Tugce-Prozess: Kommt Sanel M. schon nach 11 Monaten wieder frei?

Sanel M. soll das Urteil regungslos entgegengenommen haben.

Drei Jahre Haft – so lautet das Urteil gegen Sanel M., der Tugce Albayrak im November vergangenen Jahres so heftig schlug, dass sie ins Koma fiel und schließlich starb. Doch wie es aussieht, muss der 18-Jährige vielleicht gar nicht die vollen 36 Monate hinter Gittern absitzen. Wie unter anderem "Bild" berichtet, werden Sanel M. zum einen die sieben Monate angerechnet, die er bereits in Untersuchungshaft verbracht hat – zum anderen könnte es ihm zugutekommen, dass normalerweise nach der Hälfte einer Haftstrafe geprüft wird, ob ein Täter aufgrund guter Führung bereits vorzeitig aus der Haft entlassen werden kann. Könnte Sanel M. demnach bereits nach elf Monaten wieder auf freiem Fuß sein?

"Ob das in diesem Fall auch so ist, wage ich aber zu bezweifeln, da der Fall zu populär ist", erklärt ein Frankfurter Strafrechtsexperte im Gespräch mit "Bild". Er gehe davon aus, dass eine vorzeitige Haftentlassung frühestens nach zwei Dritteln der Gefängnisstrafe in Betracht gezogen werde – also nach 17 Monaten. "Wenn er sich vorbildlich verhält."

Einigen Familienmitgliedern von Tugce Albayrak waren aber weder elf noch 17 oder 36 Monate Haft genug. Sie hätten sich eine viel höhere Strafe erhofft: "Fünf bis acht Jahre Haft – mindestens", so ein Onkel und eine Tante gegenüber "Focus Online". Sie hatten den Gerichtssaal nach der Urteilsverkündung verlassen, aus Schock über ein so "mildes" Strafmaß. Vor dem Gerichtsgebäude in Darmstadt sorgte außerdem ein im Auto vorbeifahrender junger Mann für Aufsehen. "Nur drei Jahre, ihr Wichser, nur drei Jahre!", soll er gerufen haben. Doch nicht nur dieser Autofahrer verhielt sich respektlos. Eine Angehörige von Sanel M. soll auf ein Mahnmal für die Studentin gespuckt und sogar Kerzen ausgetreten haben.

Zumindest solch hämisches Verhalten hat sich Sanel M. im Laufe der Gerichtsverhandlungen nie erlaubt. Die zwei Gelegenheiten, bei denen er das Wort ergriff, nutzte er, um seine Reue auszudrücken – gegenüber Tugce und ihrer Familie.