Er suchte die Tatorte gezielt aus - „Unter Verfolgungswahn“: Syrer verletzt 31 Menschen - jetzt spricht sein Anwalt

In Essen sind bei mehreren Feuern mehrere Menschen verletzt worden. Die Einsatzkräfte waren an unterschiedlichen Stellen parallel im Einsatz.<span class="copyright">dpa</span>
In Essen sind bei mehreren Feuern mehrere Menschen verletzt worden. Die Einsatzkräfte waren an unterschiedlichen Stellen parallel im Einsatz.dpa

31 Menschen werden am Samstag durch zwei Brandstiftungen in Essen verletzt. Tatverdächtig ist ein Mann, der möglicherweise nicht über die Trennung von seiner Frau hinweggekommen ist. Nun spricht sein Anwalt.

Die Polizei in Essen setzt ihre Ermittlungen zu den Brandstiftungen vom Samstag fort. Dabei waren nach Feuerwehr-Angaben 31 Menschen verletzt worden, darunter zwei Kleinkinder lebensgefährlich. Ihr gesundheitlicher Zustand sei unverändert ernst, sagte dazu eine Polizeisprecherin. Die Kinder hatten Brandrauch eingeatmet, der ihre Lungen geschädigt hatte.

Ein 41 Jahre alter Mann, ein gebürtiger Syrer, soll die Brände in zwei Mehrfamilienhäusern im Norden der Ruhrgebietsstadt gelegt haben. Er sitzt seit Sonntag wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Polizei wollte er durch die Brände Menschen umbringen, die in dem Haus leben und seine Ex-Frau unterstützen. Die Trennung von ihr habe der Mann möglicherweise nicht verkraftet, hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mitgeteilt.

„Ehefrau floh mit Kindern ins Frauenhaus“, sagt sein Anwalt

Nun äußert sich der Anwalt des Mannes zu dem Fall. „Mein Mandant befindet sich in einem psychischen Ausnahmezustand“, sagt Volker Schröder der „Westfälischen Allgemeinen Zeitung“ und bestätigt, dass die Trennung von seiner Frau der Anlass für die Tat gewesen sein soll. Allerdings liege diese schon eine gewisse Zeit zurück. „Sie soll sich schon vor drei Jahren von ihm getrennt haben“, so Schröder.

Schon damals soll der 41-Jährige wütend geworden sein, als seine Frau ihn verließ. „Die Ehefrau floh mit den Kindern ins Frauenhaus“, so der Anwalt. Auch danach fiel der mutmaßliche Brandstifter immer wieder mit Bedrohungen auf, die sich vor allem gegen Unterstützer und Freunde seiner Ex-Frau gerichtet haben sollen. So war der Mann Nachbarn zufolge immer wieder mit einem Messer auf offener Straße unterwegs und wurde deshalb sogar wegen Bedrohung angeklagt.

„Ich habe den Eindruck, er leidet unter einem Verfolgungswahn“

Reue für seine jetzigen Taten kann Anwalt Schröder bislang nicht erkennen. Er soll lediglich gesagt haben, dass es ihm nicht um seine Ex-Frau, sondern um die drei gemeinsamen Kinder ging. „Ich habe den Eindruck, er leidet unter einem Verfolgungswahn. Er sieht da offenbar eine Verschwörung zwischen Jugendamt, Familiengericht und seiner Familie“, so Schröder zur „WAZ“. Das betone die Auswahl der Tatorte - allesamt Adressen, die mit Menschen in Zusammenhang stehen, „die seiner Frau helfen wollten“.

Der Anwalt regte auch eine psychiatrische Untersuchung des Mannes an, bei dem weder Drogen oder Alkohol noch eine misslungene Integration Anlass zur Sorge gaben. „Er hat hier selbstständig als Fliesenleger gearbeitet, und er spricht nahezu perfekt Deutsch“, sagt Schröder und geht davon aus, dass sein Mandant in eine Beobachtungszelle kommen werde. „Auch wenn er selbst sagt, er würde sich nichts antun." Als „Syrer“ möchte der Mann, der 2015 aus Damaskus nach Deutschland kam, laut Anwalt nicht bezeichnet werden. „Er sagt, er sei Palästinenser.“

In einem Hinterhof wurde Macheten-Mann von Essen gestoppt

Nachdem der Mann die Brände gelegt hatte, fuhr er nach Polizei-Angaben noch mit einem Lieferwagen gegen zwei Lebensmittelgeschäfte. Anschließend verschwand er mit einer Machete in einem der Läden, wie ein Video zeigt. Kurze Zeit später wurde der Mann von mehreren Personen in einem Hinterhof in Schach gehalten, bis die Polizei eintraf. Sowohl Reul als auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) lobten das couragierte Verhalten dieser Menschen als auch der Nachbarn, die noch vor Eintreffen der Feuerwehr Bewohner aus dem brennenden Gebäude gerettet hatten.

Die innenpolitische Sprecherin der oppositionellen SPD-Fraktion im Landtag NRW, Christina Kampmann, forderte eine detaillierte Aufklärung der Hintergründe. „Um wen genau handelt es sich? Hatte man den Tatverdächtigen auf dem Schirm oder sogar im Visier?“ Das alles müsse jetzt schnell aufgeklärt werden, um die notwendigen Schlüsse aus dem schrecklichen Fall ziehen zu können.