Nach Torten-Angriff: "Tagesschau"-Sprecher sorgt sich bei Maischberger um die Streitkultur
Nicht immer ist es schlau, wenn "Tagesschau"-Sprecher Bücher schreiben. Vor 15 Jahren ging das bei Konstantin Schreibers Ex-Kollegin Eva Hermann gründlich in die Hose. Bei dem "Tagesschau"-Sprecher von heute hätte es klappen können. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er einen Wandel der Diskussionskultur in Deutschland fordert.
"Eigentlich wollen wir alle, dass wir vernünftiger miteinander umgehen", sagt Schreiber im Gespräch mit der Moderatorin. "alle wollen, dass man herauskommt aus diesem polarisierten Sich-Ankläffen. Das höre ich von allen Seiten, egal, ob ich jetzt mit progressiven oder konservativeren Leuten in der Mitte rede. Irgendwie gibt es eine große Sehnsucht. Die Frage ist nur, wie wir das auch wieder aufbrechen können."
Das Buch hat Schreiber nach einem Auftritt an der Uni Jena geschrieben. Da hatte ihn ein Zuschauer mit einer Torte beworfen, die Schreiber mitten ins Gesicht traf. Schockiert gewesen sei er nicht, sagt Schreiber. "Das Unangenehmste war, dass diese Torte offenbar abgelaufen war und fürchterlich stank."
Constantin Schreiber wurde bei Uni-Besuch angegriffen
Danach habe ihm eine Journalistin vorgeworfen, er habe es auf einen solchen Angriff angelegt - mit den Büchern, die er vorher geschrieben habe. "Ich fand es empörend, dass eine Kollegin der Auffassung ist, etwas, das ich sage oder schreibe rechtfertigt es, mich anzugreifen", sagt Schreiber. Dadurch sei die Idee für das Buch entstanden.
In seinen vorherigen Büchern hat sich Schreiber sehr kritisch mit dem Islam auseinandergesetzt. Dafür war ihm von Kollegen Islamophobie vorgeworfen worden. Das Benennen von bestimmten Themen, selbst von Tatsachen, könne inzwischen dazu führen, dass der Autor verächtlich gemacht werde, findet Schreiber. "Da kommen wir nicht weiter, wenn wir so den Gegenüber in seiner Position ablehnen."
Doch was darf man sagen und was nicht, will Moderatorin Maischberger konkret wissen. Schreiber drückt sich um die Antworten. Zum Beispiel im Fall Luke Mockridge. Der hatte sich in einem Podcast über Teilnehmer der Paralympics lustig gemacht. Unter teils höhnischem Gelächter machten die Podcast-Moderatoren und Mockridge mit Mimik und Gestik die schwerbehinderten Sportler und ihre Leistungen verächtlich.
"Man sollte davon wegkommen, sich gegenseitig herabzuwürdigen"
Schreiber wiegelt ab: "Da ist es eine gerichtliche Frage." Eine Kritik des Podcasts fällt aus. Aber Schreiber kritisiert: "Die Tendenz, Leute (wegen ihrer Meinungen) abzustempeln, die diskussionswürdig sind, vor allem in den sozialen Netzwerken - da sehe ich schon die Tendenz, dass das übernommen wird."
Schreiber fordert offene Diskussionen, aber mit Regeln. "Ich würde die Diagnose stellen, dass die Form bei uns gerade wahnsinnig offen ist: Man kann pöbeln, man kann schimpfen. Aber der Inhalt bleibt dabei auf der Strecke. Und das müsste eigentlich anders herum sein: Die Form müsste strenger sein, und der Inhalt aber so weit wie möglich. Man sollte davon wegkommen, sich gegenseitig herabzuwürdigen, aber sich inhaltlich zuzuhören und auszutauschen."
Problem: Schreiber zeigt in diesem kurzen Interview, wie es nicht gehen kann. An vielen Stellen äußert er keine Meinung, mit der man sich auseinandersetzen könnte. Und das ist leider auch keine Lösung.