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Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza weitgehend geräumt

Am vierten Tag eines israelischen Militäreinsatzes im Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza haben am Samstag hunderte Menschen die Klinik verlassen. (Kenzo TRIBOUILLARD)
Am vierten Tag eines israelischen Militäreinsatzes im Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza haben am Samstag hunderte Menschen die Klinik verlassen. (Kenzo TRIBOUILLARD)

Am vierten Tag eines israelischen Militäreinsatzes im Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza haben am Samstag hunderte Menschen die Klinik verlassen. Die Menschen flohen zu Fuß in Richtung Süden, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium erklärte, es seien nur noch etwa 120 Verletzte und eine nicht näher genannte Zahl von Frühgeborenen in der Klinik.

Dazu, wer die Evakuierung angeordnet hatte, wurden widersprüchliche Angaben gemacht: Am Samstagmorgen riefen israelische Soldaten nach Berichten eines AFP-Journalisten im Krankenhaus über Lautsprecher zur Evakuierung der Einrichtung "binnen einer Stunde" auf. Krankenhausleiter Mohammed Abu Salmija sagte AFP, er sei von der israelischen Armee angewiesen worden, "die Evakuierung von Patienten, Verletzten, Vertriebenen und medizinischem Personal" sicherzustellen.

Die israelische Armee wies die Darstellung zurück, wonach sie die Evakuierung angeordnet habe. Das Militär habe lediglich dem "Ersuchen des Direktors des Schifa-Krankenhauses" stattgegeben, die Evakuierung weiterer Menschen aus dem Krankenhaus zu ermöglichen, hieß es in einer Erklärung.

Die Armee sucht auf dem Klinikgelände seit Tagen nach der Hamas-Einsatzzentrale, die sie unter dem weitläufigen Komplex vermutet. UN-Angaben zufolge befanden sich vor Eintreffen der israelischen Armee auf dem Gelände am Mittwoch rund 2300 Patienten, Verletzte und Vertriebene in dem Krankenhauskomplex.

Krankenhausvertreter sagten AFP, einige Mitarbeiter seien in der Klinik zurückgeblieben, um die verbliebenen Menschen zu versorgen. Schlangen von Kranken und Verletzten, Ärzte, Pflegepersonal und Flüchtlinge waren beim Verlassen des Krankenhauses Richtung Küste zu sehen. Rund um die Einrichtung ertönten Explosionen.

Israel hatte die Palästinenser im Gazastreifen angewiesen, sich zu ihrer Sicherheit aus dem Norden des Küstengebiets in den Süden zu begeben. Doch treffen tödliche Luftangriffe auch zentrale und südliche Gegenden des Territoriums.

Nach Angaben eines Krankenhausdirektors starben bei einem Luftangriff in der südlich gelegenen Stadt Chan Junis 26 Menschen. Bei dem Angriff auf drei Wohngebäude im Stadtteil Hamad seien zudem 23 Menschen schwer verletzt worden, teilte der Leiter des Nasser-Krankenhauses der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit. Das israelische Militär gab auf Anfrage zunächst keine Stellungnahme ab.

Derweil endete am späten Freitagabend ein zweitägiger durch Treibstoffmangel verursachter Strom- und Kommunikationsausfall, nachdem eine erste Treibstofflieferung aus Ägypten im Gazastreifen eintraf. Das israelische Kriegskabinett hatte am Freitag beschlossen, täglich zwei Tankwagen zuzulassen.

Israel hatte bislang Treibstofflieferungen in den Gazastreifen verhindert aus Angst, dass die Hamas diese umleiten und für militärische Zwecke nutzen könnte. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNRWA) willigte Israel ein, ab Samstag täglich 60.000 Liter Treibstoff aus Ägypten in den Gazastreifen liefern zu lassen. Das sei jedoch nur wenig mehr als ein Drittel dessen, was zum Betrieb von Krankenhäusern sowie von Wasser- und Sanitäreinrichtungen nötig sei.

Nach UNRWA-Angaben haben 70 Prozent der Bewohner im Süden des Gazastreifens keinen Zugang zu sauberem Wasser, Abwässer fließen bereits über die Straßen. Der Strom- und Kommunikationsausfall hatte zudem die Hilfslieferungen für die 2,4 Millionen im Gazastreifen eingeschossenen Menschen stark behindert.

Der Krieg hatte am 7. Oktober begonnen, als hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eindrangen und Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübten. Rund 1200 Menschen in Israel wurden nach israelischen Angaben getötet, zudem wurden etwa 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Angriff der Hamas begann Israel mit massiven Angriffen auf Ziele im Gazastreifen, inzwischen sind auch Bodentruppen in das Gebiet eingerückt. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit Beginn der Angriffe rund 12.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

oer/gt