TV-Kolumne zu „Die Unermüdlichen“ - ARD-Doku über den Kampf für Vielfalt: Ehrenwert, aber erhobener Zeigefinger stört
Am Sonntag ist Wahlsonntag in Brandenburg. In den Tagen davor häufen sich TV-Sendungen mit penetrant pädagogischem Auftrag. „Die Unermüdlichen“ heißt ein weiterer Baustein, um die Brandmauer gegen die AfD höher zu ziehen.
Wenige Tage sind es noch, dann ist Wahlsonntag in Brandenburg . Die ARD-„Tagesschau“ berichtet von einer „Aufholjagd mit offenem Ende“.
In der Woche vor der Landtagswahl liegt die AfD stabil bei 27 Prozent der Stimmen, die SPD legt um zwei Punkte zu auf 26 Prozent. Da fällt es zumindest auf, wenn der ARD-Sender rbb so kurz vor der finalen Entscheidung der Wähler eine Dokumentation ins Programm nimmt, die in aller Entschiedenheit Position bezieht. „Die Unermüdlichen“, heißt sie, „im Einsatz für die Vielfalt in Brandenburg“.
„Egal, wie du aussiehst, wen du liebst“
Die Reporterin Sabrina N’Diaye reist durchs Land, um Gegenentwürfe zu einem AfD-Brandenburg ausfindig zu machen. Erste Station: SV Concordia Nowawes 06 in Potsdam, ein Fußballverein, den viele als „Familie“ bezeichnen. Hier hat man zusammengelegt, um einem Mitspieler einen Anwalt zu finanzieren, als dem das Scheitern seines Asylverfahrens droht.
Concordia heißt ja auch „Eintracht“. Wie sagt der Trainer: „Hier ist es egal, wo du herkommst, wie du aussiehst, wen du liebst.“
Kommen die „Baseballschläger-Jahre“ zurück?
Es geht weiter nach Wittstock, 14.000 Einwohner. Hier trifft Sabrina N’Diaye das Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“. „Manchmal sind Leute da, die möchte man nicht betrunken erleben“, sagt einer beim Sommerfest. Als 17-Jähriger war er überfallen worden. Drei Neonazis, berichtet er, traten die Wohnungstür ein. Bei der Flucht über den Balkon hat er sich schwer verletzt.
Mitglieder im Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ erinnern sich an die, wie sie sagen, „Baseballschläger-Jahre“ nach dem Mauerfall. „Im Moment ist es ja wieder schwieriger geworden durch AfD“, erfährt der Zuschauer. Und: „Ich habe Angst, dass es wieder schlimmer wird. Ich glaube, das kommt wieder, wenn man nichts dagegen macht.“
„Was tun, wenn Ihr jemanden mit Hakenkreuz seht?“
Das Fernsehteam fährt weiter zum Religionsunterricht in Schwedt in der Uckermark. „Was könnt Ihr tun, wenn Ihr jemanden mit einem Hakenkreuz seht?“, fragt der Lehrer. „Eine Anzeige bei der Polizei stellen“, antwortet eine Schülerin.
Der Lehrer unterrichtet am Gymnasium in Schwedt und nennt zehn Punkte für Zivilcourage: Sein Tipp: Lieber laut „Feuer!“ schreien, da steigt die Hilfsbereitschaft. Die Reporterin schreit aus Leibeskräften gleich selber mit. Und der Lehrer empfiehlt: „Übt das!“
„Alle Lehrer verstoßen gegen den Neutralitätsgrundsatz“
In der Pause steht der Religionslehrer zusammen mit zwei Kollegen im Schulhof. Der eine Lehrer berichtet: „Ich hab‘ meine Schüler einschätzen lassen. Sie haben geschrieben: Alle Lehrer verstoßen gegen den Neutralitätsgrundsatz.“
Der zweite Lehrer antwortet: „Da muss man aufpassen. Solange wir im Unterricht andere Positionen zulassen, dürfen wir uns artikulieren. Wir dürfen uns auch mit den Argumenten der AfD auseinandersetzen und kritisch, fachlich analysieren.“
Das mit dem Zulassen anderer Positionen wäre auch in dieser Fernseh-Schulmeisterei hilfreich gewesen. Es sind sicher sehr ehrenwerte Menschen, die diese TV-Reportage hier versammelt, Menschen voller Leidenschaft für das, woran sie glauben.
Es stört allerdings der erhobene öffentlich-rechtliche Zeigefinger. Gerade so kurz vor der Wahl.