Tödlicher Angriff in Bad Oeynhausen - „Zeugen stark alkoholisiert" - nun spricht Anwalt des mutmaßlichen Totschlägers

Vertritt als Anwalt den mutmaßlichen Täter im angenommenen Totschlag von Bad Oyenhausen: Burhard Benecken.<span class="copyright">privat</span>
Vertritt als Anwalt den mutmaßlichen Täter im angenommenen Totschlag von Bad Oyenhausen: Burhard Benecken.privat

Bundesweit großes Entsetzen hat der Fall des 20 Jahre alten Philippos gesorgt, der in Bad Oeynhausen nach einer Abiturfeier zu Tode geprügelt wurde. Der Tat verdächtigt wird ein 18 Jahre alter Syrer. Im Interview mit FOCUS online spricht nun erstmals dessen Anwalt Burkhard Benecken über Details.

Fünf Wochen ist es her, dass der 20-jährige Philippos T. nachts nach einer Abiturfeier seiner Schwester im Kurpark von Bad Oeynhausen zu Tode geprügelt wurde. Der Täter, ein 18-jähriger Syrer, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft unter Totschlagsverdacht. Bisher ist unklar, was der Auslöser der Gewaltattacke war.

Der Fall hat bundesweit großes Entsetzen ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat angekündigt, bald Anklage zu erheben. Zum ersten Mal äußert sich Burkhard Benecken, der neben seinem Vater Siegmund den Tatverdächtigen vertritt, zu dem Fall im Interview mit FOCUS online.

FOCUS online: Herr Benecken, ihr Mandant soll einen 20-jährigen jungen Mann im Kurpark von Bad Oeynhausen vor gut einem Monat aus nichtigem Anlass zu Tode geprügelt haben, der Fall löste bundesweit großes Entsetzen aus, wie stehen Sie zu dem Vorwurf ?

Burkhard Benecken: Aus den Ermittlungsakten ergibt sich ein diffuses Bild. Etliche Zeugen berichten nur von einem Schlag, den mein Mandant gegen den 20-jährigen Phillipos geführt haben soll. Nur ein weiterer Beobachter will mehr gesehen haben.

 

Und zwar was genau ?

Benecken: Der Aussage zufolge soll es eine weitere Attacke gegeben haben, und zwar auch mit Tritten gegen den Kopf. Das Problem sehe ich vor allen Dingen darin, dass die Zeugen alle hochgradig alkoholisiert waren. Solche Zeugenaussagen sind naturgemäß mit größerer Vorsicht zu genießen. Es war dunkel, die Zeugen waren nicht mehr nüchtern, es lag eine Tumultlage vor, das macht es dann viel schwieriger, sich ein authentisches Bild über die Geschehnisse zu machen.

Die Staatsanwaltschaft geht von Totschlag durch ihren Mandanten aus, die Obduktion hat ergeben, dass Philippos T. an den Folgen der Gewaltattacke ihres Mandanten starb. Das spricht nicht gerade für eine unklare Fallkonstellation, oder?

Benecken: Für die Staatsanwaltschaft ist es nicht einfach, hier eine Entscheidung zu finden, weil aus unserer Sicht keine klare Beweislage vorliegt.

 

Stellt sich die Frage, warum ihr Mandant dann so ausgerastet ist?

Benecken: Also wir wollen uns jetzt noch nicht zur Sache einlassen, da bleibt noch die weitere Akteneinsicht abzuwarten. So wurde uns zugetragen, dass es ein Video von den Vorgängen im Park geben soll, ist aber noch unklar, ob das stimmt, bevor eine Erklärung zum Tatvorwurf erfolgt.

Was hat den tödlichen Gewaltakt ausgelöst ?

Benecken: Laut Zeugenaussagen ließ wie so oft bei Schlägereien unter Jugendlichen ein blöder Wortwechsel die Situation eskalieren. Philippos T. und seine Freunde saßen auf einer Parkbank, dann kam mein Mandant mit seiner Gruppe vorbei. Und dann kam es zu einem verbalen Schlagabtausch. Offenbar wollte man sich so ein wenig dick tun. Mehrere Zeugen berichten, dass mein Mandant Philippos einmal geschlagen hat, der 19-jährige Freund des Opfers soll sich mit einem anderen Kontrahenten geschlagen haben. Allerdings ist die Gemengelage bisher noch etwas unklar.

 

Der Totschlagsfall hat für bundesweites Aufsehen gesorgt, erneut folgte eine politische Debatte zum Umgang straffälliger Migranten aus dem Maghreb, der Türkei, Afghanistan und Syrien, selbst der NRW-Landtag hat eine Aktuelle Stunde in der Sache abgehalten. Wie haben Sie die politischen Reaktionen aufgenommen ?

Benecken: Grundlegend begrüße ich eine Debatte über die Frage, wie man mit Ausländerkriminalität umgeht. Insbesondere im Bereich junger Menschen müssen wir uns künftig besser aufstellen.

Was mich allerdings sehr nachdenklich stimmt, ist die Art und Weise, wie manche Politiker gerade aus der Rechtsaußen Ecke den tragischen Todesfall aus Bad Oeynhausen für ihre Zwecke auszuschlachten versuchen. Wie die Aasgeier stürzt sie sich auf die Herkunft meines Mandanten. So nach der Marke: Syrischer Beschuldigter, bereits polizeilich bekannt – und daraus leiten die Damen und Herren aus der Politik bereits die Forderung nach einem härteren Durchgreifen gegen kriminelle Ausländer ab. Vor allem werden teilweise falsche Fakten genannt - dass mein Mandant ein völlig sauberes Führungszeugnis hat, wird in der Debatte gern unterschlagen.

 

Aber er an seinem früheren Wohnort Pforzheim und in Bad Oeynhausen wurde bereits häufiger gegen den 18-Jährigen wegen diverser Delikte ermittelt.

Benecken: Stimmt, aber außer einer Geldauflage von 400 Euro in Pforzheim und einer gerichtlichen Verwarnung in Bad Oeynhausen ist nichts aktenkundig. Von einem Intensivstraftäter kann keine Rede sein.

Der Fall hat bundesweite hohe Wellen geschlagen, fürchten Sie persönlich nun größere Anfeindungen oder Morddrohungen durch rechtsextreme Gruppen ?

Benecken: Wir stehen ja häufig auch im Fokus politisch relevanter Verfahren. Mit geht es darum, meiner Pflicht als Strafverteidiger nachzukommen, wir sprechen da nicht für eine politische Seite.

Unser Job ist es, den Mandanten zu verteidigen. Mein Appell zielt einzig darauf ab, dass nun jeder das rechtsstaatliche Verfahren akzeptiert und erst nach einem Urteil des Gerichts in diesem Verfahren das Verhalten meines Mandanten bewertet.