„The Last of Us“: Könnte ein Zombie-Pilzvirus wirklich die Menschheit auslöschen?

Wissenschaftler eines häufig übersehenen Fachgebiets warnen vor der wachsenden Gefahr, die von tödlichen Pilzinfektionen ausgeht. Sie befürchten, dass die Welt nicht auf eine derartige Pandemie vorbereitet ist.

Das Thema ist durch die erfolgreiche HBO-Fernsehserie The Last of Us, die auf dem gleichnamigen Videospiel basiert, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In der Serie gelangt ein Pilzvirus in die weltweite Lebensmittelversorgung, infiziert die Menschen, übernimmt deren Körper und verwandelt sie in wütende, kannibalische Zombies. Dies führt zu einem raschen Zusammenbruch der Gesellschaft.

Klingt weit hergeholt? Nicht ganz, meint Associate Professor Rebecca Drummond, die an der Universität Birmingham Immunabwehrmechanismen gegen Pilzinfektionen des Gehirns untersucht. Der Pilz, um den es hier geht, der Cordyceps, ist als „Zombiepilz“ bekannt, weil er eine Vielzahl von Insekten infizieren kann. Dabei tötet er seinen Wirt, bevor er dessen Körper als Marionette für seine eigenen Bedürfnisse benutzt. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, dass der Pilz einem warmblütigen Menschen so etwas antun könnte – aber das heißt nicht, dass er es nie tun wird.

Die dystopische Geschichte über den menschenmordenden Pilz hat einige unbequeme Fragen aufgeworfen. Quelle: HBO
Die dystopische Geschichte über den menschenmordenden Pilz hat einige unbequeme Fragen aufgeworfen. Quelle: HBO

„The Last of Us“: Könnte das wirklich passieren?

„Die Serie hat eine ziemlich gute wissenschaftliche Grundannahme, aber alles, was wir in der Realität erleben würden, wird hier beschleunigt“, sagte Professorin Drummond gegenüber Yahoo News Australien.

Der Cordyceps mag, wie die meisten Pilze, kühlere Temperaturen und kann bei einer Körperkerntemperatur von 37 Grad nicht wachsen. Wie in der Eröffnungsszene der Serie angedeutet, könnte der Klimawandel einen evolutionären Druck auf bestimmte Pilzarten ausüben, sich so zu entwickeln, dass sie unter wärmeren Bedingungen gedeihen – etwas, wofür Wissenschaftler bereits erste Anzeichen sehen.

Außerdem ist der Cordyceps der menschlichen Immunabwehr, die der eines Insekts weit überlegen ist, nicht gewachsen. Um an den Punkt zu gelangen, an dem er unser Gehirn und Nervensystem gleichzeitig infizieren könnte, wäre ein evolutionärer Prozess erforderlich, der Tausende von Jahren dauern würde, argumentiert Drummond.

Eine Raupe, die von einem parasitären Pilz verzehrt wird, dessen Sporen abgebende Ranken herausragen (links), während eine Vogelspinne ebenfalls Opfer wird (rechts). Quelle: Getty/YouTube
Eine Raupe, die von einem parasitären Pilz verzehrt wird, dessen Sporen abgebende Ranken herausragen (links), während eine Vogelspinne ebenfalls Opfer wird (rechts). Quelle: Getty/YouTube

In The Last of Us geben infizierte Menschen das Virus weiter, indem sie das nächste Opfer beißen. Das ist zwar eine perfekte dramatische Lösung für die Serie, aber in der Realität wäre die Übertragbarkeit einer solchen Krankheit sehr begrenzt.

„Die meisten Pilzinfektionen sind keine Pilzkrankheiten in dem Sinne, dass ich, wenn ich mich mit einer Pilzkrankheit infiziere, sie nicht an jemanden weitergeben kann. Das liegt zum Teil daran, dass man sich bei Pilzinfektionen in der Regel über Sporen ansteckt und Pilze produzieren ihre Sporen in der Regel dann, wenn es ihnen an Nährstoffen mangelt und in uns gibt es reichlich Nährstoffe“, erklärte Drummond.

Faktencheck: Studie zu Masken häufig falsch interpretiert

In einem Kommentar, der einen Großteil der Grundannahme der Sendung zusammenfasst, fügte sie hinzu: „Das heißt nicht, dass das nie passieren könnte, aber es ist ein ziemlich großer evolutionärer Sprung.“

„Ich glaube nicht, dass es etwas ist, worüber wir uns große Sorgen machen müssen“, sagte Drummond. Das heißt aber nicht, dass sich die Forscher keine Sorgen über andere Gefahren machen, die von schädlichen Pilzinfektionen ausgehen.“

Welt ‚völlig unvorbereitet‘ auf Pilzpandemie

Forscher wie Dr. Neil Stone, führender Pilzexperte am Hospital for Tropical Diseases in London, haben das durch die Serie aufgeflammte Rampenlicht auf Pilzkrankheiten genutzt, um einen düsteren Realitätscheck durchzuführen. „Ich denke, wir unterschätzen die Gefahr von Pilzinfektionen“, sagte er diese Woche der BBC. „Wir haben das schon zu lange getan und sind völlig unvorbereitet auf den Umgang mit einer Pilzpandemie.“

Ein Spezialist entfernt in einem chirurgischen Eingriff den schwarzen Pilz von einem Patienten, der zuvor Covid-19 hatte. Quelle: Getty
Ein Spezialist entfernt in einem chirurgischen Eingriff den schwarzen Pilz von einem Patienten, der zuvor Covid-19 hatte. Quelle: Getty

Dieser Meinung schließt sich Drummond voll und ganz an. „Ich stimme zu 100 Prozent zu“, sagte sie gegenüber Yahoo. „Das Gebiet der Pilzinfektionen wird völlig unterschätzt und ist total unterfinanziert. Das liegt zum Teil daran, dass die Auswirkungen von Pilzinfektionen auf die menschliche Gesundheit weltweit lange Zeit unterschätzt wurden.“

Aber das beginnt sich zu ändern. Vor allem nach Ausbrüchen wie dem schwarzen Pilz in Indien, der die Erholung des Landes von Covid erschwert. Im Oktober letzten Jahres veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation ihre allererste Liste von Pilzerregern, die die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen, und warnte davor, dass sich einige von ihnen immer weiter ausbreiten und gegen Medikamente resistent werden.

Der Pilz Candida auris verursacht eine Infektion, die einer Sepsis ähnelt

Drummond verweist auch auf den Pilz Candida auris, der Temperaturen von bis zu 42 Grad standhalten und sich in Krankenhäusern und Altenheimen schnell ausbreiten kann. Er verursacht eine Infektion, die einer Sepsis ähnelt. Der Pilz dringt dabei in das Blut und die Organe ein und hindert sie daran, richtig zu funktionieren.

„Es ist ein besonders interessanter Pilz, weil er auf drei verschiedenen Kontinenten zur gleichen Zeit auftrat“, sagte sie. „Und als wir Gentests an ihnen durchführten, stellten wir fest, dass sie alle unabhängig voneinander sind.“

Erkältungswelle: Haben Menschen nach Coronainfektion ein geschwächtes Immunsystem?

„Es ist ein Pilz, der überall vorkommt. Wie die meisten Pilze, aber sie stören uns nicht, weil wir ein intaktes, normales, gesundes Immunsystem haben.“Doch aufgrund von Faktoren wie der AIDS-Epidemie, Covid-19 und dem weit verbreiteten Einsatz von Antibiotika „haben wir heute eine sehr große Anzahl von Menschen mit geschädigtem Immunsystem – und sie sind diejenigen, die Pilzinfektionen bekommen“, erklärte Drummond.

Erschwerend kommt hinzu, dass es nur eine Handvoll antiviraler Pilzmedikamente gibt und gegen die meisten davon ist Candida auris bereits resistent – sodass es an medizinischen Mitteln zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen mangelt.

The Last of Us hat das Thema sicherlich in den Fokus gerückt und für Forscher wie Drummond ist das eine gute Sache. Zwar ist die überwiegende Mehrheit der Pilzarten für den Menschen nicht schädlich, doch „insgesamt gibt es im Pilzreich einen großen Teil, über den wir nichts wissen“, sagt sie. „Es könnte durchaus noch andere potenzielle Krankheitserreger geben.“

Nick Whigham

VIDEO: Long Covid wird unterschätzt