TV-Kolumne „Maybrit Illner“ - Habeck keilt im TV gegen Söder und Scholz – und vollzieht auffällige Verwandlung

Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärt bei Maybrit Illner im ZDF, wie er mit den Grünen ins Kanzleramt einziehen will.
Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärt bei Maybrit Illner im ZDF, wie er mit den Grünen ins Kanzleramt einziehen will.

Grünen-Spitzenkandidat Habeck macht im ZDF-Talk klar, dass er unter Merz nicht Vizekanzler werden will – er hat andere Pläne. Bei „Maybrit Illner“ ist zu beobachten, wie der Wirtschaftsminister sich vom Oberlehrer zum sanften Zuhörer und Erklärer entwickelt.

Maybrit Illner setzt ihr leicht spöttisches Grinsen auf und fragt Robert Habeck geradeheraus: „Würden Sie unter Friedrich Merz Vizekanzler werden wollen?“ Der amtierende Vizekanzler Habeck schaut ungläubig und sagt: „Nein!“

Dann holt Habeck ein wenig aus und erzählt, dass aktuell andere Vorzeichen bestünden als vor dem Ausstieg der FDP aus der Ampel. „Wir werden einen sehr dynamischen Wahlkampf mit sehr großen Verschiebungen erleben.“ Schon deshalb sei es nicht möglich, dass man jetzt schon darüber diskutiere, wer welche Ämter vergibt. Der grüne Bundeswirtschaftsminister sehe aktuell bereits, wie sich die Umfrageergebnisse zur Bundestagswahl auch zum Positiven der Grünen verschieben würden. Dann sagt Habeck unumwunden: „Ich traue mir Kanzler zu.“

Habeck beklagt „kleinkarierten Politikstil“

Robert Habeck trägt ein grünes Jackett und eine noch grünere Krawatte. Er gibt sich staatsmännisch, spricht bedächtig, schürzt die Lippen und versucht sein Fachwissen rüberzubringen. Manchmal räumt er eigene Fehler ein. Das ist seine Strategie. Er sagt: „Man dachte nach der Merkel-Ära, dass es nun auch einen neuen Politikstil geben werde, aber wir haben den gleichen kleinkarierten Politikstil weitergeführt. Wir müssen uns neu erfinden.“

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Deutschland müsse wieder mehr ins eigene Land investieren, in Infrastruktur, in Innovationen. Wenn die USA unter Donald Trump mit Zöllen drohten und die Chinesen ihre Produkte verstärkt in Deutschland verkauften, müssten die Deutschen eben neue Produkte erfinden. Dazu müsse es beispielsweise finanzielle Anreize und große Forschungsprojekte geben. „Wir dürfen kein Museum verwalten.“

„Der Kanzler führt Wahlkampf gegen die Grünen“

Für einen Grünen ist das sehr viel Realpolitik. Allerdings wirft das die Frage auf, warum er solcherlei Anstrengungen nicht in der Regierungskoalition unternommen hat. Stattdessen sind aus dem Habeck-Ministerium kleinteilige Gesetze und Berichtspflichten für Unternehmen herausgekommen, die den Innovationsgeist eher ersticken als befördern. Habeck begründet: „Die FDP hat in der Endphase die Ampel systematisch blockiert, ohne sie zu verlassen.“

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. In den Monaten zuvor – und bis das Bundesverfassungsgericht den Haushalt zum Ende des Jahres 2023 stoppte – hätte der Bundeswirtschaftsminister sicherlich einiges – etwa zum Thema Bürokratieabbau – beisteuern können. „Wir haben vieles richtig gemacht, aber meist zu spät und zu wenig“, befindet Habeck selbst.

Kanzler Olaf Scholz merkte jüngst an: „Klimaschutz funktioniert nicht mit der grünen Brechstange.“ Habeck kontert bei Maybrit Illner: „Der Bundeskanzler führt gerade Wahlkampf gegen die Grünen. Das darf er.“ Nur seien seine Argumente „nicht stark“.

Gegenmodell zum schweigsamen Olaf Scholz

Robert Habeck sagt, die Deutschen müssen sich neu erfinden. Tatsächlich ist auch er gerade dabei, sich neu zu erfinden. Aus dem grünen Oberlehrer wird allmählich der sanfte Erklärer. So gesehen ist er bereits jetzt ein Gegenmodell zum schweigsamen Olaf Scholz.

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In Wahrheit wird es bis zum 23. Februar aber darum gehen, wer den Wählern das beste Angebot macht. Dem Wähler wird es in erster Linie nicht um nackte Klimaneutralität in ferner Zukunft gehen, sondern um den eigenen Wohlstand – und zwar nicht in zehn Jahren, sondern hier und jetzt.

Mit anderen Worten: Die privaten Kosten müssen runter. Niedrigere Strompreise, niedrigere Lebensmittelkosten, geringere Wohnmieten, preiswertere Verkehrsmittel. Wenn Habeck wirklich punkten will, muss er das grüne Top-Thema Umweltschutz an die realen Bedingungen anpassen.

„Söder hält das Land zum Narren“

Bayerns Ministerpräsident hat Robert Habeck nach seiner Kür zum Kanzlerkandidaten fehlende Demut vorgeworfen. Mit anderen Worten: Wer eine Regierungskoalition derart verbockt, sollte nicht die Kanzlerschaft anstreben, sondern erst mal im Eck sitzen. „Sicher hat die Ampelzeit beim Vertrauen in Politik Spuren bei den Wählern hinterlassen. Doch Markus Söder hat nichts verstanden“, sagt Habeck.

Als Food-Blogger würde Söder in Posts darüber berichten, erklärt der Vizekanzler lächelnd, wie er einen Döner esse, und verkaufe das dann als Politik. „Wer glaubt, dass er mit solchen Possen eine Wahl gewinnen kann, der hält das Land zum Narren.“ Vielleicht aber ist auch Habecks Wandel vom Schulmeister zum sensiblen Versteher, vom Wissenden zum Zuhörer, ein Possenspiel.