TV-Kolumne „Wirklich nochmal Trump, Amerika?“ - Schon der überhebliche Titel der US-Wahl-Doku verrät, wie die ARD wirklich tickt

US-Wahl: ARD-Dokumentation mit Ingo Zamperoni<span class="copyright">NDR/Henning Weskamp/typeholics/C</span>
US-Wahl: ARD-Dokumentation mit Ingo ZamperoniNDR/Henning Weskamp/typeholics/C

Im Vorfeld der US-Wahl holt ARD-Mann Ingo Zamperoni seine amerikanische Verwandtschaft vor die Kamera – als Beweis dafür, dass die Guten, Klugen und Gerechten niemals für Trump votieren. Willkommen beim „German Angst“-TV der Öffentlich-Rechtlichen.

Amerika wählt. Abermillionen US-Bürger werden am 5. November 2024 an die Wahlurne gehen und mitentscheiden, wer 2025 ins Weiße Haus einziehen wird. Die öffentlich-rechtlichen Sender könnten das Geschehen in Übersee mit großer Distanziertheit begleiten. Doch wer in diesen Tagen auch nur die Headlines der Politsendungen liest, der weiß, wo ARD und ZDF ihr Kreuzchen machen würden.

„Wirklich nochmal Trump , Amerika?“ Schon im Titel der Doku des TV-Journalisten Ingo Zamperoni schwingt jede Menge Unverständnis mit: Leute, echt jetzt – wie kann man denn auf diesen Mann ein zweites Mal reinfallen?

Für Zamperoni hat diese Frage einen persönlichen Hintergrund: Mehrere Jahre war der studierte Amerikanist ARD-Korrespondent in Washington, seit mehr als zehn Jahren ist er mit der US-Amerikanerin Jennifer Bourguignon verheiratet. Über das gespannte Verhältnis seiner angeheirateten Familie zu Trump hat Zamperoni bereits zwei Dokus gedreht.

Droht tatsächlich „das Ende der Demokratie“?

Nun holt er die im „Swing State“ Wisconsin lebenden Schwiegereltern Greg und Lynn ein weiteres Mal vor die Kamera – als Beweis dafür, dass jeder klardenkende Mensch niemals einem Mann wie Donald Trump seine Stimme geben würde. „Wir dürfen diesen Typen nichts ins Weiße Haus lassen“, sagt Greg, „er steht für den Bodensatz“. Würde Trump es dennoch erneut schaffen, wäre dies für Greg nichts weniger als „das Ende der Demokratie“.

Trump spaltet die USA, heißt es oft. Doch auch die ARD spaltet mit ihrer Wahlberichterstattung: hier die guten, smarten Demokraten, dort die bösen und leicht verblödeten Republikaner. Da ist beispielsweise Jennifers Cousin Max, der seit vier Jahren mit einem Mann verheiratet ist und in der „Boystown“ von Chicago lebt.

Selbstverständlich wird Max die Demokraten-Kandidatin Kamala Harris wählen. Auf der anderen Seite im Ring platziert die ARD Bob Ritchie alias Countrystar Kid Rock, der schon mal sein Maschinengewehr auspackt, um zu demonstrieren, was er von einem queeren Werbespot für Bud Light hält.

Die Botschaft der ARD: Auf der urban-demokratischen Seite gibt es Regenbogenfarben, Toleranz und Liebe – auf der ländlichen, republikanischen Seite ist Schluss mit lustig. Irgendwie kennen wir das von Deutschland, oder?

Frauen in Führungspositionen? Gott bewahre!

Harris steht aus ARD-Sicht für Aufklärung und Fortschritt – Trump für rückwärtsgewandtes Hinterwäldler-Denken. In einer schwer christlichen Familie auf dem Land nördlich von Chicago werden die Kinder zu Hause von Mutter Courtney unterrichtet: „Die Kinder gehören mir, nicht dem Staat.“ Eine Frau im Weißen Haus ist für sie undenkbar: „Ich glaube nicht, dass die Bibel diese Form von Führung für Frauen vorgesehen hat. Die Rolle ist Männern vorbehalten.“

Für die deutschen TV-Sender ist aktuell Erntezeit für die sogenannten „low hanging fruits“: TV-Reporter, die Trump-Fans vorführen wollen, werden auf republikanischen Veranstaltungen schnell fündig. Wähler etwa, die sich sicher sind, dass Trump um seine Wiederwahl zuletzt betrogen wurde.

Und die trotz einer rechtskräftigen Verurteilung felsenfest von Trumps Unschuld überzeugt sind: „Niemand ist perfekt, außer Jesus.“ Der akademische Trump-Wähler aus der Großstadt: Für die ARD existiert er nicht. Vielleicht, weil sie erst gar nicht danach sucht.

Die meditative Gelassenheit eines Jürgen Klinsmann

Auf der Seite der Demokraten kämpfen die Macher. Etwa Drei-Sterne-General Ben Hodges, ehemals Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte in Europa, der extra in die USA zurückgekehrt ist, um für die Demokraten zu werben. „Ich konnte mir nicht vorstellen, herumzusitzen und nichts zu machen. Selbst wenn wir niemanden umstimmen, haben wir es zumindest versucht“ – ganz nach seinem Motto „machen, nicht meckern“.

Bei Los Angeles trifft Zamperoni dann auch noch auf Wahl-Amerikaner Jürgen Klinsmann, der bei der Altherrenmannschaft FC Salsa mitkickt. Der ehemalige Fußball-Guru der Deutschen, wie Zamperoni mit einer US-Amerikanerin verheiratet, will sich allerdings nicht für dystopische Fantasien hergeben. Er glaubt, dass die USA auch vier weitere Jahre unter Trump aushalten werden.

Zum Schluss setzt auch James Carafano von der Denkfabrik Heritage Foundation der Schnappatmung der öffentlich-rechtlichen Sender noch etwas entgegen: Falls die USA sich am 5. November für „nochmal Trump“ entscheiden, wird wohl weder die Welt untergehen noch die Demokratie enden. „Die Verfassung wird nicht geändert, die Gesetze werden nicht geändert“, verspricht er. „Da steht nichts in den Plänen, dass er ein Diktator sein wird.“