Verliert Trump seinen einsamen Kampf um die Kohle?

Präsidentschaftskandidat Donald Trump trägt bei einer Kundgebung in Charleston am 5. Mai 2016 einen Sicherheitshelm, um Solidarität mit den Bergleuten zu demonstrieren. (Foto: Mark Lyons / Getty Images)
Präsidentschaftskandidat Donald Trump trägt bei einer Kundgebung in Charleston am 5. Mai 2016 einen Sicherheitshelm, um Solidarität mit den Bergleuten zu demonstrieren. (Foto: Mark Lyons / Getty Images)

Bei einer Wahlkundgebung am 5. Mai 2016 in Charleston (West Virginia) setzte Donald Trump einen Sicherheitshelm auf. Als das Publikum jubelte, gab er zwei Daumen nach oben und machte dann eine typische Bewegung des Kohlegrabens – der Bergbau ist in West Virginia seit mehr als einem Jahrhundert die wichtigste Einnahmequelle.

Seine Gegnerin Hillary Clinton hatte kurz davor in einer ungeschickten Antwort auf die Frage, wie man den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen gestalten wolle, gesagt, dass “viele Bergarbeiter und Kohleunternehmen” entlassen werden oder ihr Geschäft verlieren würden. Trump versprach das Gegenteil. “Macht euch bereit, weil ihr euch die Ärsche abarbeiten werdet”, sagte er.

Trump hat sich als Präsident sehr darum bemüht, der Kohle die Bedeutung zurückzugeben, die sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte. Aber weder Politiker noch Energieunternehmen folgen seinem Beispiel.

Trumps Berater gibt sich ungewiss

Myron Ebell, Befürworter fossiler Brennstoffe und Berater Trumps in Energie- und Umweltfragen, sagt, “Ich habe keine Ahnung, ob Kohle eine Auferstehung feiern wird”. Ebell sagt, er rechne mit einem “baldigen Tiefstand” bei Kohle, aber auch damit, dass sie in einigen Jahren zurückkehren könnte.

Die Trump-Administration war darauf bedacht, genau das zu verhindern. Sie entschied sich dafür, den von der Obama-Regierung eingeführten “Clean Power Plan” durch das “Affordable Clean Energy”-Gesetz zu ersetzen, das die Emissionsstandards für bestehende Kraftwerke erheblich lockern sollte.

In einem weiteren deregulierenden Manöver hat die Umweltbehörde EPA auch die Anforderung fallen gelassen, dass neue Kraftwerke unter Einsatz der sogenannten “Carbon Capture”-Technologie gebaut werden müssten, die die Emissionen reduzieren soll. Trumps häufig genutzte Phrase der “schönen, sauberen Kohle” hatte davor den Eindruck vermittelt, dass er die “Carbon Capture”-Technologie befürworte – Energieunternehmen haben nun jedoch wenig Anreiz, diese zu nutzen.

Foto: Tyler Evert / AP
Foto: Tyler Evert / AP

Dieser Vorstoß fiel in dieselbe Woche, in der der US-Senat Bernard McNamee zum neuen Energiekommissar ernannte. McNamee ist ein konservativer Aktivist, der sich für die weitere Nutzung fossiler Brennstoffe einsetzt. Die amerikanische Delegation verteidigte diesen Standpunkt beim Klimagipfel der Vereinten Nationen in Kattowitz mit dem Argument, dass sie weiterhin auf fossile Brennstoffe angewiesen seien.

Die Branche hat bisher jedoch von ihrem energetischen Unterstützer im Oval Office noch nicht profitiert. Laut eines leitenden Analysten der US Energy Information Administration deuten die Trends auf einen “anhaltenden Rückgang von Kohle im Energiesektor” hin. Im Jahr 2018 wurden landesweit elf Kraftwerke stillgelegt. Diese Anlagen werden größtenteils durch erneuerbare Energiequellen ersetzt. Der Analytiker konnte nur auf ein neues Kohlekraftwerk verweisen, das vielleicht bald in Betrieb genommen wird: eine “sehr kleine” 17-Megawatt-Anlage auf dem Campus der University of Alaska in Fairbanks. Dieses Projekt begann 2014 unter der Obama-Regierung.

Nur zwei neue Kraftwerke im Bau

Der Analyst der US-amerikanischen Energy Information Administration – der nur anonym sprechen wollte – sagte, ein Kohlekraftwerk werde in Wyoming gebaut. Ein Kohlekraftwerk in Georgia habe die Genehmigung erhalten, aber der Bau hat noch nicht begonnen. Dem Energieanalysten waren in den USA keine weiteren Kohleprojekte bekannt.

“Seine Bemühungen, die Kohleindustrie wiederzubeleben, sind zum Scheitern verurteilt”, sagt Mary Anne Hitt von Beyond Coal über die Maßnahmen von Präsident Trump. Sie ist der Ansicht, dass erneuerbare Energien billiger und sauberer seien als Kohle. Hitt nennt Kohle “einen großen Verlierer auf dem Markt, der am Pranger der öffentlichen Meinung steht”. Sie merkt außerdem an, dass nicht die Regierung, sondern Behörden auf Ebene der Bundesstaaten und Gemeinden Energieentscheidungen treffen.

Und diese Entscheidungen beinhalten zunehmend die Schließung von Kohlekraftwerken. Im Norden des Bundesstaates Indiana gab NIPSCO – dessen Muttergesellschaft NiSource Versorgungsunternehmen in sieben Bundesstaaten betreibt – vor kurzem die Schließung seiner beiden Kohlekraftwerke in diesem Bundesstaat bekannt, da das Unternehmen auf ein Portfolio erneuerbarer Energien umstellt. In Colorado hat Xcel Energy versprochen, bis 2050 den gesamten Strom aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen.

Die Turbinen von Rush Creek und Transmission von Xcel Energy in Matheson, Colorado, vereinen Landwirtschaft und Technologie im größten einphasigen Windpark der USA. (Foto: Joe Amon / Denver Post über Getty Images)
Die Turbinen von Rush Creek und Transmission von Xcel Energy in Matheson, Colorado, vereinen Landwirtschaft und Technologie im größten einphasigen Windpark der USA. (Foto: Joe Amon / Denver Post über Getty Images)

Ausschlaggebend für Nipsco war der Preis erneuerbarer Energien, erklärte Unternehmenssprecher Nick Meyer. Er sagte Yahoo Nachrichten, dass einige Kunden von der Entscheidung des Unternehmens, Kohle aus seinem Portfolio zu streichen, “überrascht” gewesen seien. “Im Wesentlichen haben wir jedoch viel Akzeptanz und Begeisterung für die Zukunft gesehen”.

Der Präsident teilt diese Begeisterung nicht. Wenn überhaupt, haben er und seine Verbündeten versucht, sie zu dämpfen, indem sie argumentierten, dass erneuerbare Energiequellen nicht zuverlässig seien und einfach einen zu kleinen Teil des Energiesektors darstellen würden. Rund 17 Prozent der nationalen Stromversorgung stammt derzeit aus erneuerbaren Quellen.

Regierung sendet “falsche Botschaft”

Befürworter erneuerbarer Energiequellen sagen, dass dieser Anteil nur dann wachsen wird, wenn die Regierung bereit ist, zu helfen. Die Trump-Regierung würde die “falsche Botschaft” senden, dass “Kohle ein praktikabler, zukunftsweisender Rohstoff für die Stromerzeugung ist”, klagt Nicole Cantello, Vertrauensperson der American Federation of Government Employees und EPA-Anwältin in Chicago. “Niemand baut neue Kohlekraftwerke”, fügt sie hinzu. “Diese Regierung weiß das.”

Sogar Erdgas, das vor kurzem noch als eine Art Retter des Energiesektors angesehen wurde, verliert gegenüber den erneuerbaren Quellen an Bedeutung. Im vergangenen Frühjahr sagten die regionalen Behörden in Arizona, dass in den nächsten neun Monaten keine neuen Gasanlagen in dem Bundesstaat gebaut werden könnten – dies deutet darauf hin, dass die Zukunft des Staates im Energiebereich auf Solaranlagen beruhen wird. Die Regulierungsbehörde, die diese Entscheidung getroffen hat, besteht aus fünf Republikanern.

Das Kohlekraftwerk von Dave Johnson in Glenrock, Wyoming, am 27. Juli 2018. (Foto: J. David Ake / AP)
Das Kohlekraftwerk von Dave Johnson in Glenrock, Wyoming, am 27. Juli 2018. (Foto: J. David Ake / AP)

Michelle Bloodworth, Präsidentin der Kohlelobby America ‘s Power, besteht darauf, dass die Berichte über den Tod der Kohle übertrieben sind: “Kohle wird voraussichtlich eine wichtige Stromquelle bleiben”, schrieb sie in einer E-Mail. “America´s Power freut sich darauf, 2019 mit den führenden Energielieferanten auf Bundes- und Staatsebene zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass stoffsichere Ressourcen wie Kohle das Stromnetz zuverlässiger und belastbarer machen.”

Ebell stimmt zu, dass die Lockerung der Vorschriften dazu führen könnte, dass neue Kohlekraftwerke gebaut werden, insbesondere, “wenn sich die Aufregung um die globale Erwärmung legt”. Er meint, dass die Kohleindustrie auch von der Rücknahme der Quecksilber- und Luftverschmutzungs-Norm profitieren könnte. Diese wurde von der Obama-Regierung im Jahr 2011 eingeführt, um die Luftverschmutzung durch die Kohleverbrennung einzudämmen. Die Regulierung wird derzeit von der Trump-Administration überprüft.

Alexander Nazaryan