Werbung

Thorsten Schäfer-Gümbel: Der ewige Oppositionsführer will an die Macht

Wird womöglich in Zukunft die hessische Regierung anführen: Thorsten Schäfer-Gümbel. (Bild: Getty Images)
Wird womöglich in Zukunft die hessische Regierung anführen: Thorsten Schäfer-Gümbel. (Bild: Getty Images)

Fast zehn Jahre führt er die hessische SPD schon an, nun wird es ernst: Thorsten Schäfer-Gümbel könnte bei der kommenden Landtagswahl zum Ministerpräsidenten aufrücken oder seine dritte Wahl in Folge verlieren. Aber da gäbe es noch dritte Option.

In der SPD nennen sie ihn gern TSG. Dasselbe Kürzel wie beim Fußballverein Hoffenheim. Nur stehen die Buchstaben nicht für Turn- und Sportgemeinschaft, sondern für Thortsen Schäfer-Gümbel. Mit dem Fußballverein aus Sindsheim teilt sich der Politiker aber noch etwas anderes: Beide wollen es in ihrem Metier bis ganz an die Spitze schaffen.

Eine dritte Wahlschlappe kann er sich nicht erlauben

Schäfer-Gümbel macht seit fast zehn Jahren den Oppositionsführer im hessischen Landtag, erst gegen die Regierung von Roland Koch (CDU), seit 2010 gegen jene von Volker Bouffier (CDU). Nach zwei Wahlschlappen – 2009 und 2013 – könnte der 49-Jährige bei der bevorstehenden Wahl am 28. Oktober nun endlich als Gewinner dastehen – selbst wenn er am Wahlabend nicht auf Platz 1 landet.

Schäfer-Gümbel übernahm die Hessen-SPD 2009 von Andrea Ypsilanti (l.). (Bild: Getty Images)
Schäfer-Gümbel übernahm die Hessen-SPD 2009 von Andrea Ypsilanti (l.). (Bild: Getty Images)

Denn von einer relativen Mehrheit geht man bei der SPD schon lange nicht mehr aus. Ob auf Bundes- oder auf Landesebene. Inzwischen orientiert sich die Partei eher nach unten: “Ja nicht zu viele Stimmen verlieren”, scheint die Devise zu lauten. So sind die Sozialdemokraten in Bayern seit der Landtagswahl nur noch fünftstärkste Kraft. Ein Warnruf.

Die Umfragen sprechen für Thorsten Schäfer-Gümbel

Schäfer-Gümbel könnte in Hessen eine Art Trendumkehr gelingen. In den Umfragen liegt seine SPD zwischen 20 und 25 Prozent – ähnliche Werte wie sie Grüne und CDU aufweisen. Damit gibt es für Schäfer-Gümbel drei Möglichkeiten, wie es mit ihm nach der Wahl persönlich weitergeht: Entweder er wird Ministerpräsident, stellvertretender Ministerpräsident oder er muss das Feld räumen.

Denn sollten sich die von Volker Bouffier geführte CDU und die Grünen unter Tarek Al-Wazir auf eine gemeinsame Regierung einigen, könnte sich Schäfer-Gümbel vermutlich nicht länger als Parteichef und Fraktionsvorsitzender halten – nach drei Wahlen als Spitzenkandidat ohne brauchbares Ergebnis.

Wird Schäfer-Gümbel den jetzigen Ministerpräsidenten Bouffier (l.) ablösen? (Bild: Getty Images)
Wird Schäfer-Gümbel den jetzigen Ministerpräsidenten Bouffier (l.) ablösen? (Bild: Getty Images)

Im Gegensatz zu Parteikollegen wie Sigmar Gabriel, Ralf Stegner oder Andrea Nahles, die gerne auf Konfrontation gehen und für ihre zuweilen polternde Art bekannt sind, gilt Schäfer-Gümbel als ausgeglichen, kompromissbereit und versöhnlich. Im aktuellen Wahlkampf setzt er auf klassische SPD-Themen wie bezahlbares Wohnen und bezahlbare Bildung.

Notoperation mit 20 Jahren

Der 1,92 Meter große Politiker ist kein Charismatiker, was er wohl selbst am besten weiß und unterstreichen würde. Dafür eilt dem gebürtigen Bayer ein tadelloser Ruf voraus: fleißig, diszipliniert und geschickt soll er sein. Sein Fraktionskollege Gerhard Merz schätzt ihn durch und durch, sagte laut “Rheinischer Post” über TSG, dieser sei ein “hochintellektueller, ungemein fleißiger Arbeiter.”

Dabei hat es TSG nicht immer leicht gehabt, weder beruflich noch privat. Als 20-Jähriger erlitt er eine Netzhautablösung, die beinahe eine Erblindung zur Folge gehabt hätte. Doch in mehreren Notoperationen konnten Ärzte ihm das Augenlicht bewahren. Seither ist Schäfer-Gümbel jedoch auf spezielle Brillen mit Prismengläsern angewiesen, weswegen er sich immer wieder Spott anhören musste.

Partei im Chaos übernommen

Auf beruflicher Ebene ging es nicht um seine, dafür aber um die Gesundheit seiner Partei. Schäfer-Gümbel musste im Winter 2008/09, als er die Hessen-SPD übernahm, retten was noch zu retten war. Denn zuvor hatte die damalige SPD-Chefin von Hessen, Andrea Ypsilanti, eine rot-grüne Minderheitsregierung mit Unterstützung der Linkspartei bilden wollen, obwohl sie dieses Szenario im Wahlkampf mehrfach ausgeschlossen hatte. Ihre Gegner – auch innerhalb der eigenen Partei – nannten sie von da an „Tricksilanti“. Die SPD war praktisch am Boden.

Doch in den neun Jahren, die seither vergangen sind, hat Schäfer-Gümbel die Partei wieder hinter sich geeint, das Vertrauen der Wähler zurückerobern können. Das liegt vermutlich auch an seiner Person. Schäfer-Gümbel lebt seit seinem fünften Lebensjahr in Gießen, ist seit zwanzig Jahren verheiratet und hat drei Kinder. TSG stammt aus der Arbeiterschicht, sein Vater fuhr Lastwagen, seine Mutter ging putzen. Weder die Inhalte über die er spricht, noch seine Sprache ist abgehoben. An der Basis versteht man, was der Mann, der in Zukunft Hessen regieren will, spricht: nämlich Sozialdemokratisch.

Am 28. Oktober 2018 könnte Schäfer-Gümbel, der seit 2013 stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei ist, der erste SPD-Ministerpräsident seit 1999 werden.

Auch diese Meldungen rund um Persönlichkeiten aus der Politik könnten Sie interessieren: