„Troll-Diplomatie“ an der EU-Spitze - Ungarns Ratspräsidentschaft sorgt für Unmut in Europa
Ungarns Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union sorgte bereits in den ersten knapp zwei Monaten für einige Kontroversen. Viktor Orbán will das Bündnis nach seiner Vision umgestalten.
Seit dem 1. Juli hält Ungarn unter der Führung Viktor Orbáns die Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union. Doch schon in den ersten Wochen sorgt diese für anhaltende Spannungen. Laut der Nachrichtenagentur „Associated Press (AP)“ hat Orbán, seitdem er das Amt übernommen hat, die Europäische Union durch seine außenpolitischen Aktionen maßgeblich provoziert.
So reist Orbán trotz des Ukraine-Krieges nach Moskau und pflegt seine Beziehungen mit Wladimir Putin. Ebenso sucht er die Nähe Chinas, das von der EU zunehmend als systemischer Rivale angesehen wird.
Ungarns „Troll-Diplomatie“ provoziert Unmut innerhalb der EU
Péter Krekó vom Center for European Policy Analysis beschrieb die bisherige Amtszeit Orbáns „AP“ zufolge als „Troll-Diplomatie“, die nur darauf abzielt, die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder weiter zu erzürnen. Passend dazu auch sein selbstgewähltes Motto „Make Europe Great Again“, in Anlehnung an Donald Trumps berühmten Slogan.
Diese provokative Haltung führt zu zunehmender Unzufriedenheit innerhalb der EU. Deshalb wurde laut „AP“ auch das Prestigeträchtige Treffen der Außenminister von Budapest nach Brüssel verlegt. Einige Mitgliedstaaten senden Beamten zufolge als Zeichen ihres Missfallens nur noch Bürokraten anstelle von Ministern zu Treffen in Ungarn, berichtet die Nachrichtenagentur.
Orbán strebt Reform der EU nach eigenen Visionen an
Orbán wird vorgeworfen, demokratische Institutionen in Ungarn zu demontieren und gegen die Rechtsstaatlichkeit zu verstoßen. Er selbst wiederum behauptet, die EU versuche, die Prinzipien des Nationalstaats abzuschaffen und eine multikulturelle Gesellschaft zu etablieren, die die christlichen Wurzeln Europas untergraben soll.
Der ungarische Ministerpräsident hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, nicht aus der EU auszutreten, sondern sie nach seinen Vorstellungen umzugestalten. „Wir müssen tiefer gehen, Positionen besetzen, Verbündete sammeln und die Europäische Union reparieren“, sagte er laut „Politico“ in einem Interview Ende letzten Jahres.
Denkfabrik spielt zentrale Rolle
Eine zentrale Rolle in Orbáns Strategie spielt „Politico“ zufolge das Mathias Corvinus Collegium (MCC), eine von Orbán unterstützte Denkfabrik. Diese eröffnete 2022 eine Niederlassung in Brüssel und bietet eine konservative Perspektive auf EU-Angelegenheiten. Ziel ist es, den Zeitgeist in Brüssel zu beeinflussen und die nächste Generation von ungarischen Führungskräften auszubilden.