Telemedizin & Co: Wie könnte die Zukunft der Medizin aussehen?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dringt darauf, die Digitalisierung des Gesundheitssystems voranzubringen. Neben Telemedizin werden in Zukunft auch Künstliche Intelligenz, Big Data, Apps, Wearables wie Smartwatches und 3D-Drucker dazu beitragen, Krankheiten besser zu erkennen und Patienten zu behandeln.

Diagnosen werden in Zukunft immer häufiger über Videochat gestellt (Symbolbild: Getty Images)
Diagnosen werden in Zukunft immer häufiger über Videochat gestellt (Symbolbild: Getty Images)

Telemedizin

In Zukunft wird es für Ärzte und Patienten immer normaler werden, sich nicht mehr bei jedem Termin persönlich gegenüber zu sitzen. Gerade bei leichteren oder chronischen Beschwerden kann es unkomplizierter und ausreichend sein, sich per Videochat zusammenzuschließen und so lange Fahrt- oder Wartezeiten zu vermeiden. Ein Vorteil, der nicht nur Bewohnern von ländlichen Gebieten zugute kommen soll, in denen Ärztemangel herrscht. Dabei können auch sogenannte Versorgungsassistenten/innen zum Einsatz kommen, die den Patienten zum Beispiel vor Ort Blut abnehmen oder den Blutzucker bestimmen können und die Ergebnisse direkt in die Praxis übermitteln.

Digitaler Arztbesuch: Was ist geplant und wie funktioniert Telemedizin?

In den Bereich der Telemedizin fallen auch Patienten, deren Werte wegen Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz regelmäßig kontrolliert und überwacht werden müssen. Diese könnten das mithilfe von technischen Geräten selbst tun, beziehungsweise würden ihre Daten direkt zum Arzt oder ins Krankenhaus geschickt. Auf Anfrage informieren Krankenkassen die Patienten über entsprechende Telemedizin-Angebote in der Umgebung und übernehmen bei gesetzlich Versicherten auch die Kosten.

Apps

Der kürzlich von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegte Gesetzesentwurf sieht vor, dass Krankenkassen zukünftig die Kosten für Gesundheits-Apps übernehmen. Diabetiker oder Menschen mit Bluthochdruck nutzen solche Apps zum Beispiel als digitale Tagebücher, mit denen sie ihren Alltag besser organisieren können. Laut Spahn helfen solche Apps neben dem Patienten auch dem behandelnden Arzt, “weil er über den Verlauf der Erkrankung unkompliziert informiert wird“. Damit die Krankenkassen für die Kosten aufkommen, müssen die App-Anbieter nachweisen, dass die Anwendung die Versorgung tatsächlich verbessert.

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Zudem sollen die Anwendungen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Sicherheit, Datenschutz, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit geprüft werden. Laut dem “Handelsblatt“ werben die Krankenkassen schon jetzt zunehmend für Gesundheits-Apps. Die TK beispielsweise arbeitet mit dem Start-up Ada Health zusammen, das eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Diagnose-Anwendung entwickelt hat. Barmer-Versicherte können über die App Mimi testen, wie gut sie hören können. Daneben will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine App anbieten, mit der Patienten deutschlandweit leichter an Arzttermine kommen sollen.

3D-Drucker liefern auch heute schon Prothesen und Co. (Symbolbild: Getty Images)
3D-Drucker liefern auch heute schon Prothesen und Co. (Symbolbild: Getty Images)

3D-Druck

Schon heute kommen verschiedene Produkte wie Prothesen, Zahnkronen, chirurgische Instrumente und Hörgeräte aus dem 3D-Drucker. Bis jetzt ist der 3D-Druck vor allem dann interessant, wenn verschiedene Komponenten individuell für Patienten angefertigt werden.

Künstliche Organe: Blutgefäße und Luftwege aus dem 3D-Drucker

Ein großes Thema in der Medizin ist auch das Bioprinting, bei dem es um den 3D-Druck von lebenden Zellen geht. Die Hoffnungen gehen so weit, dass man den Mangel an Spenderorganen irgendwann mit ganzen Organen aus dem 3D-Drucker ausgleichen kann. Im April 2019 haben israelische Forscher bereits ein aus menschlichem Gewebe erzeugtes Miniherz aus dem 3D-Drucker vorgestellt, das allerdings nicht schlug. Experten gehen davon aus, dass es noch mehrere Jahre dauern wird, bis Wissenschaftler tatsächlich einsatzfähige Organe herstellen können.

Künstliche Intelligenz und Big Data

In Zukunft soll in Deutschland eine elektronische Patientenakte dafür sorgen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden und verschiedenen Ärzten die Vorgeschichte der Patienten transparent zu machen. Weltweit haben aber auch die großen Tech-Konzerne längst erkannt, wie wichtig die Gesundheitssparte im Hinblick auf Datenanalyse und -verarbeitung und in der Anwendung von KI werden wird. Mithilfe von KI und Big Data lassen sich viele Gesundheitsinformationen anhäufen, die dann nach Auffälligkeiten und Korrelationen durchsucht werden und Krankheiten im besten Falle schon anzeigen können, bevor Patienten Symptome spüren. Krankheitsursachen können damit nicht nur schneller erkannt, sondern auch die passenden Therapieansätze eingeleitet werden.

Beratung per Video: Klinikkonzerne treiben Telemedizin voran

Laut dem US-Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan wird sich der Markt für KI-Systeme in der Gesundheitsversorgung bis 2022 auf sechs Milliarden Dollar verachtfachen. Google hat zum Beispiel eine KI entwickelt, die Gewebe auf Krebszellen untersucht. Microsoft entwickelt einen KI-basierten Bluttest, mit dem Dutzende Krankheiten auf einmal diagnostiziert werden könnten.

Wearables und Smart Watches

Michael Snyder, Professor für genetische und personalisierte Medizin an der Universität von Stanford, ist laut dem “Handelsblatt“ davon überzeugt, dass in zehn Jahren ein Großteil der Menschen sogenannte Wearables tragen wird: kleine Messgeräte, die rund um die Uhr Körperfunktionen wie Puls, Hauttemperatur, Herzrhythmus und Blutwerte überwachen und die Daten nach bestimmten Markern absuchen, die auf Krankheiten hindeuten können.

Die Apple Watch verfügt schon jetzt über eine EKG-Funktion, die zwar Herzrhythmusstörungen erkennen und diese via PDF mit dem Arzt teilen kann, für das Erkennen komplexerer Störungen oder eines Infarkts reicht das einkanalige EKG aber nicht aus. Das Frankfurter Start-up Cardiosecur hat aber bereits einen mobilen EKG-Monitor mit 15 Kanälen und für Profis sogar einen mit 22 Kanälen im Angebot. Diese hat zum Beispiel die Lufthansa an Bord um zu überprüfen, ob Passagiere mit Herzproblemen sofort an Land gebracht werden müssen.

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