Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker ist für heute beendet.

  • Ukraine bietet Export von Atomstrom nach Deutschland an

  • Ukrainische Truppen und Zivilisten noch in Sjewjerodonezk verschanzt

  • Lawrow wirft EU und Nato Kriegsvorbereitungen vor

  • Bundesregierung plant weitere Panzerhaubitzen für die Ukraine

  • Russland kündigt Antwort auf «feindliche Handlungen» der USA an

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Ukraine bietet Export von Atomstrom nach Deutschland an +++

Die gegen die russische Invasion kämpfende Ukraine hat den Export von Atomstrom nach Deutschland zur Gewährleistung der Energiesicherheit angeboten. «Im Bereich der Dekarbonisierung bewegt sich die Ukraine in einer anderen Logik als Deutschland», schreibt der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in einem Gastbeitrag für die «Wirtschaftswoche». Daher würden über 50 Prozent der ukrainischen Elektronenergie in Atomkraftwerken erzeugt. «Damit kann die Ukraine, die seit dem 16. März ihr Energienetz mit dem Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber synchronisiert hat, zum Outsourcer von Strom für Deutschland werden», erklärt Haluschtschenko.

In der Ukraine werden Atomkraftwerke sowjetischer Bauart mit einer Gesamtkapazität von mehr als 14 Gigawatt betrieben. Sechs Blöcke im größten Atomkraftwerk Europas in Enerhodar bei Saporischschja befinden sich allerdings seit März unter russischer Kontrolle. Mit dem russischen Einmarsch vor vier Monaten ist aufgrund der Kämpfe, der Fluchtbewegung und des Wirtschaftseinbruchs auch der Stromverbrauch massiv zurückgegangen. Aktuell exportiert Kiew bereits Strom nach Polen und nach Moldau.

Atomkraftwerk in Enerhodar
Atomkraftwerk in Enerhodar. (Bild: REUTERS/Stringer)

+++ Ukrainische Truppen und Zivilisten noch in Sjewjerodonezk verschanzt +++

Trotz der Grundsatzentscheidung Kiews, das schwer umkämpfte Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine aufzugeben, hängen in der früheren Großstadt immer noch regierungstreue Truppen, aber auch Zivilisten fest. Das geht aus dem Lagebericht des Generalstabs und aus Aussagen der Kreisverwaltung am Freitag hervor. Die russischen Truppen «haben Sturmaktivitäten in der Industriezone von Sjewjerodonezk durchgeführt», teilte der Generalstab mit.

Laut dem Chef der Kreisverwaltung, Roman Wlassenko, wird der Abzug der ukrainischen Truppen noch einige Tage in Anspruch nehmen. Zudem sagte er im Interview mit dem US-Sender CNN, dass sich noch 568 Zivilisten in der Chemiefabrik «Azot» vor den Angriffen versteckten. Diese könnten die Anlage verlassen, sobald das Feuer eingestellt sei, allerdings dann nur noch in Richtung russisch besetzter Gebiete, sagte Wlassenko.

+++ Lawrow wirft EU und Nato Kriegsvorbereitungen vor +++

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat der Europäischen Union und der Nato vorgeworfen, Kräfte zu einem Krieg gegen Russland zu bündeln. «Wir machen uns wenig Illusionen darüber, dass sich die derzeitige russenfeindliche Aufgeladenheit der EU auf absehbare Zeit und - um ehrlich zu sein - auch langfristig irgendwie auflösen oder ändern wird», sagte Lawrow am Freitag bei einem Besuch in der ehemaligen Sowjetrepublik Aserbaidschan.

Zudem verwies er nach einem Bericht der Agentur Ria Nowosti darauf, dass Nazi-Deutschland unter Adolf Hitler zu Beginn des Zweiten Weltkriegs andere europäische Länder zum Angriff auf die Sowjetunion um sich versammelt habe. Lawrow fügte hinzu: «Jetzt stellt auch die EU zusammen mit der Nato eine solche moderne Koalition zusammen für einen Kampf und letztendlich für einen Krieg gegen die Russische Föderation. Wir werden das alles sehr aufmerksam beobachten.»

+++ Bundesregierung plant weitere Panzerhaubitzen für die Ukraine +++

Die Bundesregierung will der Ukraine weitere Panzerhaubitzen zur Abwehr des russischen Angriffs überlassen. Dazu laufen Gespräche mit den Niederlanden sowie einem weiteren europäischen Partner, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Verteidigungsministeriums in Berlin erfuhr.

Die Ukraine hat bisher sieben Stück der Panzerhaubitze 2000 aus Deutschland erhalten sowie fünf der Waffensysteme aus den Niederlanden. Aus Kiew war erklärt worden, dass man mit insgesamt 18 Haubitzen - also sechs weiteren Modellen - ein komplettes ukrainisches Artilleriebataillon ausrüsten könne. In Berlin gibt es den festen Willen, die Bitte zu erfüllen, wenn auch Partner liefern, so dass Deutschland drei oder nur zwei weitere Waffensysteme liefern würde, wurde der dpa erklärt.

+++ Zwei Prozent der Firmen haben Flüchtlinge aus Ukraine beschäftigt +++

Nur zwei Prozent der Betriebe in Deutschland haben einer Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bis Ende Mai Geflüchtete aus der Ukraine eingestellt. Die meisten Flüchtlinge seien in der Gastronomie, auf dem Bau und im Handel untergekommen, heißt es in einer Mitteilung des IAB vom Freitag. Das Institut hatte Betriebe im Zeitraum zwischen 2. und 20. Mai befragt.

Knapp zwei Drittel der befragten Betriebe hätten angegeben, dass die Qualifizierung der Bewerber für ihre Bedürfnisse ausreichend gewesen sei, etwa ein Drittel sah das nicht in ausreichendem Maß als gegeben an. Wichtig war den Betrieben in 70 Prozent der Fälle, dass die Ukrainerinnen zumindest eine Aufenthaltsgenehmigung von einem Jahr vorweisen konnten. Dies sei nötig, um Mehraufwendungen zum Start über die Zeit kompensieren zu können.

+++ Selenskyj: Ukraine kein Puffer zwischen Westen und Russland +++

Nach dem Erhalt des EU-Kandidatenstatus hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem Wendepunkt für sein Land gesprochen. «Die Ukraine ist keine Brücke, kein Polster zwischen dem Westen und Russland, kein Puffer zwischen Europa und Asien, keine Einflusssphäre, keine graue Zone, kein Transitland», sagte der 44 Jahre alte Staatschef in einer am Freitag veröffentlichten Videoansprache. Die Ukraine sei ein «zukünftiger gleichrangiger Partner für mindestens 27 EU-Länder.» Die Ukraine sei kein «Drittland» mehr, sondern werde Mitglied der Europäischen Union.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: John Moore/Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: John Moore/Getty Images)

Im selben Video sprach Parlamentschef Ruslan Stefantschuk davon, dass diese Entscheidung die Geschichte ändern werde. Der 46-Jährige sagte: «Wir können die Geografie nicht ändern. Russland wird weiter unser Nachbar bleiben.» Doch habe die Geschichte in diesem Fall die Geografie besiegt.

+++ Russland kündigt Antwort auf «feindliche Handlungen» der USA an +++

Russland hat den USA «feindliche Handlungen» vorgeworfen und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die USA betonten zwar stets ihr Interesse an der Aufrechterhaltung diplomatischer Beziehungen, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Freitag in Moskau. «Auf der anderen Seite kommt man nicht umhin festzustellen, dass solche Äußerungen durch immer feindlichere Handlungen der amerikanischen Seite durchkreuzt werden.»

Sacharowa behauptete, dass die - zu Moskaus Ärger - vom EU-Land Litauen verhängten Transitbeschränkungen für Russlands Ostsee-Exklave Kaliningrad auf «offensichtliche Anregung und Vorgabe» der USA erlassen worden seien. Erneut verwies sie darauf, dass einem Flugzeug mit ausgewiesenen russischen Diplomaten in Washington die Starterlaubnis verweigert werde. Das US-Außenministerium hatte diese Darstellung bereits zurückgewiesen.

Ebenso wie die EU haben auch die USA nach Russlands Angriff auf die Ukraine Ende Februar weitreichende Sanktionen verhängt. Insgesamt gebe es allen Grund zur Annahme, dass die USA «aus einer Position der Stärke heraus» mit Russland zu sprechen versuchten, kritisierte Sacharowa. «Wir werden entsprechende Schlussfolgerungen ziehen und notwendige Maßnahmen ergreifen», sagte sie. Details nannte sie nicht.

+++ Russische Truppen erobern ukrainische Siedlungen bei Lyssytschansk +++

Im ostukrainischen Gebiet Luhansk haben russische und prorussische Kämpfer eigenen Angaben zufolge die Siedlungen Hirske und Solote erobert. Die Luhansker Separatisten zeigten am Freitag das Hissen einer sowjetischen Flagge auf dem Gebäude der Stadtverwaltung von Solote, das südlich der umkämpften Großstadt Lyssytschansk liegt. Eine Bestätigung der ukrainischen Seite gab es zunächst nicht.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass russische Truppen das Gebiet rund um die beiden Siedlungen eingeschlossen haben. Unklar blieb, ob zumindest Teile der ukrainischen Einheiten sich rechtzeitig zurückziehen und somit retten konnten.

(Symbolbild: Yuri KADOBNOV / AFP)
(Symbolbild: Yuri KADOBNOV / AFP)

+++ Lindner ist gegen Vorschlag für einen «Kriegssoli» +++

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Forderung seines baden-württembergischen Amtskollegen Danyal Bayaz (Grüne) nach einem «Kriegssoli» zurückgewiesen. Massive Steuererhöhungen wie ein «Kriegssoli» seien geeignet, die wirtschaftliche Entwicklung zu strangulieren, warnte Lindner am Freitag. «Wir brauchen mehr Wachstumsimpulse, mehr Gründungen, mehr Überstunden, um unseren Wohlstand zu sichern. Steuererhöhungen würden die Stärkung der Wirtschaftslage sabotieren», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Wegen der großen Belastung durch Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie hält Bayaz Steuererhöhungen nach der Krise für unvermeidbar. «Warum nicht so etwas wie einen Kriegssoli in so einer schwierigen Zeit», hatte der Grünen-Politiker am Donnerstag in der SWR-Sendung «Zur Sache Baden-Württemberg» gesagt. Die Ampel habe in ihrem Koalitionsvertrag zwar Steuererhöhungen ausgeschlossen. Aber wenn diese Krise einmal vorbei sei, müsse die Frage beantwortet werden, wer die Rechnung für die Hilfspakete und das Sondervermögen für die Bundeswehr bezahle.

Lindner sagte: «Wir sind in einer fragilen Lage. Einerseits fürchten die Menschen, durch die Inflation ihr Leben nicht bezahlen zu können. Andererseits muss ein Absturz der Wirtschaft verhindert werden.» Das Einhalten der Schuldenbremse sei ein wichtiger Beitrag zur Inflationsbekämpfung. «Die auch für Baden-Württemberg stark steigenden Zinsen sollten meinen geschätzten Kollegen veranlassen, dem Bund keine neuen Schulden zu empfehlen», sagte der FDP-Vorsitzende.

+++ Selenskyj: EU-Kandidatenstatus für Ukraine historisch +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte den EU-Kandidatenstatus für sein Land als einen historischen Moment. «Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU», betonte er nach der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs der EU beim Gipfel in Brüssel. Zugleich sei dies aktuell der größte mögliche Schritt zur Stärkung Europas, «während der russische Krieg unsere Fähigkeit auf die Probe stellt, Freiheit und Einheit zu wahren.

Selenskyj hatte sich in den vergangenen Monaten massiv für eine Beitrittsperspektive starkgemacht. Er bekräftigte nun in seiner täglichen Videoansprache, dass die Ukraine in der Lage sei, ein vollwertiges EU-Mitglied zu werden.

+++ USA sagen Ukraine weitere Waffen für 450 Millionen Dollar zu +++

Die USA kündigten weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Umfang von 450 Millionen Dollar (etwa 428 Millionen Euro) an. Dazu gehörten auch Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesysteme und Patrouillenboote, sagte ein hochrangiger Vertreter des Weißen Hauses, John Kirby.

Die USA haben dem von Russland angegriffenen Land in den bisherigen vier Kriegsmonaten nach eigenen Angaben Waffen und Ausrüstung im Wert von rund 6,1 Milliarden Dollar zugesagt oder bereits geliefert. Die Regierung in Kiew bittet um mehr moderne Waffen, um die militärische Überlegenheit russischer Truppen einzudämmen.

+++ Weißes Haus: G7-Gipfel soll Russland weiter isolieren +++

US-Präsident Joe Biden reist an diesem Samstag zum G7-Gipfel, der von Sonntag bis Dienstag im Schloss Elmau in Bayern stattfindet. Kirby nannte als Ziele des Gipfels, «Russland weiter von der Weltwirtschaft zu isolieren, die russische Rüstungslieferkette ins Visier zu nehmen und weiter gegen die Umgehung dieser beispiellosen Sanktionen vorzugehen».

Nach dem G7-Treffen reist Biden zu einem Nato-Gipfel nach Madrid. Auch dort wird der Ukraine-Krieg im Mittelpunkt stehen.