TV-Kolumne „Caren Miosga“ - Als Nouripour über Grünen-Strippenzieher Habeck spricht, sieht man ihm sein Leiden an
Wurde die Grünen-Spitze von Robert Habeck rausgeworfen? Bei „Caren Miosga“ tritt Omid Nouripour an, um aufzuklären. Doch der leidende und loyale Politiker singt sich seinen Rücktritt schön – und steht damit für den Niedergang der Partei.
Im Video: Miosga piesackt Lauterbach mit altem Zitat – der SPD-Mann gerät ins Schlingern
Wer die Presse und die sozialen Medien seit Mittwoch vergangener Woche verfolgt, erlebt ein sonderbares Spektakel. Omid Nouripour und Ricarda Lang sind am Mittwoch als Parteichefs der Grünen zurückgetreten.
Sie sagen, sie wollen Verantwortung übernehmen für die schlechten Ergebnisse bei der Europawahl und den Wahlen im Osten. Sie wollen den Weg freimachen für neue, kluge Köpfe. Bei der Pressekonferenz wirkte Lang versteinert und Nouripour angefasst. Seine Stimme brüchig, um Luft bemüht. Ein leidender Mann.
Die Grünen-Chefs sind weg: Kommt jetzt das Bündnis Robert Habeck?
Als wäre das nicht bitter genug, mehren sich nun Spekulationen,
dass Vizekanzler Robert Habeck höchstselbst den grünen Strom-Stecker gezogen habe. Heizungsaustausch!
Der Mann, den Friedrich Merz gerade abfällig „Kinderbuchautor“ genannt hat, will Kanzler werden. Also erst mal Kanzlerkandidat für die Grünen. Habeck kann keine miesen Umfragen vom Volk gebrauchen, keine Quertreiber innerhalb der eigenen Partei.
Also auch keinen, der von der Ampel-Regierung im TV-Interview als „Übergangskoalition“ redet. Also keinen Omid Nouripour. Schon spottet die Presse – analog zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – vom „BRH, dem Bündnis Robert Habeck“. Oder den „Bündnis 90/Der Robert“.
Nouripour singt sich seinen Rücktritt schön – und flechtet einen Lorbeerkranz für Habeck
Jedenfalls fragt man sich beim Zuschauen des ARD-Talks „Caren Miosga“ am Sonntagabend: Warum tun Sie sich das an, Herr Nouripour? Warum singen Sie Ihren angeblich selbstbestimmten Rücktritt schön? Warum flechten Sie Robert Habeck jetzt auch noch einen Lorbeerkranz?
Der noch amtierende Grünen-Chef spricht im Ersten von „seiner geliebten Partei“, also den Grünen. Ab wann wusste er, dass er zurücktreten werde, bohrt die wieder sehr souveräne Moderatorin nach. Wann und wie habe er sich mit Ricarda Lang abgesprochen?
Man sieht und hört, dass da etwas schief liegt. „Wer wen angerufen hat, weiß ich nimmer“, weicht Nouripour aus. Und: „Wer wann was gesagt hat, merkt man sich nicht.“ Es klingt jedenfalls, und das ist sehr klar, nicht danach, dass dieser Rücktritt von langer Hand geplant war. Es klingt eher wie ein rascher Tritt ins Aus.
Muss Nouripour das tun? Es hört sich nicht überzeugend an, wenn er im ARD-Talk meint: „Das Vertrauensverhältnis zu Robert Habeck ist komplett unangetastet.“
Nouripour rührt die gleiche Schokosoße an wie Esken und Lauterbach
Miosga will auch wissen, wie ungeschickt es war, dass der Grünen-Chef in einem TV-Sommerinterview vor ein paar Wochen von einer „Übergangskoalition“ gesprochen hatte. Zwar gibt der Grünen-Politiker zu, „dass die Wahrheit ist, dass wir nicht mehr eine superharmonische Koalition werden“. Und, auch das: „Die nächste Regierung muss anders miteinander umgehen.“
Aber leider kommt auch von Nouripour gleich die Schokosoße hinterher, die auch Karl Lauterbach oder Saskia Esken, beide SPD, immerzu anrühren – und die einfach nur noch klebriger Schmadder ist: „Wir sind stolz auf das, was wir alles erreicht haben.“
Ein „Wir schaffen das!“ aus der Cannabis-Fraktion
Die süße Schleimspur zieht sich weiter: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Robert Habeck genau der Richtige ist“, sagt Nouripour. Ich hingegen bin überzeugt, dass die Grünen im Niedergang begriffen sind. Ich bin überzeugt, dass Robert Habeck nicht Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird. Ich bin überzeugt, dass der leidende Mann Omid Nouripour künftig keine wichtige Rolle in seiner Partei erhalten wird.
Und ich muss sagen: Ich habe Sympathien für Nouripour. Er ist loyal. Das ist eine gute Charaktereigenschaft. „Wir schaffen das!“, sagt Mit-Gast Karl Lauterbach merkelesk noch zum Schluss bei „Caren Miosga“. Vielleicht war die Cannabis-Freigabe doch keine so gute Idee dieser Regierung. Und wahrscheinlich hat Omid Nouripour inhaltlich einfach nur recht, wenn er von einer „Übergangskoalition“ spricht. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Übergang bald ein Ende findet.