Tückische Gedächtnislücken - Alzheimer oder nur alt? Forscher entwickeln neuen Bluttest
Dass im Alter Gedächtnisprobleme auftreten, ist nichts Ungewöhnliches. Steckt jedoch eine Demenz dahinter, muss diese behandelt werden. Um sie zu diagnostizieren, entwickelten Forscher jetzt einen neuen Test. Den sollen künftig Hausärzte durchführen können.
Im Video: Angst vor Alzheimer? So lässt sich Ihr Risiko heute schon vorhersagen
Viele Menschen haben Angst, im Alter an Demenz zu erkranken. Das trifft auf rund 45 Prozent der Deutschen zu, zeigte im Dezember eine Umfrage der DAK-Krankenkasse. Wenn im Alter Gedächtnislücken auftreten, muss das nicht unbedingt eine Demenz bedeuten. Ist es jedoch eine, sollte diese schnellstmöglich behandelt werden. Je früher die Krankheit erkannt und therapiert wird, desto höher sind die Chancen, diese aufzuhalten.
Aus diesem Grund arbeiten Forscher an Methoden, die Krankheit frühzeitig und möglichst genau festzustellen. Einem Forscherteam aus Schweden ist dabei nun ein entscheidender Schritt gelungen. Es entwickelte einen innovativen Bluttest. Dieser misst das Tau-Protein 217, das als Indikator für eine Alzheimer-Erkrankung gilt – der häufigsten Form der Demenz.
Neuer Test erkennt Demenz bei Gedächtnisverlust
Das Team konnte bereits Anfang des Jahres zeigen, dass der Bluttest bei der Diagnose der Krankheit mindestens so zuverlässig ist wie eine Untersuchung der Flüssigkeit im Gehirn und Rückenmarks. Nun konnten die Forscher im Rahmen der aktuellen Studie belegen, dass der Test sich auch in der tatsächlichen, routinemäßigen Anwendung im Gesundheitswesen bewährte.
„Der Bluttest kann mit einer Genauigkeit von 90 Prozent feststellen, ob eine Person mit Gedächtnisverlust an Alzheimer leidet“, erklärt Sebastian Palmqvist, außerordentlicher Professor für Neurologie an der Universität Lund und Facharzt am Universitätskrankenhaus Skåne, der die Studie leitete.
Insgesamt nahmen 1213 Personen daran teil. Sie wiesen alle leichte Gedächtnisstörungen auf, ein mögliches Frühwarnzeichen für Alzheimer. 515 von ihnen wurden in gewöhnlichen Praxen, 698 in spezialisierten Kliniken untersucht. Bei ihnen wurde zunächst der Bluttest durchgeführt und dessen Ergebnis dann anschließend mit Proben der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit bestätigt.
Der Test hat Potenzial, die Behandlung von Demenz künftig zu verändern. „Eine frühe Diagnose ist von entscheidender Bedeutung, da neue Behandlungen entwickelt werden, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen“, erklärt auch Mit-Studienleiter Oskar Hansson. „Beispielsweise wurden kürzlich in den USA zwei Immuntherapien zugelassen, die voraussichtlich bald in Europa verfügbar sein werden. Eine frühe und genaue Diagnose ist auch für die Erforschung neuer Behandlungen von entscheidender Bedeutung.“
Einsatz bei Hausärzten geplant
Dass der Test recht einfach und zuverlässig funktioniere, sei sein Vorteil. Damit stelle er eine unkomplizierte Methode dar, um die Krankheit schon beim Hausarzt auszuschließen. Das sei „von entscheidender Bedeutung“. Denn: Gedächtnisverlust kann auch auf andere behandelbare Erkrankungen hindeuten, etwa Depressionen oder chronische Müdigkeit.
Die Wissenschaftler wollen nun klare Richtlinien für den Einsatz des Tests festlegen. In den USA sei er bereits verfügbar, bald sollen weitere Länder folgen. Das Team rechnet mit einem Einsatz in Hausarztpraxen in etwa ein bis zwei Jahren.
10 Warnsignale für Alzheimer sollten Sie abklären
Nicht immer bedeuten Gedächtnisprobleme, dass jemand an Alzheimer erkrankt ist. Doch die Unterschiede sind oft gar nicht so leicht auszumachen. Experten der Alzheimer Forschung Initiative nennen deshalb zehn Warnsignale, auf die Sie achten sollten.
1. Gedächtnislücken
Alzheimer-Warnsignale: Sie vergessen, den Herd auszuschalten. Oder verpassen wichtige Termine. Solche Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses, die den Alltag beeinflussen, sind ein Hinweis auf Alzheimer. Auch, wenn der Alltag etwa nur noch mit Notizzetteln organisiert werden kann.
Normale altersbedingte Veränderung: Namen oder Termine werden vorübergehend vergessen, später jedoch wieder erinnert.
2. Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen
Alzheimer-Warnsignale: Sie haben Mühe, sich länger zu konzentrieren oder vorausschauend zu planen. Oder aber Sie benötigen für vieles viel mehr Zeit als früher, etwa beim Kochen oder Backen nach bekannten Rezepten.
Normale altersbedingte Veränderung: Zerstreutheit, wenn viele Dinge gleichzeitig zu erledigen sind.
3. Probleme mit gewohnten Tätigkeiten
Alzheimer-Warnsignale: Normale Alltagshandlungen werden plötzlich zu großen Herausforderungen. Routineaufgaben werden für Sie schwieriger oder Sie vergessen die Regeln eines Ihnen eigentlich bekannten Spiels.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie benötigen gelegentlich Hilfe bei der Bewältigung anspruchsvoller Alltagsaufgaben, etwa bei der Programmierung des Fernsehers.
4. Räumliche und zeitliche Orientierungsprobleme
Alzheimer-Warnsignale: Sie können Orte oder Zeitabstände nicht mehr richtig einordnen. Sie vergessen das Jahr oder die Jahreszeit, können die Uhr nicht mehr lesen oder wissen nicht mehr, wie Sie nach Hause kommen.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie verwechseln ab und zu den Wochentag und erinnern sich später daran.
5. Wahrnehmungsstörungen
Alzheimer-Warnsignale: Sie haben große Schwierigkeiten, Bilder zu erkennen oder räumliche Dimensionen zu erfassen. Auch bei der Wiedererkennung vertrauter Gesichter.
Normale altersbedingte Veränderung: Ihr Sehvermögen ist verändert oder verringert sich.
6. Sprachschwächen
Alzheimer-Warnsignale: Es fällt Ihnen schwer, einer Unterhaltung zu folgen oder aktiv daran teilzunehmen. Sie verlieren den Faden oder haben Wortfindungsprobleme.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie finden ab und zu nicht das richtige Wort.
7. Verlegen von Gegenständen
Alzheimer-Warnsignale: Sie lassen oft Dinge liegen oder legen diese an ungewöhnliche Orte. Sie vergessen zudem nicht nur, wo die Sachen sind, sondern auch, wofür sie genutzt werden. Etwa werden Schuhe in den Kühlschrank oder Autoschlüssel in den Briefkasten gelegt.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie verlegen hin und wieder Dinge und finden diese dann wieder.
8. Eingeschränktes Urteilsvermögen
Alzheimer-Warnsignale: Ihre Urteils- und Entscheidungsfähigkeit verändert sich, etwa bei der Wahl Ihrer Kleider. Oder aber im Umgang mit Geld oder bei der Körperpflege.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie treffen mal unüberlegte oder falsche Entscheidungen.
9. Verlust von Eigeninitiative und Rückzug aus dem sozialen Leben
Alzheimer-Warnsignale: Sie verlieren zunehmend Eigeninitiative und gehen ihren Hobbies, sozialen oder sportlichen Aktivitäten immer weniger nach. Oder aber Sie bemerken Veränderungen an sich, die Sie verunsichern, und ziehen sich zurück.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie fühlen sich manchmal durch Anforderungen bei der Arbeit, in der Familie oder durch soziale Verpflichtungen beansprucht.
10. Persönlichkeitsveränderungen
Alzheimer-Warnsignale: Sie haben starke Stimmungsschwankungen ohne erkennbaren Grund. Oder es treten ausgeprägte Persönlichkeitsveränderungen auf. Etwa spüren Betroffene Unbehagen in fremden Räumen, plötzliches Misstrauen, aggressives Verhalten oder Gefühle von Ohnmacht, Traurigkeit und Rastlosigkeit.
Normale altersbedingte Veränderung: Sie sind irritiert, wenn geregelte Alltagsabläufe geändert oder unterbrochen werden.
Alzheimer-Warnsignale abklären lassen
„Wenn eines dieser Anzeichen wiederholt auftritt, sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden“, raten die Experten. „Es ist wichtig, frühzeitig und professionell abzuklären, was die Ursache der Vergesslichkeit ist, um mögliche Ursachen zu behandeln.“ Bei einer Alzheimer-Erkrankung sollte demnach möglichst früh mit einer Therapie begonnen werden. Denn Medikamente, die den Verlauf verzögern können, wirken am besten zu Beginn der Krankheit.