Tief "Lambert" zieht nach Unwetter-Nacht langsam nach Osten ab
Straßen standen unter Wasser, Bäume knickten um, Züge fuhren nicht: Unwetter haben seit Donnerstag weite Teile Deutschlands getroffen. Am Freitag soll es in einigen Regionen noch stark regnen, bevor das Gewittertief dann nach Polen abzieht.
Blitze, Sturm, Hagel: Mit Tief "Lambert" sind Unwetter über weite Teile Deutschlands gezogen. Bäume kippten um, Straßen waren überflutet, Keller liefen voll. Der Verkehr auf Straßen, Schienen und in der Luft war teils beeinträchtigt. Insgesamt verlief die Unwetter-Nacht nach bisherigen Informationen aber eher glimpflich.
So verlief die letzte Nacht
Der Feuerwehr brachte die Wetterlage viele Einsätze. So mussten etwa vollgelaufene Keller leer gepumpt werden. Im Kreis Neuwied in Rheinland-Pfalz stürzte ein Baum auf ein fahrendes Auto. "Bei einem anderen Einsatz mussten Personen aus ihrem Pkw in einer vollgelaufenen Unterführung gerettet werden", teilte der Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises mit.
Allein in Duisburg gab es nach Angaben der Feuerwehr mindestens 420 Einsätze. Mehrere Menschen mussten aus Fahrzeugen gerettet werden, die auf überschwemmten Straßen feststeckten. Einige Straßen im Stadtgebiet waren wegen Überflutung nicht mehr befahrbar. In der Ruhrgebietsstadt Oberhausen berichtete die Feuerwehr von einem wetterbedingten Unfall auf der A42: Demnach schleuderte dort ein Taxi in die Leitplanke, der Fahrer blieb unverletzt.
Im Frankfurter Vorort Sindlingen wurden mehrere Autos durch umgestürzte Bäume schwer beschädigt. "Die Leute haben ein Riesenglück gehabt", sagte ein Feuerwehrsprecher angesichts der regelrecht platt gedrückten Fahrzeuge in einem Wohngebiet. Zahlreiche Bäume stürzten auch in Hattersheim am Main auf Häuser und Autos, laut Feuerwehr bestand hier Tornado-Verdacht. Die Einsatzkräfte rückten zu 94 Einsätzen aus.
Der Landkreis Harz meldete insgesamt 228 Unwetter-Einsätze. "Die Anrufe gingen nahezu minütlich ein. Vor allem Starkregen und Hagel haben die Einsatzkräfte der Feuerwehren in Atem gehalten", berichtete Christian Wenig, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle. Unfälle und Verletzte habe es aber nicht gegeben. In Havelberg bei Stendal schlug ein Blitz in ein Haus ein und setzte den Dachstuhl in Brand, wie die Polizei mitteilte. Der Schaden beträgt rund 50.000 Euro.
Vielerorts wurden auch Veranstaltungen im Freien abgesagt - etwa der Abendmarkt in Radolfzell am Bodensee und die Warm-up-Party des Full-Force-Festival bei Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt. Die Sicherheit habe höchste Priorität, hieß es in einer Mitteilung. "Bitte macht eure Zeltplätze sturmsicher, sichert lose Gegenstände oder baut sie wieder zurück und baut bitte keine weiteren Pavillons mehr auf." Zudem wurde ein Konzert des britischen Sängers Sting im niedersächsischen Lingen gecancelt.
Zug- und Flugausfälle sowohl am Donnerstag als auch am Freitag
Am frühen Morgen warnte der Deutsche Wetterdienst noch vor "teils heftigem, mehrstündigem Starkregen" im Nordwesten Deutschlands und in Mecklenburg mit Regenmengen zwischen 30 und 90 Litern pro Quadratmeter. Im Osten und Südosten könne es noch vereinzelt Gewitter mit Starkregen, Hagel und stürmischen Böen geben.
Der Zugverkehr bleibt in einzelnen Teilen Deutschlands weiter beeinträchtigt. Mehrere Streckensperrungen seien inzwischen aber wieder aufgehoben worden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn am Freitagvormittag. Die Zugstrecke zwischen Berlin und Hamburg ist wieder zweigleisig befahrbar. Nach dem Unwetter in der Nacht zu Freitag war die Strecke zunächst gesperrt worden, sämtliche Züge wurden über Stendal umgeleitet. Am Vormittag war es bereits wieder möglich, sie zumindest eingleisig zu benutzen.
Auch die am Morgen noch gesperrte Strecke Kassel-Göttingen kann nach Angaben der Deutschen Bahn zweigleisig befahren werden. Einzelne ICE- und IC-Züge müssten zwischen Göttingen und Fulda allerdings umgeleitet werden. "Der Halt in Kassel-Wilhelmshöhe entfällt dann. Es kommt zu Verspätungen von etwa 30 Minuten", so die Bahnsprecherin.
Darüber hinaus gebe es vereinzelt weiterhin regionale Auswirkungen auf den Zugverkehr durch das Unwetter in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Neben der an Freitagen ohnehin höheren Zahl an Reisenden rechnet die Deutsche Bahn mit zusätzlichen Fahrgästen. Aus diesem Grund würden die Kapazitäten erhöht.
⚠️Wichtiger Hinweis: Der Zugverkehr ist in Teilen Deutschlands noch durch Unwetterschäden beeinträchtigt. Bitte informiert euch regelmäßig auf https://t.co/kzJtR2P1SE & im DB Navigator über eure Verbindung und auf https://t.co/rnaSSELCgU über die aktuelle Lage. #Gewitter #Lambert
— Deutsche Bahn Personenverkehr (@DB_Bahn) June 23, 2023
Bundesweit kam es in der Nacht aufgrund von Unwetterschäden zu Verspätungen und Zugausfällen, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt. Mehrere Strecken in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen wurden gesperrt, hier etwa die Verbindung zwischen Kassel und Göttingen. Für gestrandete Fahrgäste hatte die Deutsche Bahn am Donnerstagabend in mehreren deutschen Städten Züge zum Übernachten zur Verfügung gestellt.
Ebenfalls beeinträchtigt war und ist der Flugverkehr: An den Flughäfen in Frankfurt und Düsseldorf hatte es Einschränkungen gegeben - an beiden Airports gab es am Donnerstag einige Annullierungen.
Am Flughafen Düsseldorf war nach Auskunft einer Sprecherin am frühen Donnerstagabend der Flugbetrieb kurzzeitig eingeschränkt und die Abfertigung der Flugzeuge unterbrochen. Das sei das übliche Vorgehen etwa bei Gewittern, erläuterte die Sprecherin. Mehrere Flüge seien von Airlines annulliert worden. Den Angaben zufolge betraf das aber nur einen sehr kleinen Teil der Starts und Landungen am Flughafen Düsseldorf am Donnerstag, dem ersten Tag der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen.
Zahlreiche Flugzeuge, die in München landen sollten, wurden ebenfalls umgeleitet. Nach Auskunft eines Flughafen-Sprechers vom Freitagmorgen konnten etwa 20 Flüge zwischen Donnerstag 19.00 Uhr und Freitag 2.00 Uhr nicht landen. Sie wurden auf umliegende Flughäfen verteilt. 60 Flüge wurden annulliert. Bis zum Mittag soll es zu weiteren Verzögerungen am Flughafen München kommen.
Wie geht es weiter dem Wetter?
Im Osten und Südosten könne es noch vereinzelt Gewitter mit Starkregen, Hagel und stürmischen Böen geben, teilte der DWD am Freitagmorgen mit. Vor allem im Osten und Südosten könne es noch kräftige Gewittern mit Starkregen, Hagel und stürmischen Böen geben. Tagsüber sei dann von Vorpommern bis nach Sachsen-Anhalt und Thüringen gebietsweise mit schauerartigen Regenfällen zu rechnen.
Im Laufe des Freitags gebe es dann langsam eine Wetterberuhigung. In der Nacht zum Samstag seien dann "wahrscheinlich keine Warnungen mehr erforderlich". Das Tief wandere jedoch langsam nach Polen, wobei die schwülwarme Luft durch kühlere ersetzt wird. Der Regen zieht dann ab nachmittags und abends allmählich ebenfalls ostwärts ab. An Kammlagen können aber noch stürmische Böen von bis zu 70 Kilometern die Stunde erreicht werden.
Wer für Freitag ein Bahnticket gebucht habe, könne die Fahrt auf einen späteren Termin verschieben, teilte die Bahn mit. "Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden."
Zahlreiche Unwetter-Posts auf Social Media
Jetzt hat es auch Braunschweig erwischt 😵 #Unwetter pic.twitter.com/ltxP7O9Nj0
— Sabrina 🪝 (@dumandami) June 22, 2023
In den sozialen Netzwerken wurden vielfach Videos und Bilder von überfluteten Straßen und umgestürzten Bäumen geteilt. Hunderte Einsätze zählte auch die Feuerwehr der niedersächsischen Stadt Braunschweig. Videos zeigten, wie Straßen unter Wasser standen und auch Geschäfte geflutet wurden. Straßenbahnen und Autos steckten fest.
Aufnahmen aus der hessischen Stadt Kassel zeigen Autoscheiben, die von herabfallenden Hagelkörnern zerstört wurden. Zahlreiche User auf Twitter teilten zudem Bilder und Videos aus ihren Städten, auf und in denen man unter anderem Überschwemmungen oder sogar Tornados sehen kann.
Einen #Tornado gab es mindestens gestern, auch wenn es ein F0 war - der in Köln-Pesch, er hatte Bodenkontakt und damit ein echter Tornado, danke an Jens Grenzhäuser, der im richtigen Moment geguckt hat!#Unwetter pic.twitter.com/YgiR6RENyt
— Jörg @kachelmann@meteo.social (@Kachelmann) June 23, 2023
Dieser Clip ging mittlerweile sogar viral: Ein junger Mann watet während des Unwetters in Braunschweig durch Wassermassen, die knietief auf einer Straße stehen. Dann springt er ins Wasser und schwimmt. "Ich schwimm' für dich 'ne Bahn", sagt der junge Mann, der augenscheinlich mit einer Badehose bekleidet ist.
Ein Sprecher der Polizei Braunschweig bestätigte in der Nacht zum Freitag, dass dieses Video in der niedersächsischen Stadt aufgenommen worden sei. Er konnte die gezeigte Straße benennen. Kollegen hätten das Video bereits zugeschickt bekommen, sagte der Sprecher weiter.
Darin ist zu sehen, wie Autos in einer überschwemmten Straße stehen. "Was für eine verrückte Szenerie hier", sagt jemand, der wohl das Video macht. Zuvor hatte "T-Online" darüber berichtet.
Hier mal was aus #Braunschweig #Unwetter #wetter #Gewitter pic.twitter.com/iI9hOkL6lD
— Blaulichtreport-Deutschland (@BlaulichtDe) June 22, 2023