Traktoren statt Züge: Protest gegen die Inntal-Bahnstrecke

Traktoren rollen durch das bayerische Rosenheim im Voralpenland, begleitet von einem Protestzug von 3000 Demonstranten. Es war eine Demonstration der Langsamkeit am Montag. Die Unzufriedenen waren zusammengekommen, um gegen einen Ausbau der Bahnstrecke durch das Inntal zu demonstrieren. Mit langsamen Traktoren gegen ein Projekt, das eigentlich für mehr Geschwindigkeit im grenzüberschreitenden Verkehr in Europa steht: Den Ausbau der bisher zweigleisigen Schienenverbindung durch die Alpen auf vier Gleise sehen einige Anrainer als Zerstörung der Umwelt, als zusätzliche Lärmbelästigung und vor allem als sinnlos an. Sie argumentieren, der Güterverkehr über die Alpen könnte auch über die vorhandenen Gleise abgewickelt werden, wenn sie entsprechend modernisiert würden. Heute ist die Verkehrsachse auf der Straße und Schiene überlastet, Staus und Luftverschmutzung sind die Folge. In Tirol werden LKWs in Blöcken abgefertigt, also immer nur eine bestimmte Zahl gleichzeitig auf die Strecke gelassen. Der Rückstau verstopft die Autobahn in Deutschland und nervt die Anwohner dort. Die Inntalstrecke führt zum künftigen Brenner-Basistunnel, der ab etwa 2026 Italien und Österreich verbinden soll. Die Verbindung, die bis Skandinavien führt, ist Teil eines europaweiten Verkehrsnetzes, das Anfang der 1990er-Jahre von den europäischen Verkehrsministern beschlossen wurde. Und auch den heutigen Verkehrsminister Deutschlands, Andreas Scheuer, beschäftigt das Thema. Er sprach zu den 3000 Demonstranten in Rosenheim.: "Zum einen haben wir europäische und internationale Verpflichtungen. Okay, das kann jetzt dem einen oder anderen egal sein, aber ich muss es halt in diesem Bereich werten. Und ich habe die Forderung von Ihnen, und die werde ich heute aufnehmen, dass wir die Untersuchung auf der Bestandsstrecke in die Erwägung mit einbeziehen." Einige Bürger orten hier nur ein vorgeschobenes Argument, keinen echten Bürgerdialog. Scheuer ist sich dessen bewusst und betonte, er sei nicht nur gekommen, um "Beruhigungspillen" auszugeben. Er werde mit der Verkehrsuntersuchung und den Prognosen kommen, so Scheuer. An unabhängigen Untersuchungen des künftigen Verkehrs und des Ausbaubedarfs fehlt es den Kritikern der Strecke. Denn der Bedarf ist vielleicht gar nicht so groß wie gedacht, glaubt man den Worten des österreichischen Verkehrsministers Norbert Hofer vor einem Jahr. Mehr als ein Drittel des Verkehrs am Brenner, so Hofer, sei ohnehin nur Umwegeverkehr. Verkehr also, der den Brenner verstopft, weil es einfach billiger ist, hier die Alpen zu überqueren statt anderswo. Und dann spielt in die Diskussion über Preise, Bedarf, Straße und Schiene noch etwas anderes hinein: Die Zukunftsfähigkeit des Projektes hängt vor allem davon ab, ob die Transportunternehmen überzeugt werden, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Weitere Informationen Die Deutsche Bahn zur Nordanbindung des Brennerbasistunnels Der paneuropäische Transportkorridor Die Bürgerinitiative im Inntal