TV-Kolumne „Maischberger“ - Grünen-Chef und CDU-General führen im ZDF ein durchschaubares Schauspiel auf
Die Union macht Wahlkampf gegen die Grünen, obwohl die Partei einer der wenigen möglichen Koalitionspartner ist. Der Streit zwischen Linnemann und Nouripour bei „Maischberger“ gleicht daher einem Schauspiel. Echte Differenzen werden hingegen wieder bei der Asylpolitik deutlich.
Gut ein halbes Dutzend Mal beschwören Omid Nouripour und Carsten Linnemann bei Sandra Maischberger ihre große Freundschaft. Man gehe auch mal gemeinsam ein Bier trinken, meint das Duo. Aber politisch sei man sich in diesen Tagen mehr denn je uneins.
Die Union hat sich nicht nur auf Friedrich Merz als Kanzlerkandidat geeinigt, sondern auch darauf, die Grünen zum Gegner Nummer eins im Bundestagswahlkampf 2025 zu machen. CDU-Generalsekretär Linnemann ätzt jedenfalls über den politischen Kontrahenten. „Ich habe mir bei den Grünen mittlerweile angewöhnt, drei bis vier Tage zu warten, bis ich kommentiere“, und fügt süffisant an: „Denn morgens verkündet jemand der Grünen einen Standpunkt und mittags hat etwa Nouripour einen ganz anderen Standpunkt.“ Nouripour lächelt milde: „Das stimmt nicht: Ihr kommentiert alles ganz schnell.“
Mit wem kann die Union regieren?
Das politische Schauspiel ist ziemlich durchschaubar. In einer Handvoll Bundesländer können Grüne und Schwarze sehr wohl miteinander regieren. Da können Markus Söder und Friedrich Merz noch so sehr von der Aversion der Basis der Union gegen alles Grüne reden. Für den Wahlkampf mögen die Grünen noch als perfekte Gegner zur eigenen Profilierung herhalten, beim späteren Regieren werden sie mit ziemlicher Sicherheit noch gebraucht.
Tatsächlich wird es auf Bundesebene nämlich immer schwieriger bis unmöglich, Regierungskoalitionen aus nur zwei Parteien zu bilden. Trios in Regierungsverantwortung werden wohl zur Regel. Dazu kommt eine begrenzte Auswahl: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist für die Unionswähler eine Zumutung und die AfD scheidet aus. Mit wem also will die Union koalieren?
Mit Kaskaden gegen Zuwanderung
CDU-Generalsekretär Linnemann setzt vor allem auf das Thema Einwanderung. „Die europäischen Außengrenzen sind nicht gesichert. Aber ein Land braucht Sicherheit“, erklärt er. „Wenn wir nicht aus der Mitte des Parlaments Sicherheit herstellen, dann gibt es die Mitte bald nicht mehr. Dann gibt es nur noch Ränder.“
Linnemann meint, dass die EU seit Jahren die eigenen Regeln zulasten Deutschlands aussetze. Deshalb müsse die deutsche Grenze dichtgemacht und Einwanderer bereits dort abgewiesen werden. Er erhofft sich so, dass jedes Land die Einwanderer zurückschickt, bis diese Personen schließlich an der Außengrenze landen. „Es entstehen Kaskaden“, sagt Linnemann.
Nouripour kritisiert SPD-Ministerin Faeser
Grünen-Vorsitzender Nouripour lächelt freundschaftlich. Er sagt, wenn man in Regierungsverantwortung sei, müsse man „Dinge tun, die am Ende auch funktionieren“. Der Satz ist insofern lustig, als die Grünen in der Regierung oft selbst „Dinge tun“, die nicht funktionieren. Etwa das Heizungsgesetz. Immerhin liefert Nouripour auch Selbstkritik: „Die Koalition macht vieles richtig. Aber auf der offenen Bühne kommt es zu oft zu Streit.“
Aber zurück zum Thema. Linnemanns Kaskaden-Idee könne schon deshalb nicht funktionieren, sagt Nouripour, weil beispielsweise die Österreicher ihre nach Deutschland durchgelassenen Zuwanderer gar nicht zurücknehmen wollen. Die nun für die kommenden sechs Monate beschlossenen Grenzkontrollen führten laut dem Grünen nur dazu, dass sich dort die Lastwagen stauten. Nouripour kritisiert: „Das ist schlecht für die Wirtschaft.“
Nouripour sagt auch, dass Innenminister Nancy Faeser (SPD) die Kontrollen selbst entschieden hätte und fügt an, dass die Bundespolizei personell gar nicht in der Lage sei, die ganze lange Grenze zu überwachen und dafür bereits Leute von den Bahnhöfen abziehen müsse.
Linnemann träumt von der absoluten Mehrheit
„Ich will nicht diejenigen, die den Schleppern das meiste Geld zahlen, oder junge Leute, die hier randalieren“, erklärt CDU-Generalsekretär Linnemann seinen Plan von Zuzug der guten Ausländer. Da aber die Partei auch das „C“ im Namen trage, könne er sich ein Kontingent von 80.000 bis 100.000 vorstellen. „Die sollten wir dann auch schaffen.“
Linnemann erklärt auch, seine Partei wolle vor allem den politischen Kurswechsel in Deutschland. „Die Leute müssen wissen, was sie bekommen, wenn die CDU die absolute Mehrheit hätte. Im Moment wäre dieser Kurswechsel mit den Grünen nicht möglich.“ Erstens: Die CDU holt keine absolute Mehrheit. Zweitens: „Im Moment“ heißt, dass für die Union die grüne Partei in einer gemeinsamen Regierung im Jahr 2025 keineswegs ausgeschlossen ist. Der Rest ist purer Wahlkampf.