Tote bei Angriff auf israelische Botschaft in Jordanien

Sicherheitskräfte nahe der israelischen Botschaft in Amman, Jordanien. Foto: Omar Akour
Sicherheitskräfte nahe der israelischen Botschaft in Amman, Jordanien. Foto: Omar Akour

Ein Streit über Sicherheitsmaßnahmen nach einem Anschlag am Tempelberg hat neue blutige Unruhen ausgelöst. Jetzt bringt ein tödlicher Zwischenfall auf dem Botschaftsgelände in Amman Israel noch Ärger mit Jordanien ein - dem Hüter der heiligen Stätte in Jerusalem.

Amman (dpa) - Nach dem Tempelberg-Streit hat ein tödlicher Zwischenfall auf dem Gelände der israelischen Botschaft in Amman die Beziehungen zwischen Israel und Jordanien weiter belastet. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, man bemühe sich um eine rasche Lösung der diplomatischen Krise.

Ein jordanischer Arbeiter hatte am Sonntag in einer Wohnanlage neben der Botschaft einen Wachmann mit einem Schraubenzieher angegriffen und verletzt, wie das Außenministerium in Jerusalem mitteilte. Der 17-Jährige habe mehrmals zugestochen. Der Israeli habe daraufhin in Selbstverteidigung den Angreifer erschossen und auch den unbeteiligten jordanischen Vermieter versehentlich tödlich verletzt.

Die private jordanische Zeitung Al-Ghad berichtete unter Berufung auf zwei Sicherheitsquellen, der Wachmann halte sich noch immer in der Botschaft auf. Es sei ihm aufgrund der mutmaßlichen Tötung von zwei Jordaniern verboten, das Land zu verlassen. Israel habe eine erste Befragung nach der Tat nicht zugelassen. Jordanien werde die Auslieferung des Mannes beantragen. Falls dies nicht gestattet werde, würde man «diplomatische Maßnahmen» ergreifen. Israel beruft sich dagegen auf das Wiener Übereinkommen, das Diplomaten Immunität gewähre.

Die Nachrichtenseite «ynet» berichtete, Netanjahu habe einen ranghohen Vertreter zu Krisengesprächen nach Jordanien geschickt. Netanjahu sagte, er habe dem Wachmann bei einem Telefonat zugesagt, «dass wir ihn heimbringen werden, wir haben dabei schon Erfahrung». Angesichts der angespannten Lage schickten die USA den Spitzendiplomaten Jason Greenblatt nach Israel.

Netanjahu habe auch mit Einat Schlein telefoniert, der israelischen Botschafterin in Amman, hieß es in der Mitteilung des Außenministeriums. Im März war bekannt geworden, dass Schlein in einem internen Bericht vor einer fortschreitenden Destabilisierung Jordaniens gewarnt hatte.

Jordanien ist Hüter des Tempelbergs in Jerusalem, den Muslime als «Haram al-Scharif» (Edles Heiligtum) verehren. Es hatte 1994 als zweites arabisches Land nach Ägypten einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen. Der Frieden gilt jedoch als belastet. Ein großer Teil der Einwohner Jordaniens sind palästinensischer Herkunft und viele sind solidarisch mit ihren Glaubensbrüdern in den Palästinensergebieten.

Der Vorfall in Amman verschärfte Spannungen mit Jordanien wegen der jüngsten Unruhen in und um Jerusalem, bei denen am Freitag vier Palästinenser getötet und rund 400 weitere verletzt worden waren. Bei einem Anschlag in einer israelischen Siedlung im Westjordanland wurden später drei Mitglieder einer Familie erstochen.

Als Auslöser der neuen Unruhen galt die Installation von Metalldetektoren am Tempelberg, der Muslimen und Juden heilig ist. Israel hatte sie nach dem Anschlag dreier Muslime aufgestellt, bei dem am 14. Juli zwei israelische Polizisten getötet worden waren. Israel verteidigt die Metalldetektoren sowie am Sonntag zusätzlich angebrachte Überwachungskameras als reine Sicherheitsmaßnahmen und betont immer wieder, es wolle den Status quo an dem heiligen Ort nicht verändern.

Von palästinensischer Seite werden die Maßnahmen jedoch als Übergriff gewertet, der längere Wartezeiten an den Eingängen verursacht, sowie als Symbol israelischer Hoheitsansprüche. Die Palästinenser werfen Israel seit langem vor, es wolle Schritt für Schritt mehr Kontrolle über den Tempelberg erlangen. Solche Befürchtungen werden durch Forderungen rechter jüdischer Organisationen genährt, dass Juden den Tempelberg nicht nur besuchen, sondern dort auch beten dürfen. Dies war bislang nur Muslimen erlaubt. Die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg gilt als drittheiligste Stätte des Islams.

Seit Aufstellung der Metalldetektoren vor gut einer Woche boykottieren viele junge Muslime den Tempelberg aus Protest und beten stattdessen auf der Straße und vor Eingängen der Altstadt. Danach kommt es immer wieder zu Konfrontationen mit israelischen Sicherheitskräften.

An der Stelle des heutigen Tempelbergs standen nach Angaben von Archäologen früher zwei jüdische Tempel, der zweite wurde im Jahr 70 von den Römern zerstört. Von palästinensischer Seite wird die Existenz der Tempel jedoch in Zweifel gezogen. Die Klagemauer, heute wichtigster heiliger Ort für Juden, gilt als Überrest der Tempelanlage.

Israels Sicherheitskabinett hatte sich am späten Sonntagabend zu Beratungen über den Vorfall in Jordanien, den Anschlag in der Siedlung und die Tempelberg-Krise versammelt. Dabei sei noch keine Entscheidung getroffen worden, berichtete der israelische Rundfunk am Montag. Es waren weitere Beratungen geplant.