TV-Doku zeigt: Deshalb ist Bürgergeld für Alleinerziehende "nicht gerecht"

Trotz ihres stressigen Berufsalltags versucht die alleinerziehende Witwe Janine so viel Zeit wie möglich mit ihrer Tochter Lisette zu verbingen.  (Bild: ZDF/Florian Stege)
Trotz ihres stressigen Berufsalltags versucht die alleinerziehende Witwe Janine so viel Zeit wie möglich mit ihrer Tochter Lisette zu verbingen. (Bild: ZDF/Florian Stege)

Zahlreiche alleinerziehende Mütter in Deutschland leben unterhalb der Armutschwelle. Wie hart sich der Alltag für die Frauen gestaltet, ist nun im ZDF zu sehen. Deutlich wird dabei vor allem eines: Es fehlt an Unterstützung - auch durch den Staat.

Mehr als 40 Prozent der 2,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: "Alleinerziehend ist anstrengend, weil man 24/7 komplett alleine für alles zuständig ist. Ob man krank ist, ob man kann, ob man nicht kann - man muss den ganzen Tag durchstehen", weiß Cindy aus Oldenburg. Die 45-Jährige gewährt in der ZDF-Doku "Eine für alles: Armutsrisiko alleinerziehender Mütter" (Dienstag, 20. August, 22.15 Uhr, im ZDF und vorab in der ZDFmediathek) einen Einblick in ihren meist von Sorgen geprägten Alltag.

Cindy hat vier Söhne, deren Betreuung viel Zeit in Anspruch nimmt. Kapazitäten für einen Beruf bleiben da nicht übrig. Also führt Cindy penible Haushaltsbücher, spart Geld ein, wo sie nur kann: Anstelle ihr Auto reparieren zu lassen, erledigt sie die Wege des täglichen Lebens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. "Bei Armut ist es halt so: Es geht nur dies oder das. Und da muss man eben halt wieder an anderen Ecken sparen", erklärt sie im Film. Jeden Monat gehe es ums "Überleben": "Das Wichtigste ist abgedeckt. Mehr geht halt nicht." Cindy träumt davon, wieder unabhängig zu sein und arbeiten zu gehen. Doch schon jetzt steht sie vor der totalen Erschöpfung.

Hilfe holt sie sich bei einer Sozialarbeiterin. Im Gespräch mit ihr bricht Cindy in Tränen aus: "Belastend ist eigentlich dieses ganze Umfeld. Diese Kämpfe, die man bei Institutionen hat, teilweise auch bei Schulen. Das ist sehr belastend." Auch die Sozialpädagogin Daniela Wirt weiß, wie groß die Überforderung bei vielen alleinerziehenden Müttern ist. "Wenn kein anderer Elternteil da ist, kann man diesen Spagat zwischen Erwerbstätigkeit, Alltag, Haushalt und Kinderbetreuung nicht auf zwei Schultern packen. Das sind ganz andere Lebensumstände als in Haushalten, wo man die Themen zu zweit bewegen kann."

Als alleinerziehende Mutter von vier Kindern versucht Cindy so viel Geld zu sparen wie nur möglich. (Bild: ZDF/Roman Pawlowski)
Als alleinerziehende Mutter von vier Kindern versucht Cindy so viel Geld zu sparen wie nur möglich. (Bild: ZDF/Roman Pawlowski)

 

Auch die 33-jährige Janine kann ein Lied von den zahlreichen Herausforderungen singen, die der Alltag als Alleinerziehende mit sich bringt. Im April 2022 ereilte sie ein schweres Schicksal: Damals verlor sie ihren Mann, der an einer Lungenembolie starb. Für ihre inzwischen knapp dreijährige gemeinsame Tochter Lisette kämpft sie seither um jeden Euro, den sie durch Witwen- und Waisenrente bekommen könnte. Doch es reicht hinten und vorne nicht: Janine muss jeden Cent mehrfach umdrehen.

"Arm in Deutschland zu sein, bedeutet, weniger Geld als Monat übrigzuhaben", erklärt sie. Kleidung für ihre Tochter näht sie meist selbst; sogar den geliebten Familienhund musste sie nach neun gemeinsamen Jahren aus Mangel an Geld und Zeit abgeben. "Es macht mich traurig, weil es auch noch so ein letztes Stück von meinem Mann war. Es ist auch schwierig, meiner Tochter zu erklären, dass wir die Emma abgegeben haben."

Cindy (links) findet beim Verband der Alleinerziehenden vielfältige Unterstützung. (Bild: ZDF/Florian Stege)
Cindy (links) findet beim Verband der Alleinerziehenden vielfältige Unterstützung. (Bild: ZDF/Florian Stege)

 

Zeit für die Betreuung des Hundes fehlt Janine vor allem, weil sie vor Kurzem eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen hat. Ohne einen Platz zur Ganztagsbetreuung für ihre Tochter wäre das nicht möglich gewesen. Im Kindergarten verdient Janine nun etwas mehr als 1.000 Euro im Monat; mit Witwenrente und anderen Sozialleistungen stehen ihr monatlich 2.350 Euro monatlich zur Verfügung.

Wie zahlreiche weitere alleinerziehende Mütter muss Janine regelmäßig das Jobcenter in ihrem Heimatort Kaiserslautern aufsuchen. Dessen Geschäftsführerin Edeltraud Nikodemus weiß: "Das braucht man überhaupt nicht schönreden. Die Leistungen des Bürgergeldes sind dafür da, die besondere Situation des Lebens individuell zu unterstützen." Das Problem: "Wenn ich etwas pauschal gewähre, ist es leichter zu beantragen und auch leichter für uns zu bewilligen. Allerdings ist es nicht unbedingt gerecht." Denn eine Pauschale bedeute eben auch, "wenn jemand einen geringen Mehrbedarf hätte, dass der pauschaliert runtergerechnet wird. Das ist die Krux an der Sache."