Tuchel nach dem Pokalfinale: Und er soll jetzt gehen?

Gemeinsam feierten der Trainer und sein Superstar den Sieg des DFB-Pokals.
Gemeinsam feierten der Trainer und sein Superstar den Sieg des DFB-Pokals.

Nach fünf titellosen Jahren hat der BVB wieder einen Pokal geholt. Hauptverantwortlicher ist Thomas Tuchel, der eine blutjunge Truppe zu einem funktionierenden Ganzen geformt hat. Die Chefetage des Clubs muss nun schnellstmöglich seinen Frieden mit dem kratzbürstigen Top-Trainer machen. Denn: Tuchel ist der beste Mann für den Job.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Thomas Tuchel den wartenden Journalisten stellte. Kein Wunder, sein BVB hatte gerade den ersten Titel seit fünf Jahren gewonnen und hatte die Party danach im Sinn und keine Reporterfragen. Letztlich erbarmte sich der Dortmunder Trainer als einer der Ersten und gab einen abschließenden Einblick in das Seelenleben eines Übungsleiters, der eine Saison mit der emotionalen Bandbreite von vier Spielzeiten hinter sich gebracht hatte. „Komplett leer“, wie Tuchel es beschrieb, ist dann auch die passende Empfindung.

Höhen und Tiefen gehören zur Saison eines europäischen Spitzenclubs dazu, daran müssen sich die Herren in München, Madrid, Turin und eben auch in Dortmund mittlerweile gewöhnt haben. Nur, dass „Höhen und Tiefen“ nicht treffend umschreibt, wie die Saison des BVB verlaufen ist. Eine Spielzeit weit außerhalb der Norm Neuaufbau, Anschlag, interne Querelen. Schon so verkürzt beschrieben, ist klar, dass die Spielzeit der Schwarz-Gelben weit außerhalb der Norm verlaufen ist.


Die Dortmunder hatten eine durch und durch extreme Saison, „auf und neben dem Platz“, wie Roman Bürki es treffend beschrieb. Und sie krönten die Saison trotz aller Umstände mit einem Titel. Das ist, unter Betrachtung aller Begleitumstände, außergewöhnlich. Und maßgeblichen Anteil daran hat Thomas Tuchel.

Dieser Spagat wäre nur ganz wenigen Trainern gelungen

Eine so junge Truppe nach den traumatischen Erlebnissen vor dem Monaco-Spiel wieder in die Spur zu bringen? Stark. Ihnen in entscheidenden KO-Spielen gegen die Bayern und die Eintracht die nötige Leidenschaft einzuimpfen, um siegreich vom Platz zu gehen? Außergewöhnlich. Und obendrein noch einen massiven Streit hinter den Kulissen austragen zu müssen, ohne dabei in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche zu waschen? Dieser Spagat wäre nur ganz, ganz wenigen Trainern auf der Welt gelungen.

Unabhängig von der Tiefe des Zerwürfnisses hat Thomas Tuchel in den letzten Wochen und Monaten bewiesen, dass er nicht nur ein extrem guter Trainer ist, sondern auch ein extrem guter Trainer für den BVB. Seine fachliche Kompetenz ist unumstritten, nun scheint der 43-Jährige auch menschlich einen großen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Vielleicht vertraut ihm nicht das gesamte Team gleichermaßen, aber viele tun es, das hat Roman Bürki nach dem Pokalfinale klar gemacht. Und dass in der Mannschaft ein potentieller Champions League-Sieger schlummert, ist zu erkennen. Und zwar nicht trotz, sondern wegen Tuchel.

Watzke und Zorc brauchen das Korrektiv, das Team ihren Trainer

Zu den Streitereien der vergangenen Monate gehören immer zwei Parteien, klare Schuldzuweisungen sind unsinnig. Sie sind auch nicht zielführend. Denn: Die Chefetage des Clubs muss so oder so schnellstmöglich seinen Frieden mit dem kratzbürstigen Trainer machen. Einen Besseren werden sie nicht finden. Watzke und Zorc brauchen ein Korrektiv für ihre Eigenarten, einen Streitpartner, mit dem es auch mal unangenehm werden kann, ohne dass man sich direkt den Kopf abreißt. Und das junge Team braucht seinen Trainer. Beides kann Tuchel liefern. Vielleicht sogar nur er.