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Wie ein TV-Beben die Box-Welt durcheinander wirbelt

Die Box-Welt wird momentan kräftig durcheinander gewirbelt

Man stelle sich mal vor: Die Tagesschau würde nicht mehr im Ersten gezeigt, weil sich die ARD aus dem Nachrichten-Geschäft zurückzöge.

Oder der Tatort ermittelte auf einmal nur noch im Pay-TV, denn dort liegt einfach größeres Rendite- und Vermarktungspotenzial.

Zugegeben, die Vergleiche mögen etwas hinken. Doch erfassen sie ein wenig die Dimension, die aktuell ein TV-Beben in den USA auslöst – und damit die Box-Welt gehörig durcheinander wirbelt.

HBO: Ende einer Box-Ära nach 45 Jahren

Denn: Nach 45 Jahren zieht sich der amerikanische Sender HBO aus dem Box-Business komplett zurück. Der weltgrößte Box-Sender hat den Knockout für seine Box-Übertragungen gegen Ende des Jahres verkündet, am 27. Oktober findet die letzte Box-Nacht statt.

"Boxen zählte über Jahrzehnte zu unserem 'Erbe'. Während dieser Zeit hat der Sport einen Wandel durchgemacht. Jetzt ist er weit verbreitet und über verschiedene Netzwerke und Streaming-Dienstleister verfügbar", so HBO in einer offiziellen Erklärung.

"Es gibt jetzt mehr Boxen als jemals zuvor im Fernsehen. In manchen Fällen ist das Programm auch gut, aber vom Entertainmentfaktor her betrachtet, ist es nicht mehr einzigartig", heißt es weiter.

SPORT1 zeigt dieses Jahr 20 Kampfabende live im Free-TV, unter anderem mit Arthur Abraham und Vincent Feigenbutz.

Schleichendes Ende bei HBO

Schluss, Aus, vorbei also: Die größten Fights des Planeten wie einst eines Muhammad Ali, George Foreman, Mike Tyson, Floyd Mayweather, Sugar Ray Leonard oder gar auch Wladimir Klitschko flimmern nun gänzlich woanders.

Das Ende der HBO-Ära nach fast einem halben Jahrhundert, die ihren Anfang 1973 im jamaikanischen Kingston nahm, als Foreman in der zweiten Runde Joe Frazier in den Ringstaub schickte, klingt traurig und hart.

Und doch kommt es keineswegs überraschend. Schließlich wurde der Markt um das Multimillionen-Business Boxen in den vergangenen Jahren immer stärker umkämpft.

Neben dem ebenfalls aus den USA stammenden Sender und HBO-Dauerrivalen Showtime übertrug dabei auch ESPN hochkarätige Boxevents, etablierte zudem einen Streaming-Dienst.

Streaming-Dienst DAZN erobert den Markt

Und Stichwort Streaming: In die Bredouille gebracht wurde HBO nicht zuletzt auch durch DAZN.

Das erst seit August 2016 betriebene Portal der britischen Perform Group hat sich zahlreiche Rechte am Kampfsport-Markt gesichert.

Für eine monatliche Gebühr von gerade einmal 9,99 Euro bzw. Dollar wird den Kunden eine große Event-Vielzahl im Stream angeboten wie kürzlich auch der WM-Fight zwischen Anthony Joshua und Alexander Povetkin.

Erst kürzlich verkündete das Unternehmen, sich auch die Übertragungsrechte der nächsten elf Kämpfe von Mexikos Box-Star Saul "Canelo" Alvarez gesichert zu haben. Laut ESPN sei die Vereinbarung mit mindestens 365 Millionen US-Dollar dotiert.

Und: Durch den milliardenschweren Acht-Jahre-Deal mit Box-Promoter Matchroom Boxing um dessen Boss Eddie Hearn hat DAZN seine Marktposition kürzlich noch weiter ausgebaut.

Zum Vergleich: Pay-per-View-Kämpfe auf HBO kosten teilweise bis zu 100 US-Dollar.

Mega-Potenzial – siehe Mayweather vs. McGregor

Welches Potenzial Boxen bei den Usern und Konsumenten hat, zeigte auch im vergangenen August die Resonanz auf den Mega-Fight Floyd Mayweather gegen Conor McGregor. Branchenkennern zufolge avancierte der Kampf zum damaligen Zeitpunkt zur meistgesehenen DAZN-Sendung.

Die Erfolgsstory fortgeschrieben werden wurde in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober, als beim bisher spektakulärsten MMA-Kampf des Jahres Khabib Nurmagomedov auf UFC-Superstar Conor McGregor traf.

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Was wird aus Golovkin und Co.?

Allerdings gibt es auch unter den Athleten viele Verlierer angesichts des HBO-Niedergangs im Kampfsport.

Unter anderem Gennady Golovkin, Jaime Munguia, Dmitry Bivol, Sergey Kovalev, Daniel Jacobs, Roman Gonzalez, Srisaket Sor Rungvisai und Rey Vargas müssen sich nun nach einem neuen Sender umschauen.

HBO sucht unterdessen nach der Zukunft. "Unsere Mission bei HBO Sports ist es, die Marke in den Vordergrund zu stellen. Wir suchen nach TV-Projekten, die hoch gehandelt, hoch frequentiert und sehr anspruchsvoll in ihren Geschichten die sie erzählen und der Qualität der dahinterstehenden Produktion sind", hieß es.

Am 27. Oktober zeigt HBO noch die vakante IBF-Weltmeisterschaft im Mittelgewicht zwischen Danny Jacobs und Sergiy Derevyanchenko, mit der ebenfalls vakanten WBO-WM im Federgewicht der Frauen zwischen Heather Hardy und Shelly Vincent sowie Superfedergewichts-WBA-WM zwischen Alberto Machado gegen Yuandale Evans.

HBO lässt sich Hintertürchen offen

Dann fällt der Vorhang, wenngleich man sich ein Hintertürchen offen lässt.

"Wir bleiben wie immer offen für Events, die zu unserem Programm-Mix passen. Das kann natürlich auch Boxen betreffen, allerdings nicht in absehbarer Zukunft. Wir sind den vielen mutigen Kämpfern, deren Karrieren wir begleitet haben, zu tiefem Dank verpflichtet", so HBO.

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