TV-Kolumne „Hart aber fair“ - Wegen Migranten-Zahl zieht Klamroth-Gast ein bitteres Fazit für Deutschland

Klar, direkt und wider den Mainstream: Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi ist die Entdeckung bei „Hart aber fair“. Sie zieht in dem ARD-Talk von Louis Klamroth ein bitteres Fazit für Deutschland.

Gilda Sahebi ist eine echte Entdeckung. Es dauert eine Weile, bis die Politikwissenschaftlerin von Moderator   Louis Klamroth in der Runde angesprochen wird, dann aber spricht sie erfrischenden Klartext. „Ich glaube, dass die Politik nicht richtig nachdenkt“, sagt sie.

Was sich zunächst, wie eines der üblichen populistischen TV-Statements anhört, wird sogleich solide begründet.

Politiker würden nach besonderen Vorfällen wie der Silvesternacht in Köln oder der Messerattacke von Solingen allzu schnell Rezepte für Lösungen aus dem Hut zaubern. Es würde aber nur geredet, anstatt wirklich was gemacht, befindet Sahebi. „Schon zwei Wochen nach Solingen gibt es etwa einen Integrationsgipfel. Das ist wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen, wo alle hin- und herlaufen.“ Alle wüssten schon nach zehn Stunden, wo das Problem ist. Dabei bräuchte man „in der Krise einen Freund, der ruhig bleibt.“

Länge eines Messers ist nicht die Lösung

Das Gespür der Journalistin und gelernten Ärztin ist richtig. Natürlich werden Politiker dafür gewählt, dass sie zeitnah Lösungen für Probleme liefern. Allerdings hat sich inzwischen eingebürgert, dass die Antworten deutlich schneller erfolgen, als es für eine analytische Aufarbeitung und die daraus resultierenden besten Schlüsse geboten erscheint.

Die Gesellschaft verlangt offenbar nach schnellen, fast reflexhaften Antworten, die zunächst beruhigend wirken, aber auf lange Sicht keine Probleme beseitigen. NRW-Innenminister Herbert Reul erklärt jedenfalls: „Ich teile die Einstellung, dass wir immer eine schnelle Antwort geben. Es liegt aber auch daran, dass wir immer gefragt werden. Auch nach Solingen“.

Die Länge eines Messers, so der CDU-Politiker, sei aber natürlich nicht die Lösung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angeregt, dass mitgeführte Messer nur noch eine Klinge von sechs Zentimetern Länge haben dürften.

Minister Reul: „Wir haben das zu spät kapiert“

Ungewöhnlich offen hatte NRW-Innenminister Reul beim ARD-Talk auch eingeräumt, dass es vor noch nicht allzu langer Zeit schwer möglich war, gewisse Realitäten auszusprechen. Die wahrhaftige Benennung von Gewalt durch Migranten in Deutschland war vor Jahren noch ideologisch problematisch. „Man durfte die Probleme nicht benennen“, so der Minister. „Sobald du das gesagt hattest, würdest du stigmatisiert.“

Sprich: Ausländerkriminalität wurde unter den Teppich gekehrt. Wer trotzdem darüber sprach, galt es Fremdenfeind. „Ich kann verstehen, dass wenn hier eine Bundesregierung ist, die nicht aus dem Quark kommt - und das beunruhigt.“

Er nehme zur Kenntnis, so Reul, dass es in Deutschland immer mehr Menschen gebe, die sich nicht mehr zu Hause fühlten. „Wir haben das zu spät kapiert. Ich will das auch nicht gesund reden, sonst steigt die AfD noch weiter. Wir haben die Stimmung nicht ernst genommen. Es ist jetzt eine gute Gelegenheit, nachzudenken.“

Kampf um begrenzte Ressourcen

Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi hat gut zugehört - und wohl auch nachgedacht. Wenn ein Volk von 84 Millionen Bürgern sich von drei Millionen Asylanten überfordert fühle, dann stimme mit dem Land etwas nicht, erklärt sie.

Tatsächlich ist es ganz offenbar so, dass Deutschland unter einer mittlerweile katastrophalen Infrastruktur leide, die zugleich unter der Last einer wachsenden Zahl von Zugewanderten leide. So ist guter Wohnraum selten und kaum noch bezahlbar. Es gibt auch zu wenig Kitaplätze und die Bürokratie bremst die Wirtschaft aus und gefährdet Arbeitsplätze.

Sprich: Die Ressourcen werden knapper. Der ehemalige Lehrer Reul führt für das Problem Infrastruktur das folgende Beispiel an: Wenn ich zwei Schüler in der Klasse habe, die kein Deutsch sprechen, geht das noch. Wenn ich zwanzig Kinder in der Klasse habe, die kein Deutsch sprechen, ist das von einem Lehrer nicht mehr zu schaffen.

AfD ist mit ihrem Hass authentisch

Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen wurde auch deutlich, dass gerade viele junge Menschen die AfD gewählt haben. Kommentatoren zeigen viel Unverständnis für dieses Wahlverhalten und kritisieren die Uninformiertheit der jungen AfD-Wähler. Die Deutsch-Iranerin hebt sich auch bei diesem Thema vom Meinungs-Mainstream ab. „Die jungen Leute, die die AfD gewählt haben, sind sehr gut informiert“, erklärt sie. „Das kann ich ihnen nicht übel nehmen.“

Zugleich hätte die Jugend eine Partei gewählt, die im Gegensatz zur Konkurrenz wahrhaftig auftritt. „Die AfD lügt offen, sie hasst offen. Sie ist authentisch. Wenn etwa die Grünen von Demokratie und Vielfalt reden, sehe ich das nicht.“

Auch glaubt Sahebi nicht daran, dass eine AfD Schaden nimmt, wenn sie in einer Regierungsverantwortung liefern müsste. Es gebe Untersuchungen, die belegen, dass sich rechtsextreme Parteien nicht entzaubern, wenn sie mitregieren. „Die gehen höchstens zwischendurch in die Opposition und kommen wieder hoch.“