Trügerische Entwicklung - Immobilienpreise sinken - darum sollten Sie trotzdem keine Wohnung kaufen
Die Kaufpreise für Immobilien fallen seit Anfang des Jahres leicht und entsprechend wollen Makler wieder verstärkt Käufer werben. Diesem Lockrufen sollten Sie allerdings widerstehen. Käufer sind aktuell nur in Ausnahmefällen gegenüber Mietern im Vorteil.
Fünf Punkte zeigen, wie dramatisch die Wohnungskrise wirklich ist
In Düsseldorfs Stadtteile Heerdt entsteht gerade nahe des Rheins eine Neubausiedlung. Sie bietet ein perfektes Beispiel für einen Vergleich zwischen Immobilienkäufern und Mietern, denn einige der Wohnungen werden zum Kauf, die anderen zur Miete angeboten. Das Research Institute Flossbach von Storch hat die Daten der Wohnungen daher analysiert .
Eine zum Verkauf stehende Wohnung mit 63,5 Quadratmetern wird dabei für 460.900 Euro angeboten, eine ähnliche 67,7 Quadratmeter große Wohnung für 1107 Euro Kaltmiete. Das sind 7258 Euro pro Quadratmeter beim Kauf und 16,34 Euro für die Miete. Davon ausgehend, dass die laufenden Nebenkosten für beide Wohnungen ähnlich sein dürften, haben die Analysten nun ausgerechnet, ob Käufer oder Miete nach Ablauf eines Immobilienkredits in 30 Jahren besser da stehen.
Ergebnis: Der Käufer, der monatlich 2300 Euro aufwenden muss, besäße in 30 Jahren eine Wohnung im Wert von 1,14 Millionen Euro sowie ein Aktiendepot im Wert von 159.000 bis 371.000 Euro je nach Rendite. Der Mieter käme auf 950.000 bis 1,44 Millionen Euro je nach Rendite und Lebensweise – ein Patt. Wer die Wohnung kauft, um sie zu vermieten, fährt gegenüber dem Mieter sogar noch schlechter, sollte er die 460.900 Euro plus Nebenkosten nicht direkt bar bezahlen können.
Das Düsseldorfer Beispiel ist nur ein Anzeichen dafür, dass Mieter immer noch häufig besser fahren als Käufer. Flossbach von Storch hat für diese These noch mehr Argumente gesammelt:
1. Es ist unklar, wie stark die Preise aktuell sinken
In allen gängigen Immobilienindizes wird nach dem starken Preisanstieg der 2010er Jahre aktuell ein Abschwung von Wohneigentum dargestellt. Doch es gibt viele Indizes und alle können sich dem tatsächlichen Geschehen nur annähern, weil nicht in jedem Quartal in jeder Region vergleichbare Häuser überhaupt auf den Markt kommen. In Großstädten ist das noch wahrscheinlicher, aber gerade auf dem Land wird teils so wenig Wohneigentum gehandelt, dass verlässliche Aussagen über die Preisentwicklung schwer sind. Der Postbank Wohnatlas 2024 beruhte seine Preise für 2023 in zehn Prozent der deutschen Regionen etwa auf weniger als 100 Angeboten im gesamten Jahr. Auch die Datengrundlage ist je nach Index anders. Manche basieren auf den Kaufpreisen, die Banken an die Analyseinstitute melden, andere auf den notariell beglaubigten Preisen von Gutachterausschüssen. Manche berücksichtigen Faktoren wie Baujahr, Sanierungszustand und Lage, andere nicht. „Am Ende gilt die Immobilienweisheit: Wie viel ein Haus oder eine Wohnung gerade wert sind, wissen Käufer und Verkäufer erst nach Abschluss des Notarvertrages“, sagt Christof Schürmann, Senior Research Analyst bei Flossbach von Storch.
2. Es wird weiterhin kaum gebaut
2023 wurden in Deutschland 294.400 Wohnungen laut Statistischem Bundesamt fertiggestellt. Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit 265.000 Wohnungen, andere Schätzungen liegen darunter. In jedem Fall wird viel zu wenig gebaut. Immobilienexperten schätzen, dass schon dieses Jahr 600.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, bis 2027 soll die Lücke auf 800.000 anwachsen. Hohe Zinsen und gestiegene Baukosten sind schuld. Dass in einem Markt, in dem das Angebot so stark zu knapp ist, die Preise günstig für Käufer sein können, ist unwahrscheinlich.
3. Die Nachfrage zieht an
Während das Angebot schwach ist, steigt die Nachfrage, wenngleich auf niedrigem Niveau. Das Volumen der von Banken vergebenen Kredite stieg vom Tief von 12 Milliarden Euro im Januar 2023 auf zuletzt 19,5 Milliarden Euro in diesem Juli an. Allerdings liegt die Nachfrage damit immer noch weit unter den Rekordwerten von 24 bis 32 Milliarden Euro pro Monat, die während der Corona- und Energiekrise erreicht wurden – aber schon wieder über dem Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2023. Eine steigende Nachfrage spricht auch nicht für einen Markt, der gut für Käufer ist.
4. Immobilien sind so teuer wie seit 50 Jahren nicht
Um abzuschätzen, ob Immobilienpreise niedrig oder hoch sind, ermittelt die Federal Reserve of Dallas, eine Abteilung der US-Notenbank Fed, die „fundamental gerechtfertigten“ Preise für verschiedene Länder, so auch Deutschland. Als Indikatoren für die fairen Preise gelten etwa das Einkommensniveau, Zinssätze, Baukosten, Inflation, Angebot und Nachfrage und das Verhältnis von Kaufpreisen zu Mieten. Laut diesem Modell liegen die aktuellen Immobilienpreise in Deutschland so weit über ihren gerechtfertigten Preisen wie seit Beginn der Datenerhebung 1975 nicht – eine Entwicklung, die besonders in den vergangenen 15 Jahren ihren Lauf genommen hat. 2010 waren Immobilien noch günstiger als gerechtfertigt gewesen wäre.