TV-Kolumne „WISO“ - „Ich habe Angst“, sagt die VW-Frau - dann rechnet Expertin mit ihren E-Autos ab

Mitarbeiter des VW-Werks in Wolfsburg versammeln sich zu einem Warnstreik.<span class="copyright">Julian Stratenschulte/dpa Pool/d</span>
Mitarbeiter des VW-Werks in Wolfsburg versammeln sich zu einem Warnstreik.Julian Stratenschulte/dpa Pool/d

Bei Volkswagen stehen die Mitarbeiter zum Warnstreik auf der Straße. Den Autobauern und den Zulieferern steht der Angstschweiß auf der Stirn. Die Krise der Auto-Industrie in Deutschland ist vor allem auch eine Krise der Politik.

Wir schauen gerade zu, wie Politik eine ganze Branche ruiniert. Zumindest spricht sehr viel dafür. Da heißt es Hü: Weil Deutschland klimafreundlich werden will, gibt es Zuschüsse für die Elektromobilität im Autoverkehr. Dann heißt es Hott: Im Dezember 2023 werden die Prämien für E-Autos gestrichen. 2024 bricht der Markt zusammen.

Welcher Verbraucher soll bei dieser Hü-und-Hott-Politik noch an die Zukunft des grünen Antriebs glauben? Am Montag standen die über Jahrzehnte verwöhnten VW-Mitarbeiter auf der Straße: Warnstreiks in neun Werken . 120.000 Beschäftigte allein in Deutschland sorgen sich um eine Zukunft, die bedroht wird von Lohnkürzungen und Werksschließungen.

In Emden ist die VW-Zukunft Vergangenheit

Wie sich Zukunftsangst in Deutschlands Kernindustrie anfühlt, beobachtet das ZDF-Wirtschaftsmagazin „WISO“ in einer Sonderausgabe. Die beginnt in Ostfriesland. Was macht die Autokrise in Emden? „Wir haben extreme Angst, wie es in Zukunft weitergeht“, ist der erste Satz eines VW-Mitarbeiters. „Ich habe Angst“, ist der zweite Satz einer VW-Mitarbeiterin.

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Seit 60 Jahren produziert Volkswagen in Emden. Allerdings inzwischen nur: E-Autos. Doch die Zukunft, von der man sich so viel versprochen hatte, sie ist Vergangenheit. „Dieser stolze Konzern ist angeschlagen“, stellt Moderator Marcus Niehaves fest.

Der Umbruch ist Alltag – und auf den Straßen nicht zu übersehen

Wie angeschlagen nicht nur Volkswagen ist, sondern die gesamte Autoindustrie im Land: Das zeigt jede Fahrt über die Autobahn. Aufgewachsen sind wir mit Straßen, die sich Volkswagen und Audi, Daimler und BMW aufteilten. Ein paar Franzosen noch dazu, gelegentlich ein Exot aus Großbritannien, besonders klein oder mit besonders vielen PS. Dann mischten sich Japaner dazwischen.

Und heute? Entdecken wir bei jeder längeren Autofahrt ein neues Modell von einem kaum bekannten Autobauer . Der Umbruch ist Alltag. Der Umbruch misst sich auch in Zahlen: Zwei Millionen Autos mehr müssten die Autobauer in Europa verkaufen.

Die Politik muss mehr PS auf die Straße bringen

Der Streit, der Streik: All das kommt mit Ansage. Wie hat VW-Chef Oliver Blume gesagt? „Wir können nicht nur Pflaster draufkleben.“ Wie bestätigt es Auto-Experte Stefan Bratzel im „WISO“-Studio: „Wir schätzen, dass ein Drittel der Kapazitäten nicht mehr gebraucht wird.“ Wie unterstreicht es Expertin Beatrix Keim, die selbst zehn Jahre bei VW gearbeitet hat: „Es fehlt der Kunde, es fehlt die Nachfrage in der E-Mobilität, die Kunden glauben einfach nicht an die Elektromobilität.“

Die wahre Aussage ist allerdings wohl eher: Die Kunden glauben nicht mehr an die Elektromobilität. Hü und Hott: Das passt vielleicht in den Pferdesport. Aber eben nicht zu einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik in einer kritischen Lage. Da muss Politik schlichtweg mehr PS auf die Straße bringen.