"Temple": Blut, Witz und düstere Gestalten - vom Klinikalltag in Londons Unterwelt

Ein Chirurg, seine Ex-Geliebte und ein Doomsday-Prepper behandeln in einer geheimen Klinik in den Katakomben Londons Kriminelle, illegale Einwanderer und Obdachlose und müssen in der neuen Sky-Serie "Temple" (ab 30. April) ständig befürchten, entdeckt zu werden.

Bei einem Arzt mit Weltschmerz und einem Prepper mit Helfersyndrom erwartet man kaum Berührungspunkte: In der neuen Sky-Serie "Temple" (ab 30. April) machen der Chirurg Daniel (Mark Strong) und der auf die Apokalypse vorbereitete Tunnelarbeiter Lee (Daniel Mays) trotzdem gemeinsame Sache: Sie betreiben in einem alten Londoner U-Bahn-Schacht eine illegale Notfall-Klinik.

Wie das so ist in der Schattenwelt der Gesellschaft, tummeln sich in Londons Katakomben eher zwielichtige Gestalten. Das düsterste Geheimnis freilich hat der Arzt Daniel Milton selbst - es wird zwar schon am Ende der ersten von acht Episoden gelüftet. Der Thrill bleibt der Mischung aus Arzt-, Drama- und Crime-Serie, die auf einem norwegischen Vorbild ("Valkyrien") basiert, aber erhalten. Und ein Hauch des trockenen Humors, der den Briten im Allgemeinen und der halbhellen Londoner Unterwelt im Speziellen eigen ist.

Operationen am offenen Unterleib

Gleich zum Auftakt geht ein Raubüberfall gehörig schief. Der Fluchtfahrer telefoniert mit seiner schwangeren Freundin, weil er auch sonst ziemlich abgelenkt ist, sitzen seine Ganovenkumpel nach der dämlichsten Unaufmerksamkeit aller Zeiten im Gelddepot fest und alsbald im Knast. Nein, helle ist Jamie (Tobi King Bakare) wahrlich nicht und landet angeschossen im Krankenhaus unter der U-Bahn-Station "Temple".

Dort operieren Daniel, Lee und bald auch eine heimlich um ihr Blut gebrachte Forscherin (Carice van Houten) die verlorenen Gestalten der Stadt, aber Wunden haben sie eigentlich selbst genug. Lee als Doomsday-Prepper und Daniel als Witwer, der seine Frau verloren hat, weil ihrem Labor die Geldmittel gestrichen wurden. Sie hatte an einem Medikament für die eigenen unheilbare Krankheit geforscht.

"Temple" braucht ein bisschen Zeit, um sich zu entfalten. Sich auf das reduzierte Tempo und die Erzählruhe einzulassen, ist aber lohnenswert. Die Serie ist mehr, als ein düsterer Crimethriller mit einer Prise Humor und der einen oder anderen Operation am offenen Unterleib. Es geht Zufall, Kontrollverlust und menschliche Fehlbarkeiten und darum, was das Leben im Schatten mit einem machen kann. Und nicht zuletzt um Vertrauen - zwischen den Menschen und in die Gesellschaft.