Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Dieser Ticker wird fortlaufend aktualisiert.

  • Selenskyj: Russland will Ukraine auslöschen

  • Russland: Zwölf Kilometer in Ostukraine vorgerückt

  • Selenskyj: Bin bereit zu Verhandlungen mit Putin

  • Ukraine beklagt immer brutaleres Vorgehen der russischen Armee

  • Türkei sieht Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine "kurz vor Einigung"

  • Bürgerrechtler: Über 900 Festnahmen bei Demos in Russland

  • Ukraine erhält von Deutschland 500 Strela-Luftabwehrraketen

  • Ukrainische Armee: Russland verliert weitere hochrangige Militärs

  • Tschernihiw: Weiter schwere Gefechte

Die News-Lage im Livestream:

+++ Selenskyj: Russland will Ukraine auslöschen +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Video-Botschaft an Israel Russland mit Nazi-Deutschland gleichgesetzt und dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vorgeworfen. «Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: "Endlösung", aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage», sagte der 44-Jährige am Sonntag in einem Video-Auftritt vor Knesset-Abgeordneten. Das Staatsoberhaupt mit jüdischen Wurzeln erinnerte dabei an die sogenannte «Endlösung der Judenfrage», wie die Ermordung von Millionen Juden in Europa durch Nazi-Deutschland genannt wurde.

Der vor etwas mehr als drei Wochen begonnene russische Einmarsch in die Ukraine sei dabei nicht nur eine «militärische Spezialoperation» - wie der Krieg in Russland bezeichnet wird. «Das ist ein großflächiger und hinterhältiger Krieg, der auf die Vernichtung unseres Volkes, unserer Kinder, unserer Familien, unseres Staates abzielt», sagte Selenskyj. Die Ukraine befinde sich damit in einer ähnlich prekären Situation, wie der jüdische Staat im Nahen Osten.

Im Hinblick auf die ständigen russischen Raketenangriffe sagte Selenskyj: «Jeder in Israel weiß, dass Ihre Raketenabwehr die beste ist. Jeder weiß, dass Ihre Waffen stark sind.» Für ihn stelle sich daher die Frage, warum Israels Regierung bisher weder Waffen an Kiew geliefert noch sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen habe.

+++ Russland: Zwölf Kilometer in Ostukraine vorgerückt +++

Die russische Armee ist bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine um zwölf Kilometer vorgerückt. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol sei erreicht worden, erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag der Agentur Interfax zufolge. Von ukrainischer Seite gab es dazu keine Angaben. Der ukrainische Generalstab schrieb auf Facebook jedoch von russischen Mobilisierungsmaßnahmen in den von Russland eingenommenen Gebieten der Regionen Luhansk und Donezk.

Die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk werden seit 2014 von Russland unterstützt und ausgerüstet. Das von ihnen kontrollierte Territorium umfasste vor dem russischen Angriff vom 24. Februar nur einen Teil der ukrainischen Verwaltungsgebiete Luhansk und Donezk. Die Separatisten beanspruchen diese größeren Gebiete - deren Eroberung ist eines der Kriegsziele Moskaus.

Die russische Armee zerstörte nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums seit dem 24. Februar 214 Drohnen, 1483 Panzer und Panzerfahrzeuge, 150 Raketenwerfer, 584 Artilleriegeschütze und 1279 Fahrzeuge der ukrainischen Streitkräfte. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

+++ Selenskyj: Bin bereit zu Verhandlungen mit Putin +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erneut seine Bereitschaft zu persönlichen Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs in seinem Land unterstrichen. «Ich bin bereit für Verhandlungen mit ihm», sagte Selenskyj am Sonntag dem US-Sender CNN laut Übersetzer. «Wenn es nur eine einprozentige Chance gibt, diesen Krieg zu stoppen, dann denke ich, dass wir sie ergreifen müssen.» Sollten alle Friedensbemühungen scheitern, «würde es bedeuten, dass dies ein dritter Weltkrieg ist».

Selenskyj machte deutlich, dass die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sowie ihre Unabhängigkeit nicht zur Verhandlung stehen könnten. Von westlichen Staats- und Regierungschefs forderte der ukrainische Präsident Sicherheitsgarantien für sein Land.

Selenskyj zeigte in der CNN-Sendung ein Video, das erschütternde Kriegsszenen in der Ukraine zeigte, zugleich aber Optimismus verbreiten sollte. «Wir werden gewinnen, und es wird neue Häuser, neue Städte, neue Träume geben», hieß es in dem Video.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj . (Bild: Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj . (Bild: Getty Images)

+++ Weißes Haus: Biden fliegt bei Europa-Reise nicht in die Ukraine +++

Die US-Regierung ist Spekulationen entgegengetreten, US-Präsident Joe Biden könnte bei seiner Europa-Reise in den kommenden Tagen auch die Ukraine besuchen. «Die Reise wird darauf ausgerichtet sein, die Welt weiterhin für die Unterstützung des ukrainischen Volkes und gegen Präsident Putins Einmarsch in der Ukraine zu mobilisieren», teilte Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Sonntag auf Twitter mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin mit. «Aber es ist nicht geplant, in die Ukraine zu reisen.» Man werde noch am Sonntag weitere Einzelheiten zu der Reise mitteilen.

In US-Medien wird seit Tagen darüber spekuliert, dass Biden nach seinen Terminen in Brüssel Polen besuchen könnte.

+++ Ukrainischer Berater: Front «praktisch eingefroren» +++

Der Frontverlauf im Krieg mit Russland ist nach ukrainischen Angaben «praktisch eingefroren». Sowohl die russische als auch die ukrainische Seite hätten nicht genug Kraft, um die Situation in die eine oder andere Richtung zu drehen, sagte Olexij Arestowitsch, Berater des Büroleiters von Präsident Wolodymyr Selenskyj, am Sonntag bei einem Briefing. Es würden taktische Aktionen und Angriffe durchgeführt.

Der ukrainische Generalstab befürchtet das aktive Eingreifen des Nachbarlandes Belarus in den Krieg. Es seien Anzeichen der Vorbereitung belarussischer Streitkräfte auf eine direkte Invasion der Ukraine registriert worden, heißt es in einer Mitteilung auf Facebook.

Obwohl russische Truppen aus Belarus in die Ukraine eingefallen sind, hat der autoritäre belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko, der als Protegé von Kremlchef Wladimir Putin gilt, bisher eine direkte Beteiligung seiner Truppen am Krieg im Nachbarland abgelehnt.

+++ Ukraine beklagt immer brutaleres Vorgehen der russischen Armee +++

Die Ukraine hat der russischen Armee ein immer brutaleres Vorgehen mit zerstörerischem Artillerie-Beschuss vorgeworfen. Wegen vielfachen Scheiterns bei den Angriffen auf die Ukraine würden die Waffen gegen friedliche Städte gerichtet, schrieb der ukrainische Präsidentenberater Michail Podoljak am Sonntag bei Twitter, dem 25. Tag in dem russischen Angriffskrieg. Er kritisierte auch den Einsatz der neuen russischen Hyperschall-Rakete «Kinschal» (Dolch) und der Rakete «Bastion».

Das russische Militär hatte über den Raketenbeschuss berichtet, allerdings betont, dass nur Ziele der ukrainischen Armee damit getroffen worden seien.

Die ukrainischen und die russischen Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Podoljak führt auf ukrainischer Seite auch die Delegation bei den Verhandlungen mit Russland zur Beendigung der Kampfhandlungen. Ukrainische Medien berichteten, dass es an diesem Montag eine neue Runde bei den Gesprächen gebe solle auf Delegationsebene. Auf Experten-Ebene liefen die Verhandlungen inzwischen täglich, hieß es.

+++ Türkei sieht Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine "kurz vor Einigung" +++

Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Krieges kommen nach Angaben der Türkei voran und stehen angeblich kurz vor einer Einigung. "Natürlich ist es nicht einfach, während der Krieg tobt, aber wir glauben, dass es vorangeht", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Sonntag. "Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen."

Das Nato-Mitglied Türkei steht in Kontakt mit den Verhandlungsteams der beiden Länder, wie Cavusoglu sagte. Er lehnte es jedoch ab, Einzelheiten über die Gespräche preiszugeben, da "wir eine ehrliche Vermittlerrolle spielen". Ankara unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten und versucht intensiv, sich als Vermittler zu positionieren.

In einem Interview mit der Tageszeitung "Hürriyet" sagte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin nun, dass die beiden Seiten über sechs Punkte verhandeln würden: die Neutralität der Ukraine, Abrüstung und Sicherheitsgarantien, die "Entnazifizierung", die Beseitigung von Hindernissen für den Gebrauch der russischen Sprache in der Ukraine, den Status der abtrünnigen Region Donbass und den Status der 2014 von Russland annektierten Krim.

+++ Bürgerrechtler: Über 900 Festnahmen bei Demos in Russland +++

Bei erneuten Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine sind am Sonntag in Russland nach Angaben von Bürgerrechtlern fast Tausend Menschen festgenommen worden.

Bis zum Nachmittag wurden mindestens 937 Menschen in 38 Städten festgenommen, wie die Organisation OWD-Info mitteilt. Proteste gab es demnach unter anderem in Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg, Nischni Nowgorod und Wladiwostok.

Die russischen Behörden gehen immer wieder hart gegen kremlkritische Demonstranten vor. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar gab es laut OWD-Info mehr als 15.000 Festnahmen wegen Demonstrationen gegen den Krieg.

Einige Demonstranten seien bereits mehrfach festgenommen worden, schreibt die Organisation in ihrem Telegram-Kanal. Es komme zum Teil zu Geldstrafen und Verhaftungen. Den Angaben nach wurde eine strafrechtliche Verfolgungskampagne gegen Kriegsgegner und Oppositionelle eingeleitet. Mindestens 37 Fälle gegen 43 Menschen würden verfolgt.

+++ Ukraine erhält von Deutschland 500 Strela-Luftabwehrraketen +++

Die Ukraine hat von Deutschland 500 Luftabwehrraketen vom Typ Strela erhalten. Die Waffen wurden bereits am Donnerstag übergeben, heißt es aus ukrainischen Regierungskreisen. Darüber berichtete zuerst die «Welt am Sonntag». Der Zeitung zufolge sei die Übergabe in Polen erfolgt.

Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums sagte am Sonntag, aufgrund von «operativen und Sicherheitsaspekten» könne keine Auskunft zu spezifischen Waffensystemen erteilt werden. Es seien Lieferungen verschiedenster Militärausrüstung zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte zugesagt worden und auch bereits angekommen, und nach Möglichkeit werde es auch weitere geben.

Ursprünglich war von bis zu 2700 Strela-Luftabwehrraketen die Rede gewesen, mit der Lieferung musste sich aber noch der Bundessicherheitsrat befassen. Bei den Raketen handelt es sich um Waffen sowjetischer Produktion aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR.

+++ Opposition in der Ukraine kritisiert Betätigungsverbot +++

Die Opposition im ukrainischen Parlament hat das Betätigungsverbot für als «antiukrainisch» bezeichnete Parteien während des Kriegsrechts als illegal bezeichnet. Es sei ein Versuch mit frei erfundenen Vorwürfen, den «Hauptgegner» zu beseitigen, teilte die moskaufreundliche Partei Oppositionsplattform für das Leben am Sonntag in Kiew mit. Die Partei rief ihre Abgeordneten auf, trotz des Verbots ihre Arbeit fortzusetzen. «Wir werden alle rechtswidrigen Entscheidungen anfechten.» Die zweitgrößte Fraktion in der Obersten Rada stellt 44 der aktuell 423 Abgeordneten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in einem Video zur Begründung und mit Blick auf die russlandfreundlichen Parteien in der Ukraine gesagt: «Jegliche Aktivität von Politikern, die auf eine Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, sondern eine harte Antwort erhalten.» Insgesamt war per Erlass elf Parteien eine Betätigung verboten worden.

+++ Ukrainische Armee: Russland verliert weitere hochrangige Militärs +++

Die russische Armee soll im Krieg gegen die Ukraine nach Angaben aus Kiew weitere hochrangige Militärs verloren haben. Kommandeure des Fallschirmregiments aus der russischen Stadt Kostroma nordöstlich von Moskau und des Kosakenregiments aus Stawropol im Süden Russlands seien «eliminiert» worden, teilte die ukrainische Armee am Sonntag mit. Darunter wird in der Regel verstanden, dass jemand getötet wurde. Der Kommandeur der 346. Brigade der Sondereinsatzkräfte sei zudem verletzt worden.

Diese Angaben ließen sich nicht überprüfen. Von russischer Seiten lagen dazu keine Informationen vor.

In über drei Wochen Krieg will die ukrainische Armee mehrere Dutzend hochrangige russische Offiziere getötet haben. Darunter sollen mindestens sechs Generäle von Armee und Nationalgarde gewesen sein.

+++ Vereinte Nationen: Schon Zehn Millionen Ukrainer vertrieben +++

Durch den Krieg in der Ukraine sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereits zehn Millionen Menschen vertrieben worden. Das berichtete Filippo Grandi, Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), am Sonntag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Das entspricht praktisch einem Viertel der ukrainischen Bevölkerung.

Rund 3,4 Millionen sind nach UNHCR-Angaben über die Grenzen in die Nachbarstaaten geflüchtet, die anderen sind im eigenen Land vor den Angriffen aus ihren Häusern und Wohnungen geflohen. «Diejenigen die Krieg führen, egal wo auf der ganzen Welt, sind für das Leid verantwortlich, das sie der Zivilbevölkerung zufügen, die zur Flucht gezwungen wird», twitterte Grandi.

+++ Nato beginnt Patriot-Stationierung in Slowakei +++

In der Slowakei hat die Stationierung von Patriot-Flugabwehrraketensystemen zur Stärkung der Nato-Ostflanke begonnen. Die ersten Kräfte seien eingetroffen, teilte der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad am Sonntag bei Facebook mit. Sowohl Deutschland als auch die Niederlande stellen für den Einsatz auf Antrag der Nato Soldaten und Waffensysteme bereit. Nad dankte den Partnern für ihre Unterstützung.

Nach Angaben des Verteidigungsministers werden die Einheiten zunächst auf dem Militärflugplatz Silac in der Mittelslowakei untergebracht. Die weitere Verlegung werde mit Experten konsultiert, um ein möglichst weites Territorium und wichtige Objekte abzudecken. Die Slowakei grenzt im Osten über knapp 100 Kilometer an die Ukraine, die sich gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt. Die Patriots können Flugzeuge, Hubschrauber und Raketen selbst in großer Höhe ausschalten.

Nad betonte noch einmal, dass die Patriot-Raketen kein Ersatz für die vorhandenen S-300-Flugabwehrraketensysteme seien, die noch aus der Sowjetunion stammen. Vielmehr handele es sich um ein zusätzliches Element der Luftraumverteidigung.

+++ Ukrainische Vize-Premierministerin: Russland begeht Völkermord +++

Die ukrainische Vize-Premierministerin Olga Stefanischina sieht im Vorgehen der russischen Truppen bei der Invasion ihres Landes einen Völkermord. Das sei «keine Frage, sondern einfach die Realität, mit der wir konfrontiert sind», sagte Stefanischina dem britischen Nachrichtensender Sky News am Sonntag. Russlands Präsident Wladimir Putin und die anderen Verantwortlichen im Kreml seien Kriegsverbrecher, sagte Stefanischina.

Der Politikerin zufolge wurden von ukrainischen Behörden inzwischen 2000 Ermittlungsverfahren gegen russische Soldaten wegen mutmaßlicher Verbrechen eingeleitet. Unter anderem habe es Berichte über Vergewaltigungen und Morde gegeben. Jeder Einzelne, der sich strafbar gemacht habe, müsse zur Verantwortung gezogen werden, sagte sie.

Als Völkermord werden laut der entsprechenden UN-Konvention von 1948 Verbrechen bezeichnet, die in der Absicht begangen oder befohlen wurden, «eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören».

+++ Ukraine: Sieben Fluchtkorridore für Zivilisten eingerichtet +++

In den umkämpften Städten der Ukraine sind am Sonntag sieben humanitäre Korridore für flüchtende Zivilisten eingerichtet worden. Über die Wege sollten auch Hilfsgüter in die Städte gebracht werden, teilte die ukrainische Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk in Kiew mit. Angelegt seien die Korridore in den Gebieten um die Hauptstadt Kiew und Charkiw sowie aus der besonders schwer von Kämpfen betroffenen Hafenstadt Mariupol in Richtung der Stadt Saporischschja.

Für die Menschen stünden Busse bereit, sagte Wereschtschuk. Verlassen werden könne Mariupol auch mit dem Auto. Organisiert werden sollten zudem Transportmöglichkeiten für Menschen, die sich bereits zu Fuß auf den Weg gemacht hätten. Die Fluchtrouten und Wege für die Hilfslieferungen werden für jeden Tag neu angekündigt.

Immer mehr Menschen verlassen die Ukraine (Bild: Sergei Grits/AP/dpa)
Immer mehr Menschen verlassen die Ukraine (Bild: Sergei Grits/AP/dpa)

Im Gebiet Kiew sollten einzelne Dörfer evakuiert und die Menschen in die Großstadt Browary gebracht werden, wo Busse für den Weitertransport warteten, sagte Wereschtschuk. Aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, sollten humanitäre Hilfsgüter wie Lebensmittel und Medikamente in Ortschaften in der Nähe gebracht werden, um den Menschen zu helfen.

+++ Berlin: Pop-Szene mobilisiert mit «Sound of Peace» für Ukraine +++

Mit einer großen Solidaritätskundgebung vor dem Brandenburger Tor haben Kulturschaffende vor Tausenden Menschen am Sonntag ihre Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine demonstriert. Die Friedensaktion «Sound of Peace» sollte nach Einschätzung der Veranstalter «Europas größte musikalische Kundgebung» gegen den Krieg werden.

Angemeldet waren 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zum Auftakt kamen zunächst mehrere Hundert Menschen zur musikalischen Kundgebung. Die Menge wuchs nach Beginn zunehmend auf mehrere Tausend an. Ziel von «Sound of Peace» sollte es sein, viele Spenden zu sammeln, um die Opfer des Krieges in der Ukraine zu unterstützen.

Auftreten sollten bis zum Abend unter anderem Marius Müller-Westernhagen mit seinem Song «Freiheit», David Garrett, Clueso, Michael Patrick Kelly, Fury in the Slaughterhouse, In Extremo, Mia., Mine, Peter Maffay, Revolverheld, Sarah Connor, Silbermond The BossHoss oder Zoe Wees. Sprechen sollte auch Natalia Klitschko, Frau des Bürgermeisters von Kiew und Ex-Profiboxers Vitali Klitschko.

Die Fernsehsender ProSieben und SAT.1 wollten die Friedenskundgebung von 15.00 Uhr an live auf beiden Programmen bis in den Abend hinein übertragen. Auch andere Sender hatten Übertragungen angekündigt.

+++ Ukrainisches Militär: «Tschernihiw wird verteidigt» +++

Um die nordukrainische Stadt Tschernihiw gibt es nach Militärangaben aus Kiew weiter schwere Gefechte. «Tschernihiw wird verteidigt», teilte die ukrainische Armee am Sonntag mit. Die Stadt nahe der Grenze zu Belarus werde beschossen. Es gebe keinen Strom und keine Heizung mehr. Viele Einwohner seien ohne Gas.

Dagegen sei die Nacht rund um die Hauptstadt Kiew vergleichsweise ruhig verlaufen. Der «Feind» errichte Befestigungsanlagen. Es habe aber Kämpfe um den Ort Butscha nordwestlich von Kiew gegeben, ebenso um Hostomel und Worsel. Seit mehr als einer Woche dauert dem Militär zufolge auch der Beschuss auf Vororte der Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine an. Alle Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen

+++ Selenskyj: Berge von Leichen russischer Soldaten +++

Mit drastischen Worten über schwere russische Kriegsverluste hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Videobotschaft an die Bevölkerung Russland gerichtet. «An den Brennpunkten besonders schwerer Kämpfe sind unsere vordersten Abwehrlinien mit Leichen russischer Soldaten praktisch überhäuft», sagte Selenskyj in der Nacht zum Sonntag.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wendet sich in einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit (Bild: -/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wendet sich in einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit (Bild: -/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa)

«Und diese Leichen, diese Körper werden von niemandem geborgen», fuhr er fort. «Und über sie jagen sie neue Einheiten hinweg, irgendwelche Reserven, die die russischen Befehlshaber irgendwo sammeln.» Er könne verstehen, das Russland über schier endlose Reserven an Soldaten und Militärgerät verfüge. «Aber ich möchte von den Bürgern Russlands wissen: Was hat man mit Ihnen in diesen Jahren getan, dass Sie Ihre Verluste nicht bemerkt haben?». Bisher seien bereits über 14 000 russische Soldaten getötet worden. «Das sind 14 000 Mütter, 14 000 Väter, Ehefrauen, Kinder, Verwandte, Freunde - und Ihnen fällt das nicht auf?»

Die ukrainische Darstellung zu den getöteten russischen Soldaten lässt sich nicht unabhängig überprüfen - ebenso wenig wie jene zu den eigenen militärischen Verlusten, die die Staatsführung vor rund einer Woche auf etwa 1300 Soldaten bezifferte. Die russische Seite hat bislang offiziell nur knapp 500 Gefallene in den Reihen der eigenen Armee bestätigt.

+++ Russland setzt in Ukraine-Krieg wieder Hyperschall-Rakete ein +++

Das russische Militär hat abermals die Hyperschall-Rakete «Kinschal» (Dolch) eingesetzt und damit nach eigenen Angaben ein Treibstofflager im Süden der Ukraine getroffen. Der Militärstützpunkt im Gebiet Mykolajiw sei aus dem Luftraum über der von Russland annektierten Halbinsel Krim angegriffen worden, sagte Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, am Sonntag in Moskau.

Eine russische Hyperschallrakete (Bild: Pavel Golovkin/AP/dpa)
Eine russische Hyperschallrakete (Bild: Pavel Golovkin/AP/dpa)

«Von diesem Stützpunkt aus wurden die meisten Treibstofflieferungen für ukrainische Panzerfahrzeuge abgewickelt.» Kalibr-Marschflugkörper hätten zudem Reparaturwerkstätten für ukrainische Panzer getroffen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Am Samstag hatte Russland das erste Mal seit Beginn des Krieges über den Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete «Kinschal» berichtet. Bisher kamen die Waffen vor allem bei Manövern zum Einsatz. Die «Kinschal»-Raketen können nach Angaben aus Moskau bis zu zehnfache Schallgeschwindigkeit erreichen.

+++ Stadtrat von Mariupol: Verschüttete nach Angriff auf Kunstschule +++

In der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine ist nach Angaben des Stadtrats eine Kunstschule Ziel eines Bombenangriffes geworden. 400 Menschen hätten dort Schutz gesucht, darunter Frauen, Kinder und Ältere, teilte der Stadtrat von Mariupol am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Das Gebäude sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden. «Menschen liegen noch immer unter den Trümmern.» Es wurden zunächst keine Angaben zu Opfern gemacht. Der Stadtrat machte russische Truppen dafür verantwortlich. Das ließ sich aber nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

In Mariupol mit 400 000 Einwohnern war zuletzt auch ein Theater angegriffen worden, in dem Menschen Schutz vor Luftangriffen gesucht hatten. Es wurden zwar Verschüttete gerettet. Seit Tagen ist aber unklar, wie viele Tote und Verletzte es bei diesem Vorfall gab.

+++ Hohe Opferzahl in zerstörter Kaserne in Mykolajiw +++

Nach einem Raketenangriff russischer Truppen auf eine Kaserne in Mykolajiw im Süden der Ukraine sollen Helfer gestern mindestens 50 Tote aus den Trümmern geborgen haben. Insgesamt hätten rund 200 Soldaten in dem Gebäude geschlafen, als die Raketen einschlugen, berichtete die «Ukrajinska Prawda». Knapp 60 Verletzte seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden. Von unabhängiger Seite bestätigt sind diese Informationen nicht.

+++ Klingbeil kritisiert Russland-Politik früherer Bundesregierungen +++

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sieht die Russland-Politik früherer Bundesregierungen im Nachhinein als fragwürdig an. «Alle Parteien, die Verantwortung getragen haben, müssen sich fragen, ob sie auf dem richtigen Weg waren», sagte Klingbeil der «Bild am Sonntag». Es habe klare Warnhinweise gegeben, wie den russischen Krieg gegen Georgien und die Krim-Annexion. «Ja, wir alle hätten das, was in Russland passiert ist, anders bewerten müssen.»

Seine Freundschaft zu Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der trotz des russischen Krieges gegen die Ukraine an seinen wirtschaftlichen Verbindungen nach Moskau festhält, erklärte Klingbeil für beendet: «Das, was in den letzten Wochen passiert ist, ist natürlich auch ein politischer Bruch zwischen Schröder und mir.» Der russische Präsident Wladimir Putin sei ein Kriegsverbrecher. Putin trage die Verantwortung für diesen brutalen Krieg, die ermordeten Menschen, die auseinandergerissenen Familien, für all das verbrecherische Elend.

Einen sofortigen Ausstieg aus den Gas- und Ölimporten aus Russland lehnte Klingbeil aber ab: «Wenn wir jetzt aber sofort den Import von russischem Öl und Gas stoppen, bedeutet das, dass sehr viele Menschen hier in Deutschland arbeitslos würden, Unternehmen pleitegingen. Das gefährdet den Zusammenhalt hier im Land.»

+++ Bürgermeister von Tschernihiw berichtet von katastrophaler Lage +++

Der Bürgermeister von Tschernihiw wies in einem dramatischen Appell auf die prekäre Lage in der von russischen Truppen eingekesselten nordukrainischen Stadt hin. «Der wahllose Artilleriebeschuss der Wohngebiete dauert an, dabei sterben friedliche Menschen», sagte Wladislaw Atraschenko laut der Agentur Unian. Die Stadt erlebe eine humanitäre Katastrophe. «Es gibt keine Stromversorgung, kein Wasser, keine Heizung, die Infrastruktur der Stadt ist vollständig zerstört.»

+++ Ukrainische Behörden: Mehr als 260 Zivilisten in Charkiw getötet +++

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor über drei Wochen sind bei Kämpfen um die Stadt Charkiw nach Angaben lokaler Behörden 266 Zivilisten getötet worden. Darunter seien 14 Kinder, teilten die Justizbehörden der zweitgrößten Stadt des Landes am Samstagabend mit. Die von russischen Truppen belagerte Stadt, in der vor Kriegsbeginn 1,5 Millionen Menschen lebten, werde weiterhin mit Artillerie beschossen, berichtete die Agentur Unian. Dabei seien am Samstagabend mehrere Wohnhäuser getroffen worden und in Brand geraten. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ Städtetag: Schieflage bei Verteilung von Kriegsflüchtlingen +++

Die Verteilung der Kriegsflüchtlinge funktioniert aus Sicht des Deutschen Städtetages trotz aller Beteuerungen der Verantwortlichen in Bund und Ländern noch immer nicht richtig.

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+++ Strahlenschutzamt sieht weiter ernste Lage in der Ukraine +++

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beobachtet die Entwicklung rund um die ukrainischen Atomkraftwerke nach eigenen Angaben weiterhin sehr genau.

Die Lage sei nach wie vor ernst, sagte BfS-Präsidentin Inge Paulini der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist in keinster Weise vorgesehen, dass sich um ein Atomkraftwerk herum Kriegshandlungen abspielen», erklärte sie. Es bestehe daher «grundsätzlich das Risiko, dass die Kampfhandlungen direkt zu Schäden, zu Unfällen, zu Austritten von Radioaktivität führen können». Ihr Amt sei seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar «in Dauerbeobachtung» der Situation.

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