TV-Kolumne - Bürokratie-Abbau in Deutschland: Warum die Ampel-Regierung hier versagt
Haben Sie schon mal einen Bauantrag gestellt? Angeblich ist das total digital. In Wahrheit werden die Papier-Aktenberge immer höher. Unsere Politiker versprechen viel – und halten immer weniger ein. Ein Einblick in den Wahnsinn. Und ein spektakulärer Rücktritt.
Beginnen wir mit einem Scherz: Treffen sich zwei Beamte auf dem Gang. Der eine zum anderen: Kannst du auch nicht schlafen? Es erzählt diesen Scherz Conny From The Block. Die Comedienne macht solche Witze nicht ohne Grund. Sie hat früher beim Bezirksamt Berlin-Neukölln gearbeitet – und gelernt: „Wir regulieren uns tot. Wir sind immer ein paar Jahre hinterher.“ Und, auch das, es sind nicht immer die motiviertesten Menschen, die im Öffentlichen Dienst anzutreffen sind.
Bürokratie-Abbau? Die Papierberge werden tatsächlich immer größer
Gelegenheitsverkehr? Lebensberechtigungsbescheinigung? Badischer Aktenstecher? Gibt es alles bei unseren Behörden. Die ARD zeigt es in der Reportage „Erdrückende Papierflut – Von Bürokratiemonstern, Überregulierungen und Schnappatmung“. Es ist ein Einblick in den Wahnsinn. Und vieles von diesem Wahnsinn hat unsere Ampel-Regierung nicht verändert, nein: noch verschlimmert. Dabei war der Bürokratieabbau ein großes Wahlversprechen von SPD, Grünen und FDP.
So etwa auch die verminderte Dauer der Genehmigungsverfahren in Deutschland. Diese hat sich in den vergangenen Jahren indes sogar verdoppelt, 2023 war der bisherige Höhepunkt. Aber das erzählt die Regierung nicht so gerne. Vielmehr wird beteuert, dass ganz viele Pläne und Gesetze umgesetzt wurden.
Landrat Dirk Neubauer ist zurückgetreten – mit Kritik an der „Amtsabsicherung“
Der parteilose Dirk Neubauer ist Landrat von Mittelsachsen. Er fiel immer wieder auf durch klare Ansagen. Zum Beispiel sagt er im ARD-Film: „Bürokratieabbau – das ist ein Joke, oder?“ Schnellerer Ausbau von Windkraftanlagen: Klappt leider nicht wegen der Bürokratie. 2030 soll, laut Ampel-Regierung, 80 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie gewonnen sein. Neubauer kann da nur den Kopf schütteln. Jedes Windrad werde einzeln geprüft in einem Windpark, nicht etwa die ganze Anlage zusammen. „Das ist das Gegenteil von Fortschritt!“ Er sagt im ARD-Beitrag auch: „Wir sind nicht in der Lage, unsere Probleme zu lösen. Wir kommen nicht vorwärts.“ Er prangert damit auch die Politiker an. Oft gehe es ihnen um die bloße „Amtsabsicherung“. Heißt: „Wenn Sie den Leuten erzählen, was die hören wollen, dann sind Sie sicher.“ Er sagt dann noch: „Ich denke, ich höre auf.“
Das hat er am Dienstagnachmittag auch überraschend vollzogen und seinen Rücktritt erklärt: „Ich bin in den letzten Monaten zu der Erkenntnis gekommen, dass das für mich hier keinen Sinn mehr macht.“ Er kritisierte unter anderem Landes- und Bundespolitik bei seinem Rückzug vom Amt, nannte aber vor allem Bedrohungen gegen sich als Grund.
Der Bürger stellt einen Online-Antrag, den die Behörde dann ausdruckt
Der Irrsinn lässt sich im ARD-Beitrag verfolgen: Man kann in Deutschland einen Bauantrag online erledigen. Deshalb pocht die Regierung ja auch darauf, dass man einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung vorangekommen ist. Von wegen, nur das erzählt uns die Ampel nicht: Wer einen Bauantrag digital einreicht, muss drei Papieranträge physisch nachreichen.
Und auch das ist ein schlechter Witz: Wenn ein Online-Antrag bei einer Behörde eingeht, wird dieser ausgedruckt und die Daten daraus wieder in eine Software eingetippt. Kein Wunder, dass ein Land wie Estland nur schmunzeln kann über dieses Deutschland. Noch-Politiker Neubauer resümiert: „Es ist eine Schein-Digitalisierung.“ Nur ein Viertel der verfügbaren digitalen Behördenleistungen sind bislang umgesetzt. Sieben Jahren sind seit der entsprechenden Gesetzgebung vergangen.
Unternehmen kehren Standort Deutschland den Rücken – weil alles immer schleppender wird
Wen wundert’s, dass viele Unternehmen nicht mehr am Standort Deutschland investieren möchten – wegen der Bürokratie. Regulierungswut und Papierflut seien schlimmer als die hohen Steuern in Deutschland, sagen manche Firmenlenker. Denn: Jeder Einzelfall wird geregelt mit zum Teil sich widersprechenden Gesetzen.
Bleibt noch ein Vermittler bei der Agentur für Arbeit. Dieser erzählt in der TV-Reportage, dass Arbeitssuchenden oft völlig unsinnige Maßnahmen angedient werden, Hauptsache die Statistik stimmt. Mit Sinnhaftigkeit habe das nichts mehr zu tun. Und auch das: „Ich habe meinen Chef öfter im Fernsehen gesehen als bei uns im Büro.“