TV-Kolumne „Reichtum verpflichtet?“ - „Geld ist einfach da“: ARD-Doku entlarvt, wie Reiche ihre Steuern wegtricksen

Eine ARD-Doku hat Unternehmer zu ihrem Vermögen befragt.<span class="copyright">ARD</span>
Eine ARD-Doku hat Unternehmer zu ihrem Vermögen befragt.ARD

Während die einen weniger Geld haben, als sie zum Leben brauchen, besitzen die anderen mehr, als sie ausgeben können. Eine „Monitor"-Dokumentation entlarvt unser extrem ungerechtes Steuersystem. Ein Unternehmer kann einer Vermögenssteuer allerdings etwas abgewinnen.

Die Vermögensteuer ist in Deutschland seit 1997 ausgesetzt. Seither hat sich der deutsche Staat durch diese politische Entscheidung die stolze Summe von insgesamt 380 Milliarden Euro entgehen lassen . Geld, mit dem man alle Schultoiletten reparieren oder das Schienennetz der Bahn frühzeitig hätte retten können. Geld, das der aktuelle Finanzminister Christian Lindner gut brauchen könnte, um endlich einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können.

Stattdessen hat Vater Staat es lieber der Finanzelite erleichtert, ihren Nachwuchs auf Eliteschulen ausbilden zu lassen. Und mit dem Privatjet den Tücken des maroden ÖPNV auszuweichen. Gerade mal 0,1 Prozent der Deutschen gelten als vermögend, doch diese exklusive Gruppe verfügt über 20 Prozent des Gesamtvermögens des Landes. Die Schere zwischen Arm und Reich weitete sich mit jedem Jahr. Und der Staat? Zuckt mit den Schultern und diskutiert über die Schuldenbremse.

„Das Geld ist einfach da“: Wie Reiche ihre Steuern wegtricksen

„Reichtum verpflichtet?“ Unter diesem Titel schaut eine „Monitor“-Dokumentation hinter die Türen und in das moralische Gewissen der Superreichen. Und trifft dort nicht immer auf Begeisterung für ein Comeback der Vermögensteuer. Nicht jeder mit vielen Nullen auf dem Konto unterstützt die Initiative „taxmenow“.

Zum Beispiel George Kern, Chef der Luxusuhren-Firma Breitling: geschätztes Vermögen 250 Millionen Euro. Er selbst sagt, dass er das dicke Finanzpolster im Alltag gar nicht so spürt, „das Geld ist einfach da“. Auch wenn er ein wenig weniger Geld wohl auch nicht spüren würde, will er das Vermögen der Finanzelite weiterhin geschützt wissen. Anstatt von den Reichen zu nehmen, um das Geld dann zugunsten der Ärmeren einzusetzen, solle der Staat lieber seine Hausaufgaben machen und klüger mit dem vorhandenen Geld wirtschaften. Und Unternehmer durch gezielte Entlastungen weiterhin „belohnen für das, was sie leisten“.

Baulöwe mit Millionen-Einkommen zahlt keinen Cent Einkommensteuer

„Wohlhabende sind keine Leistungsträger“, sagt hingegen der Düsseldorfer Bauunternehmer Josef Rick und lacht herzlich: „Ganz im Gegenteil!“ In der „Monitor“-Doku spricht er über seine Steuererklärung aus der Zeit, als er als Unternehmensberater tätig war: knapp eine Million D-Mark Einkommen, aber Null DM Einkommensteuer. „Stark optimiert“ habe er seine steuerliche Lage damals, sagt Rick und klingt dabei durchaus stolz. Sich der Steuerpflicht zu entziehen, das gelinge ihm bis heute: „Ist keine große Kunst“. Sondern eine Frage des Geldes.

In Deutschland hat man sich irgendwann dafür entschieden, selbst erarbeitetes Einkommen sehr viel höher zu besteuern als das, was ein Vermögen abwirft. Heißt im Klartext: Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 67.000 Euro zahlt man den Spitzensteuersatz von 42 Prozent, danach die sogenannte „Reichensteuer“ mit 45 Prozent. Wer hingegen ähnlich hohe Einkünfte durch Kapitalerträge hat, zahlt eine pauschale Kapitalertragssteuer von 25 Prozent.

Und auch das nur selten. Denn auch die vielen Ausweichmöglichkeiten im Steuerrecht plus geschmeidige Steuerberater können sich nur die Reichen leisten. Baulöwe Rick gibt zu, dass er das selektiv löcherige Steuerrecht für „völlig absurdes Theater“ und extrem ungerecht hält: „Wir erlauben uns, diese Steuern, die wir gut brauchen können, nicht zu erheben. Es ist ein Skandal!“

Die Politik beugt sich den Reichen

Vermögen bedeute für sie Freiheit, sagen die Vermögenden in der „Monitor“-Doku. Und natürlich die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und zu gestalten – das eigene Leben und das des Nachwuchses, aber womöglich auch das Leben anderer Menschen. Rick schlägt vor, die Vermögensteuer am besten moralisch-ethisch aufzuwerten und mit dem Stolz zu unterfüttern, Deutschland wieder auf die Beine zu helfen. Die Verantwortung dafür „liegt in der Politik – ganz eindeutig“.

Stellvertretend für eben jene Politik kommt in der Doku SPD-Chefin Saskia Esken zu Wort, die betont, dass ihre Partei und Bundeskanzler Olaf Scholz für eine neue Vermögensabgabe und eine Überarbeitung der Erbschaftsteuer stehen. Warum hat sich dann auf den beiden Feldern rein gar nichts getan, trotz Haushaltskrise? „Innerhalb der Koalition ist sehr klar festgelegt worden: Wir erhöhen in dieser Legislaturperiode keine Steuern“, erklärt sie. Und: „Die Lobby der Hochvermögenden ist eben sehr stark.“ Zu stark für schwache Staatslenker.