Über Fluchtursachen und Waffenverkäufe: Ex-Minister Dirk Niebel bei Markus Lanz

Zu Gast bei Markus Lanz waren der ehemalige Bundesminister Dirk Niebel, die Sportkommentatorin Claudia Neumann, der Ex-Fußballprofi Erdal Keser sowie der Journalist und Autor Hasnain Kazim. (Bild: Screenshot/ZDF)
Zu Gast bei Markus Lanz waren der ehemalige Bundesminister Dirk Niebel, die Sportkommentatorin Claudia Neumann, der Ex-Fußballprofi Erdal Keser sowie der Journalist und Autor Hasnain Kazim. (Bild: Screenshot/ZDF)

Wir leben in einer Welt, die „leider nicht friedlich ist“: MArkus Lanz sprach am Donnerstagabend mit dem ehemaligen Minister für Entwicklungszusammenarbeit Dirk Niebel (FDP) über dessen Rückzug aus der Politik und heutige Tätigkeit für einen Waffenkonzern.

Dirk Niebel war für die FDP Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bis die Partei den Einzug in den Bundestag nicht mehr schaffte. Über diese Zeit sagt Niebel, dass die Chance, das Hobby zum Beruf zu machen, das Schönste sei, was einem passieren könne. „Dann zu merken, funktioniert nicht mehr, ich muss mir ein neues Hobby suchen“ sei hart gewesen. „4 Jahre Minister, 40 Jahre Talkshow“ habe er vermeiden wollen, erklärt er seine Zurückhaltung nach seinem Rückzug aus der Politik.

Seit 2015 arbeitet er nun beim Rüstungskonzern Rheinmetall. „Früher lieferten sie Essen, heute Panzer […] Wie geht’s Ihnen damit?“, will Markus Lanz von ihn wissen, wenn im Jemen oder anderswo bei einem Mörserangriff Menschen sterben und man annehmen kann, dass der eigene Arbeitgeber und man selbst das durch den Verkauf der Waffen überhaupt erst möglich gemacht hat. „Jedes Land hat die legitime Aufgabe, seine Interessen durchzusetzen, vorzugsweise mit den Mitteln der Politik“, entgegnet Niebel, der selbst Fallschirmjäger in der deutschen Bundeswehr war, nüchtern. Wenn europäische Politiker ein Interesse daran haben, darüber zu entscheiden, wer nach Europa komme und wer nicht, dann müsse es ihnen auch wert sein, in Technologie zu investieren, die bei der Erreichung dieses Ziels helfen kann. Hinter ihm im Publikum wird dabei häufiger mal ein Kopf geschüttelt.

Niebel macht heute bei Rheinmetall internationale Strategieentwicklung. Früher war er Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (Bild: Screenshot/ZDF)
Niebel macht heute bei Rheinmetall internationale Strategieentwicklung. Früher war er Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (Bild: Screenshot/ZDF)

„Leute davon abzuhalten, ein besseres Leben zu suchen, darum geht’s“, will der Moderator es auf den Punkt bringen. „Hier sitzt jede zweite Woche jemand, der mir sagt, wir müssen Fluchtursachen bekämpfen. Wann fangen wir endlich damit an, dieses viele Geld zu benutzen, Menschen auf die Beine zu bringen?“, fragt er den ehemaligen Minister und erntet Beifall. Denn im Vergleich zu den Ausgaben, die Deutschland für Geflüchtete im eigenen Land machen muss, sind die Investitionen in die Herkunftsländer fast lächerlich gering. Niebel widerspricht ihm nicht, aber verweist auf eine andere deutsche Lebenslüge, die einer besseren und vor allem engagierteren Entwicklungspolitik im Wege stehe: Deutschland müsse Frieden damit schließen, ein Zuwanderungsland zu sein. Schon im Jahr 1990 war Niebel an der Ausarbeitung eines Einwanderungsgesetzes beteiligt, das den Zuzug von ausländischen Fachkräften, die nicht übers Meer kommen, regeln soll – bis heute wird darüber diskutiert, aber geben tut es ein derartiges Gesetz noch immer nicht.

Auch die Zusammenarbeit mit Despoten wird thematisiert. Hat man da manchmal Gewissensbisse, will Lanz von Niebel wissen. In den internationalen Beziehungen habe man mit souveränen Staaten zu tun und das gelte es schlicht zu akzeptieren, erklärt ihm Niebel. Vor jedem Waffenexport muss die Regierung des Landes, aus dem exportiert wird, zustimmen. Die territoriale Integrität des eigenen Landes zu schützen, gehöre zu den Kernaufgaben eines jeden Staates, erinnert Niebel den Moderator, der sich vergeblich bemüht, dem ehemaligen Minister aus seiner Arbeit für einen Waffenkonzern einen Strick zu drehen. „Wenn ein Land das nicht mehr kann, haben wir plötzlich die Bundesregierung in Mali stehen“, erklärt er ihm die Zusammenhänge. Auch das wolle auf Dauer niemand.