krieg weiter führen will, er sucht die Entscheidung im Kampf um ganz Syrien; mittlerweile geht es ihm womöglich nicht mehr um den Machterhalt in einem Rumpfstaat, sondern um alles. Seine Politik: Gebiete, in denen Rebellen kontrollieren, werden erbarmungslos bestraft und angegriffen. Leiden soll die Bevölkerung brechen. Hungern. Da stört ein Hilfskonvoi nur.

Lesen Sie auch: Wer ist Schuld am Angriff auf den Hilfskonvoi?

Weiter so ist keine Option

Für den Westen bedeutet diese neue Phase, dass er sein Schweigen beenden muss. Es machte Sinn für US-Präsident Barack Obama und seinen Außenminister John Kerry, ein Abkommen mit Russland anzustreben – an einer gemeinsamen Einrichtung zur Bekämpfung des IS zu arbeiten. Und es macht auch weiterhin Sinn. Wehe, Falken im Pentagon haben diese Entscheidung mit der Attacke auf die syrischen Soldaten zu hintertreiben versucht – dann müsste Obama, „lame duck“ hin oder her, hart durchgreifen.

Auf jeden Fall muss genau rekonstruiert werden, wer für den Angriff auf den Hilfskonvoi verantwortlich ist. Moskau steht nun in einer Bringschuld. Das bisherige Gefasel, da habe es einen Granatwerfer gegeben oder die USA würden den Konvoi für einen „Informationskrieg“ ausnutzen, wird verhallen. Der Krieg ist längst da, er wütet, als hätte es nichts anderes gegeben.

Entweder Russland und die USA raufen sich zusammen. Oder der Kreml setzt weiter auf seine Politik des Faktenschaffens. Dann müsste die Antwort des Westens laut ausfallen. Dann sollte eine internationale Allianz geschaffen werden, die sich notfalls den russischen Soldaten in Syrien auch militärisch gegenüberstellt. Nichtangriffskorridore müssten mit Gewalt erzwungen werden. Jetzt gemeinsam oder gegen den Kreml. Sonst wird die Weltgemeinschaft das Schandmal dieses Kriegs um Syrien nicht mehr los.

Bilder: AP Photo/ Manu Brabo, EPA/YOUSSEF BADAWI

Sehen Sie auch: “Informationskrieg” um Hilfskonvoi-Bombardierung?