Talk bei Maischberger: SPD-Politiker für Enteignungen

Zu Gast bei Sandra Maischberger sind Ulrike Herrmann (taz), Werner Mang (Arzt), Michael Prütz (Aktivist), Marie-Christine Ostermann (Unternehmerin), Kevin Kühnert (SPD) und Rainer Hank (FAZ). Foto: ARD Screenshot
Zu Gast bei Sandra Maischberger sind Ulrike Herrmann (taz), Werner Mang (Arzt), Michael Prütz (Aktivist), Marie-Christine Ostermann (Unternehmerin), Kevin Kühnert (SPD) und Rainer Hank (FAZ). Foto: ARD Screenshot

Die Wörter „Enteignung und Steuererhöhung“ erhitzen schnell die Gemüter, denn sie thematisieren die wirtschaftliche Ungleichheit in der Bevölkerung. Trotzdem schafft es Sandra Maischberger in ihrer Talkshow eine ruhige, zivilisierte, strukturierte Debatte zu führen. Sie fragte: „Kann der Staat Vermögen besser verteilen? Und sind Enteignungen der richtige Weg?“ Einig waren sich die Gäste nur in einem Punkt.

Es diskutieren:

Kevin Kühnert: SPD-Politiker (Juso-Vorsitzender)
Werner Mang: Schönheitschirurg
Marie-Christine Ostermann: Unternehmerin
Michael Prütz: Mietaktivist
Rainer Hank: ehemaliger Wirtschaftspublizist der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
Ulrike Herrmann: Wirtschaftsjournalistin der Taz

Der Frust der Bürger

Gegen Immobiliengroßkonzerne richtet sich seit Anfang März eine Initiative für ein neues Volksbegehren: Besitzer von mehr als 3.000 Wohnungen sollen in Berlin enteignet werden. Die Bürger sind wütend, dass Konzerne bis elf Prozent Rendite machen, dass durch Modernisierungen die Mieten immer teuer werden und so bald unbezahlbar sind. Jetzt berufen sie sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, demzufolge „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel“ gegen Entschädigung „in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden“ können.

Die Initiative findet viel Zuspruch, denn etwa die Hälfte der Deutschen hält Reiche für gierig, egoistisch und rücksichtslos. Politische Debatten brauchen Gesichter, an denen sie sich manifestieren, sagt SPD-Politiker Kevin Kühnert. Dabei geht es nicht um die Spieler, sondern um die Spielregeln – und die macht die Politik. Sie hat zugelassen, dass die Immobilienkonzerne entstehen, indem sie staatliche Wohnungen verkaufte. Jetzt möchte die SPD diesen Fehler durch den Kauf von Wohnungen wieder begradigen. Auch die Debatte über eine Einfrierung der Mieten und eine mögliche Enteignung ist der Versuch, bei den Wählern wieder etwas gut zu machen. Nur was für Auswirkungen hätte die Enteignung von Großkonzernen?

Ist der Frust der Bürger überhaupt berechtigt?

Der ehemalige Wirtschaftschef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ Rainer Hank glaubt, dass dadurch der Sozialismus wieder in Deutschland Einzug hält. Er sagt: „Nur weil Menschen mit den Mietpreisen unzufrieden sind, können wir nicht die Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft umstoßen.“ Doch hat nicht jeder das Recht auf ein Dach über den Kopf und einen Anspruch darauf günstig zu wohnen? „Die sollten mal nach London gehen, dann wüssten sie, wie teures Wohnen aussieht“, meint Hank. Momentan liegt der Quadratmeterpreis in Berlin durchschnittlich bei 6,5 Euro, erklärt er. Doch Prognosen besagen, dass er bald auf zehn Euro steigen wird, so Mietaktivist Michael Prütz.

Kevin Kühnert und Rainer Hank diskutieren darüber, ob Enteignungen sinnvoll sind. Foto: ARD Screenshot
Kevin Kühnert und Rainer Hank diskutieren darüber, ob Enteignungen sinnvoll sind. Foto: ARD Screenshot

Die Menschen drängen in die Städte, Wohnungen werden knapper, Preise steigen. Sind Enteignungen da das richtige Mittel, um entgegenzuwirken? Wären Wohnungen verstaatlicht, könnten sie billiger vermietet werden. Eine Notwendigkeit, wie es scheint, denn die Wirtschaftsjournalistin der Taz Ulrike Herrmann meint: „Die Leute müssen dort wohnen, wo sie arbeiten. Sie werden erpressbar.“ Hank hält dagegen. „Dadurch, dass wir in einer Dienstleistungsgesellschaft leben, kann man sogar auf der Vulkaneifel CoSpaces gründen. Dort betragen die Mieten 2 Euro pro Quadratmeter.“ Ob das auch für die Krankenschwester gilt, die so gerne als Beispiel herangezogen wird? Einig sind sich die Disputanten immerhin in einem Punkt: Ohne den Neubau von Wohnungen geht es nicht. Doch um neue Wohnungen zu bauen, braucht der Staat Geld. Die SPD ist deshalb für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes.

SPD: Vermieter sollten die Grundsteuer alleine zahlen

Helfen steigende Steuern gegen steigende Mietpreise?

Nur über welche Erhöhung sprechen wir? Kühnert zählt lieber erst einmal auf, wofür die SPD das Geld ausgeben will. Bezahlbares Wohnen, die Aufstockung von Renten, eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, das Mobilfunknetz. Während der SPD-Politiker immer mehr Punkte nennt, wähnt man sich in die Regierung Helmut Kohls zurück. Als Kühnert dann sagt, dass der Spitzensteuersatz bei einem Gehalt von 95.000 Euro Brutto im Jahr ansetzt und um drei Prozent angehoben werden soll, scheint es fast wenig.

Trotzdem ist Schönheitschirurg Werner Mang gegen eine Erhöhung der Steuern, ebenso wie Unternehmerin Marie-Christine Ostermann. Sie sagt, dass der Gewinn ihres Familienunternehmens im Betrieb stecke. Müsse sie mehr Steuern zahlen, fehle es an einer anderen Stelle. Bei den Mitarbeitern und der Modernisierung. Sie kommt prompt mit dem Totschlagargument, die Erhöhung der Steuern würde zulasten der Arbeitsplätze gehen. Ein Argument, das sie bereits bei der Erhöhung des Mindestlohns brachte. „Und es gingen genau null Arbeitsplätze verloren“, sagt der Mietaktivist Michael Prütz. Doch noch können die Unternehmer und Großkonzerne beruhigt sein, denn die SPD muss ihre Vorschläge erst einmal bei der CDU durchsetzen.

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