TV-Kolumne „Caren Miosga“ - Scholz gibt den Karate-Kanzler – dann ist seine Nummer ganz schnell vorbei

Caren Miosga und Kanzler Olaf Scholz
Caren Miosga und Kanzler Olaf Scholz

Was war das denn?! Bei „Caren Miosga“ gibt der Bundeskanzler urplötzlich den starken Mann. Er knallt die Handkanten auf den Tisch. Er gestikuliert dramatisch. Er redet laut und direkt. Die Kampfsport-Nummer ist überraschend. Und endet ganz schnell.

Die Zahlen sind hart. 72 Prozent der Deutschen sind nach einer aktuellen Umfrage unzufrieden mit der Arbeit von Olaf Scholz. 53 Prozent befinden den Umgang des Kanzlers mit politischen Gegenspielern als (eher) respektlos.

Und das Verhältnis zum deutschen Bürger? 59 Prozent halten den Umgang Scholz‘ mit dem Volk für (eher) respektlos. Diese Zahlen sind hart – und sehr nachvollziehbar. Deutschland hat keine Lust mehr auf diesen Kanzler.

Fersen hoch, blauer Daumen und dann wieder schlumpfig

Wie zeigt er sich beim Einzelgespräch am Sonntagabend bei „Caren Miosga“ ? Er sitzt wie auf einem Kinderstuhl, die Fersen nach oben gebogen. Ein wenig reingeschlufft in den Sessel. Der Bluterguss am linken Daumen ist gut sichtbar. Viel politischer Kampf war zuletzt, ja klar. Aber dann doch eher mit verbalem Hammer.

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Es ist hochinteressant. In der ersten Viertelstunde des Interviews wirkt der SPD-Politiker wie neu programmiert. Schnell und hart redet er. Er haut die Handkanten auf den Tisch, immer wieder.

Ich denke in diesem Moment an den früheren SPD-Parteichef Franz Müntefering: „Heißes Herz und klare Kante.“ Olaf Scholz ist in den vergangenen Jahren weder mit einem heißen Herzen noch mit einer klaren Kante aufgefallen. Schlumpfig wurde er genannt. Arrogant. Abständlich. Alles zurecht.

Führungsschwach, zurücklehnend – warum soll das jetzt anders werden?

Kanzlers Kanten auf dem Tisch. Jetzt gibt er den Karate-Kanzler, redet lebhaft, pointiert. Ein guter Gebärdentrainer war sicherlich im Einsatz. Macht Scholz zu einem, der plötzlich ungeduldig mit dem Daumen auf die Platte trommelt. Drei Jahre lang war er gemütlich, aussitzend und, ja, führungsschwach. Aber diese Verve in der ARD am Sonntag ist ganz schnell vorbei.

„Zurücklehnend“ will der Kanzler, so sagt er, die Neuwahlen angehen. „Das machen wir hier, oder?“, fragt Caren Miosga ironisch. „Ja“, sagt der Kanzler. So schlau ist er also nicht, wie er tut. Überhaupt ist Caren Miosga die beste Moderatorin, die derzeit im öffentlich-rechtlichen Talk agiert. Pfeilschnell, charmant, überlegt – eine überragende Leistung, die sie in ihrer Sendung immer wieder zeigt.

Scholz und Trump – die Krawatte eint sie

Ist nicht er als Kanzler auch gescheitert? Miosga bleibt hartnäckig. Lässt sich nicht beeindrucken, wenn Scholz darauf beharrt, dass er sich mit allen Details im Haushalt auskennt, wie er über sich selber sagt. Schnell wechselt der Kanzler vom forsch-wütenden Sound in seinen sonor-mäandernden Ton. Lacht einmal kurz, als gezeigt wird, dass Trump und er einst die gleiche Krawattenfarbe trugen.

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Miosga versucht, sein Temperament zu erforschen. Beim Lindner-Rauswurf war er nicht „staatsmännisch und sachlich“. Er lässt sich hinreißen, zu sagen: „Es hat mir gereicht!“ Warum hat er nicht öfter auf den Tisch gehauen, so wie jetzt. „Ich habe es ertragen, gute Miene zu einem bösen Spiel zu machen.“

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Die gute Miene, das böse Spiel sind zu Ende – und das ist gut so

Das böse Spiel ist zu Ende. Scholz wirkt nach seinem fast aggressiven Start in den ersten Teil der Sendung letztlich befreit . Er findet sich selber, wie er sagt, cooler als Friedrich Merz. Das mögen zertifizierte Kühlexperten beurteilen. Der Noch-Kanzler ist jetzt 66 Jahre alt. Das ist schon Renten-Alter. Das Renten-Paket ist auf dem Weg. Oder auch nicht.

Wahr ist: Olaf Scholz wird kein Kanzler mehr werden in Deutschland. Und das ist auch gut so. Sie kennen den Satz. Er stammt vom SPD-Genossen Klaus Wowereit, dem früheren Regierenden Bürgermeister Berlins. Er ist schon lange nicht mehr in der Politik.