TV-Kolumne zum ZDF-Sommerinterview - Lindner hübscht sich im ZDF für Union auf und gerät dabei auf sehr dünnes Eis

Bei FDP-Chef Lindner hat sich in Bezug auf Kanzler Scholz etwas Ernüchterung breit gemacht.<span class="copyright">Claudius Pflug/ZDF/dpa</span>
Bei FDP-Chef Lindner hat sich in Bezug auf Kanzler Scholz etwas Ernüchterung breit gemacht.Claudius Pflug/ZDF/dpa

Ist er auf dem Sprung? Finanzminister Christian Lindner hübscht sich im ZDF-Sommerinterview für eine Regierungskoalition mit der Union auf. Eine gefährliche Taktik.

Es geht wieder los. Der Finanzminister beziffert das finanzielle Loch im Bundeshalt 2025 auf rund fünf Milliarden Euro. Es gebe aber noch viel Zeit, eine tragfähige Lösung zu finden, sagte Christian Lindner im Sommerinterview mit dem ZDF.  „Ich will nur eins unterstreichen: Ich will einen Haushalt im Rahmen der Verfassung“, sagt Lindner. Er wolle nicht noch einmal beim Bundesverfassungsrecht in Karlsruhe „mit Ideen der Sozialdemokratie scheitern“.

Christian Linder im ZDF-Sommerinterview auf dünnem Eis

Der FDP-Vorsitzende hat nämlich erhebliche Zweifel, dass das aktuelle Haushaltspapier verfassungskonform ist. Das ist dünnes Eis, hatten doch Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und eben jener Lindner nach monatelangem Hin-und-Her und einer Nachtsitzung im Juli verkündet, dass der Haushalt 2025 gemeinschaftlich stehe. Doch statt eines gemütlichen Sommers droht wieder mal Knatsch, der die Chancen der Ampel-Koalition bei den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nicht gerade verbessert.

Verfassungsrechtlich bedenklich

Nach der vermeintlichen Einigung im Juli, die es laut Lindner so nie gegeben habe, hat der Finanzminister nun also den Etat-Entwurf verfassungsrechtlich und wirtschaftlich prüfen lassen. „Ich habe immer transparent gesagt, ich werde unabhängige Sachverständige damit beauftragen“, erklärt Lindner im ZDF-Gespräch mit Blick auf den Potsdamer Platz. Diese Prüfung habe nun ergeben, so Lindner, dass rechtliche Risiken vor allem bei dem Plan bestünden, die übrig gebliebenen 4,9 Milliarden Euro der Förderbank KfW für die Gaspreisbremsen anderweitig im Haushalt zu nutzen.

Auch das Vorhaben, Darlehen statt Zuschüsse an die Autobahngesellschaft zu zahlen, könne laut Ansicht der Prüfer problematisch sein. Über Wege, wie man diese fünf Milliarden Euro noch zusammen bekommt, wolle er nun aber zunächst innerhalb der Regierung und nicht in der Öffentlichkeit reden. Bis Mitte des Monats werde er mit Kanzler und Vizekanzler beraten, danach gehe der Haushaltsentwurf in den Bundestag, wo er Ende November beschlossen werden solle.

„Ampel ist gewöhnungsbedürftig“

Christian Lindner ist bereits voll im Wahlkampf-Modus und geht erste große Schritte in Richtung Koalition mit der CDU/CSU. Da macht sich einer sprungbereit, um das sinkende Schiff der Ampel zu verlassen. Die FDP habe in der Ampel-Koalition viele politische Überzeugungen umsetzen können, lobt sich Lindner selbst. „Aber für viele unserer Unterstützer ist eine Zusammenarbeit mit der SPD und den Grünen - um das freundlich zu sagen - gewöhnungsbedürftig.“

Es bereite ihm zudem Sorge, „dass die SPD-Fraktion viele Grundlagenentscheidungen infrage stellt“. Dies gelte etwa beim Thema Schuldenbremse und auch bei Fragen der Steuern. „Steuererhöhungen werden da regelmäßig ins Gespräch gebracht", kritisierte der Finanzminister. Obwohl er natürlich nicht wisse, wie ernst man solche Forderungen von der SPD zu nehmen habe.

Der Bund müsse lernen, mit seinen Einnahmen von bald einer Billion Euro auszukommen. „Denn für jede Million neue Schulden zahlen die Bürgerinnen und die Bürger doch Zins und Tilgung. Das sind doch keine Geschenke.“ Außerdem müsse Deutschland die europäischen Schuldenregeln einhalten. Diese Regeln vorsätzlich zu brechen, wäre aus seiner Sicht eine Einladung an andere europäische Staaten, auch wieder mehr Schulden zu machen als tragfähig sei.

FDP setzt auf Kernthemen

Auch direkt an die Ost-Wähler sendet der Finanzminister trotz schlechter Umfragewerte eine Botschaft. „Wir kämpfen!“ Zumal viele Themen, die er aus Ostdeutschland höre, exakt die Themen der Liberalen seien. Dazu gehörten die wirtschaftliche Entwicklung, keine Bevormundung im privaten Bereich, kein Verbot des Verbrennungsmotors und die Steuerung der Einwanderung. Und Lindner fügt an: „Die Ampel ist für die FDP eine große Herausforderung.“ Mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr setzt Lindner also auf klare liberale Haltungen in der Einwanderungs- und Sozialpolitik sowie Kernthemen wie Entlastungen bei der Steuer. Der Liberale will sich damit von Grünen und der SPD absetzen.

Die Wahlen im Osten sind da ein echter Test. Allerdings könnte es auch gut sein, dass sich Christian Lindner beim Ohrfeigen der Koalitionspartner selbst trifft.