Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten Nachrichten des Tages nachlesen.

  • EU: Hunderttausende Menschen durch Staudamm-Zerstörung bedroht

  • Selenskyj sieht größtes menschengemachtes Umweltdesaster

  • Experten vermuten Russland hinter Staudamm-Sprengung

  • Atombehörde: Keine «unmittelbare Gefahr» für AKW Saporischschja

  • Scholz nach Staudamm-Zerstörung: «Neue Dimension» der Kriegsführung

  • Zerstörter Staudamm: Kreml spricht von ukrainischer Sabotage

  • Baerbock macht Moskau verantwortlich für Umweltkatastrophe

  • Ukraine fordert Russlands Ausschluss aus UN-Sicherheitsrat

  • Britischer Außenminister nennt Damm-Zerstörung «Kriegsverbrechen»

  • Ukraine wirft Russland vor UN-Gericht Terrorismus vor

  • Staudamm in Südukraine zerstört

  • Schwere Überschwemmungen befürchtet

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ EU: Hunderttausende Menschen durch Staudamm-Zerstörung bedroht +++

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine gefährdet nach Angaben der EU Hunderttausende Zivilisten. Betroffen seien etwa 80 Siedlungen, darunter auch die Gebietshauptstadt Cherson, teilten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der für Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic am Dienstag mit. Zudem beeinflussten die sinkenden Wasserstände auch den Kühlwasser-Zugang des Atomkraftwerks Saporischschja.

Cherson: Eine Anwohnerin bahnt sich einen Weg durch eine überflutete Straße. (Bild: Evgeniy Maloletka/AP/dpa)
Cherson: Eine Anwohnerin bahnt sich einen Weg durch eine überflutete Straße. (Bild: Evgeniy Maloletka/AP/dpa)

Die beiden EU-Vertreter machten wie andere europäische Spitzenpolitiker Russland für die Zerstörung verantwortlich. Indem Russland das ordnungsgemäße Funktionieren der Sicherheits- und Sicherungssysteme des Atomkraftwerks gefährde, setze es seinen unverantwortlichen Atompoker fort, kritisierten Borrell und Lenarcic. Die Europäische Union verurteile diesen Angriff auf das Schärfste. Er stelle eine neue Dimension russischer Gräueltaten dar und könnte als Kriegsverbrechen gewertet werden.

Borrell und Lenarcic boten der Ukraine zudem Unterstützung der EU an. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen verfolge aktiv die Lage und stehe in engem Kontakt mit dem ukrainischen staatlichen Nothilfedienst, teilten sie mit. Man stehe bereit, um auf alle unmittelbaren Bedürfnisse einzugehen - einschließlich nach Nahrungsmitteln und Trinkwasser.

+++ Zerstörter Staudamm: THW bereitet sich auf Hilfstransporte vor +++

Die Bundesregierung hat nach der Zerstörung eines Staudamms im Süden der Ukraine Hilfe angekündigt. Deutschland werde der Ukraine zur Seite stehen, um diese Katastrophe inmitten des von Russlands Präsidenten Wladimir Putin geführten Angriffskrieges zu bewältigen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag. Man wolle vor allem dabei helfen, evakuierte Menschen versorgen zu können.

«Das THW bereitet deshalb bereits jetzt mit Hochdruck deutsche Hilfslieferungen für die betroffene Region vor», teilte die Ministerin mit. «Unsere Hilfslieferungen werden wir binnen kürzester Zeit auf den Weg bringen.» In einer Mitteilung des Technischen Hilfswerks hieß es: «Derzeit bereiten THW-Kräfte Hilfsgütertransporte für den ukrainischen Katastrophenschutz (DSNS) vor.» Unter den möglichen Hilfsgütern seien Wasserfilter und Stromerzeuger, die in dem betroffenen Gebiet dringend benötigt würden.

«Zivile Infrastruktur zu zerstören, Menschen die Lebensgrundlage zu nehmen, Land und Natur zu zerstören – all das zeigt erneut eine unfassbare Brutalität», sagte Faeser. Die Ukraine beschuldigt Russland, den Kachowka-Staudamm gesprengt zu haben, dessen Zerstörung große Überflutungen verursacht hat. Moskau behauptet, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen hätten.

+++ Selenskyj sieht größtes menschengemachtes Umweltdesaster +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Moskau für die Sprengung des Kachowka-Staudamms verantwortlich gemacht und mit dem Einsatz einer Massenvernichtungswaffe verglichen. «Das ist die größte menschengemachte Umweltkatastrophe in Europa seit Jahrzehnten», sagte er bei einer Sicherheitskonferenz in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Dort war er am Dienstag per Video zugeschaltet. «Russland hat eine ökologische Massenvernichtungswaffe gezündet.»

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Michael Kappeler/dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Selenskyj wies die vom Kreml verbreitete Behauptung zurück, die Ukraine habe den Damm selbst zerstört und damit eine verheerende Flutwelle verursacht. «Russland kontrolliert den Kachowka-Damm mit dem Wasserkraftwerk seit über einem Jahr», sagte er nach Angaben seines Präsidialamtes. «Und es ist physisch unmöglich ihn von außen, durch Beschuss zu zerstören.» Der Staudamm sei von russischen Soldaten vermint worden. «Und sie haben ihn gesprengt.»

Als Konsequenz forderte der ukrainische Präsident eine energische gemeinsame Verteidigung Europas gegen Russland. Durch den geborstenen Damm fließt das Wasser des Kachowka-Stausees seit Dienstagnacht ungehindert ab und hat schon zahlreiche Ortschaften überschwemmt.

+++ Östliche Nato-Länder rufen zu Geschlossenheit gegen Russland auf +++

Die Staatsoberhäupter von neun östlichen Nato-Ländern haben ihre Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. Bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Bratislava zur Vorbereitung des Nato-Gipfels in Vilnius im Juli unterstrichen sie die Unabhängigkeit der Ukraine und die Unverletzbarkeit ihrer international anerkannten Grenzen. Die slowakische Gastgeberin Zuzana Caputova rief in einer Pressekonferenz beim Treffen des sogenannten Bukarest-Neun-Formats auch die westlichen Verbündeten zur Geschlossenheit gegenüber dem Aggressor Russland auf.

«Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass der beste Weg der Wiederherstellung des Friedens in Europa unsere intensive Hilfe für die Ukraine ist», sagte Caputova mit Blick auf das letzte Treffen der Staatengruppe in Rumänien vor einem Jahr. Dank dieser Hilfe kontrolliere Russland inzwischen weniger ukrainisches Territorium als noch vor einem Jahr. Die östlichen Nato-Länder hingegen seien zugleich widerstandsfähiger gegen mögliche russische Aggressionen geworden. Wichtig sei nun aber auch eine weitere Verstärkung der eigenen militärischen Kapazitäten.

+++ Experten vermuten Russland hinter Staudamm-Sprengung +++

Nach der Zerstörung eines Staudamms in dem von russischen Truppen besetzten Teil der Ukraine sehen Experten die Verantwortung bei Russland. «Alles spricht dafür, dass die Russen den Damm gesprengt haben», sagte der Militärexperte Carlo Masala am Dienstag dem Nachrichtenportal «t-online». Moskau verfolge damit zwei Ziele: Chaos zu stiften und eine Gegenoffensive der Ukraine zu behindern.

Masala sagte, Russland gehe es darum, eine bereits begonnene ukrainische Gegenoffensive zu verlangsamen. Eine Flussüberquerung sei die schwierigste Operation überhaupt für Streitkräfte, so der Professor der Bundeswehr-Universität München. Mit steigendem Wasser und der Überflutung beider Flussufer würden ukrainische Offensivoperationen an jener Stelle faktisch unmöglich. Trotzdem werde Russland eine Gegenoffensive nicht ganz aufhalten können.

+++ Atombehörde: Keine «unmittelbare Gefahr» für AKW Saporischschja +++

Nach der Zerstörung des südukrainischen Kachowka-Staudamms besteht laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) keine unmittelbare Gefahr für das nordöstlich gelegene Atomkraftwerk Saporischschja. «IAEA-Experten am Atomkraftwerk Saporischschja beobachten die Situation genau», teilte die Behörde am Dienstagmorgen auf Twitter mit.

«Keine unmittelbare Gefahr am Kraftwerk.» Auch ein Sprecher des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom sagte der Agentur Interfax, das AKW - das ebenso wie der Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro liegt - sei nicht betroffen. Die Atom-Anlage ist infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von russischen Truppen besetzt.

Das Kernkraftwerk Saporischschja steht immer wieder unter Beschuss (Bild: Olexander Prokopenko/AP/dpa)
Das Kernkraftwerk Saporischschja steht immer wieder unter Beschuss (Bild: Olexander Prokopenko/AP/dpa)

Beide Kriegsparteien hatten am frühen Dienstagmorgen schwere Schäden am Staudamm sowie am Wasserkraftwerk von Nowa Kachowka im von Russland besetzten Teil des Gebiets Cherson gemeldet. Die Ukraine beschuldigte Russland, den Damm gesprengt und so eine mögliche Überschwemmungskatastrophe in Kauf genommen zu haben. Moskau wies das zurück und warf im Gegenzug ukrainischen Truppen vor, die Anlage beschossen zu haben. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

+++ Baerbock macht Moskau verantwortlich für Umweltkatastrophe +++

Außenministerin Annalena Baerbock hat Russland für die Überflutungen nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine verantwortlich gemacht.

Annalena Baerbock (Bild: Reuters)
Annalena Baerbock (Bild: Reuters)

«Für diese menschengemachte Umweltkatastrophe gibt es nur einen Verantwortlichen: der verbrecherische Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine», sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei ihrer Lateinamerika-Reise im brasilianischen São Paulo. «Mit dem Kachowka-Damm wird ein ziviler Staudamm in Nähe eines Kernkraftwerks als Kriegswaffe missbraucht und das Leben der Menschen in der Umgebung in höchste Gefahr gebracht.»

Baerbock versicherte, dass in der Bundesregierung «mit Hochdruck» an einem genauen Lagebild gearbeitet werde. Dies geschehe in enger Abstimmung mit der Ukraine, den anderen Staaten der Siebener-Gruppe der großen westlichen Industrienationen (G7) und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).

+++ Scholz nach Staudamm-Zerstörung: «Neue Dimension» der Kriegsführung +++

Nach der Zerstörung eines Staudamms in dem von russischen Truppen besetzten Teil der Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Russland vorgeworfen, immer stärker zivile Ziele zu attackieren.

Olaf Scholz (Bild: Reuters)
Olaf Scholz (Bild: Reuters)

«Das ist ja auch etwas, das sich einreiht in viele, viele der Verbrechen, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind», sagte der Kanzler am Dienstag beim «Europaforum» des WDR in Berlin auf eine Frage nach möglichen Konsequenzen aus der Staudamm-Explosion. Die russischen Streitkräfte würden auch Städte, Dörfer, Krankenhäuser, Schulen und Infrastrukturen angreifen. «Deshalb ist das etwas, das eine neue Dimension hat, aber zu der Art und Weise passt, wie Putin diesen Krieg führt.»

+++ Zerstörter Staudamm: Kreml spricht von ukrainischer Sabotage +++

Entgegen anderslautender Berichte aus Kiew und dem Westen hat der Kreml die Ukraine der Zerstörung des wichtigen Staudamms im russisch besetzten Nowa Kachowka beschuldigt. «Wir erklären offiziell, dass es sich hier eindeutig um eine vorsätzliche Sabotage der ukrainischen Seite handelt, die auf Befehl (...) des Kiewer Regimes geplant und ausgeführt wurde», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Beweise für die Anschuldigungen legte er nicht vor. Präsident Wladimir Putin werde über alle Entwicklungen informiert, sagte Peskow.

Wladimir Putin (Bild: Gavriil Grigorov/Sputnik Kremlin Pool via AP/dpa)
Wladimir Putin (Bild: Gavriil Grigorov/Sputnik Kremlin Pool via AP/dpa)

Die Ukraine und auch viele westliche Beobachter sind hingegen überzeugt, dass die russischen Besatzer die Staudamm-Anlage am frühen Morgen selbst gesprengt haben - möglicherweise, um so die geplante ukrainische Gegenoffensive zu behindern. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: «Das ist ja auch etwas, das sich einreiht in viele, viele der Verbrechen, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind.»

+++ Ukraine fordert Russlands Ausschluss aus UN-Sicherheitsrat +++

Die Ukraine hat die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden des Landes als «größte menschengemachte Katastrophe seit Jahrzehnten» eingestuft. Hunderttausende bekämen in den kommenden Jahren die negativen Folgen zu spüren, warnte der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, am Dienstag in Kiew. Er bezeichnete Russland als «Terrorstaat», der seinen Angriffskrieg auf eine neue Stufe stelle. «Heute ist Russland eine globale Bedrohung.» Das Land müsse seinen Sitz im UN-Sicherheitsrat verlieren. Russland gehört dort zu den fünf Vetomächten.

Außenminister Dymtro Kuleba verurteilte den Anschlag auf den Staudamm und das Wasserkraftwerk im russisch besetzten Teil des Gebiets Cherson als «abscheuliches Kriegsverbrechen». «Russland hat den Kachowka-Staudamm zerstört und damit die wahrscheinlich größte technische Katastrophe in Europa seit Jahrzehnten verursacht», schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Tausende Zivilisten seien in Gefahr. «Die Ukraine steht vor einer großen humanitären und ökologischen Krise.» Vorwürfe aus Moskau, Kiew sei verantwortlich für die Zerstörung, wies der Minister als Propaganda zurück.

+++ Strack-Zimmermann wirft Russland «grauenhaftes Kriegsverbrechen» vor +++

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat die Zerstörung des Staudamms in der Südukraine scharf verurteilt. «Dieser Angriff Russlands auf den Kachowka-Stausee ist ein weiteres unvorstellbar grauenhaftes Kriegsverbrechen. Es zeigt einmal mehr, zu welch brutalem Vorgehen Putin bereit ist», teilte die FDP-Politikerin mit, die am Dienstag in New York war. «Es beweist auch: Dieses Regime will niemals verhandeln. Mit Putins Russland wird es keinen Frieden geben.»

+++ Baltische Präsidenten verurteilen Zerstörung ukrainischen Staudamms +++

Die Präsidenten der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben Russland für die Zerstörung eines wichtigen Staudamms im Süden der Ukraine verantwortlich gemacht.

«Der russische Terrorismus hat gerade ein neues Ausmaß erreicht», twitterte der lettische Staatschef Egils Levits. Erstlands Präsident Alar Karis schrieb ebenfalls von einem «Terrorakt». Litauens Staatschef Gitanas Nauseda von einem «Kriegsverbrechen». Alle drei forderten, Russland zur Rechenschaft zu ziehen.

+++ Zerstörter Damm in Südukraine: Russische Besatzer rufen Notstand aus +++

Angesichts der folgenschweren Explosion am Staudamm in der südukrainischen Stadt Nowa Kachowka haben die russischen Besatzer dort den Notstand ausgerufen. Das Wasser sei bereits um zwölf Meter angestiegen, sagte der von Russland eingesetzte Bürgermeister Wladimir Leontjew am Dienstag im russischen Staatsfernsehen. «Die Stadt ist überflutet.» Auch das an den Staudamm angrenzende und völlig zerstörte Kraftwerk stehe unter Wasser. Auf der russisch besetzten Seite des Flusses Dnipro sind Leontjews Aussagen zufolge insgesamt 600 Häuser in drei Ortschaften von den schweren Überschwemmungen betroffen.

+++ Britischer Außenminister nennt Damm-Zerstörung «Kriegsverbrechen» +++

Der britische Außenminister James Cleverly hat die Zerstörung eines wichtigen Staudamms in der Südukraine als «Katastrophe» und «Kriegsverbrechen» kritisiert. «Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms ist eine abscheuliche Tat», schrieb Cleverly am Dienstag auf Twitter. «Vorsätzliche Angriffe auf rein zivile Infrastruktur sind ein Kriegsverbrechen.»

Der Minister betonte: «Das Vereinigte Königreich steht bereit, die Ukraine und die von dieser Katastrophe Betroffenen zu unterstützen.» Zur Frage, wer für die Zerstörung verantwortlich ist, äußerte sich Cleverly zunächst nicht.

+++ Ukraine wirft Russland vor UN-Gericht Terrorismus vor +++

Die Ukraine hat Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wegen der Zerstörung des Nowa-Kachowka-Staudamms im Süden des Landes Staatsterrorismus vorgeworfen. Der ukrainische Sonderbotschafter Anton Korynevych sprach am Dienstag vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag von einem gezielten Anschlag, der die Sicherheit der Bevölkerung bedrohe und zu schweren Umweltschäden führen könne. «Russlands Taten sind die eines terroristischen Staates.» Moskau wiederum beschuldigt die Ukraine, hinter der Sprengung des Staudamms zu stecken.

Vor dem UN-Gericht in den Niederlanden begann am Dienstag die Verhandlung über eine Klage der Ukraine gegen die russische Aggression seit 2014.

+++ Ukraine berichtet von mehr als 20 Raketen auf Kiew +++

Die Ukraine hat nach Angaben der städtischen Militärverwaltung von Kiew einen neuen russischen Luftangriff auf die Hauptstadt abgewehrt. In der Nacht zum Dienstag seien mehr als 20 Raketen auf die Stadt abgefeuert worden, teilte der Leiter der Behörde, Serhij Popko, im Messaging-Dienst Telegram mit. Alle seien jedoch von der Luftabwehr abgefangen worden. Nach ersten Erkenntnissen gab es auch durch herabfallende Trümmerteile keine Opfer.

Popko schrieb, wahrscheinlich seien Marschflugkörper vom Typ Ch-101/55 zum Einsatz gekommen. Diese Lenkraketen sollen eine Reichweite von bis zu 5500 Kilometern haben und von russischen Bombern aus der Region am Kaspischen Meer abgefeuert worden sein. Seit Beginn der Invasion im Februar vergangenen Jahres bombardiert Russland die ukrainische Hauptstadt immer wieder aus der Luft - meistens nachts oder in den frühen Morgenstunden.

+++ Staudamm in Südukraine zerstört +++

Im von Russland besetzten Teil des südukrainischen Gebiets Cherson sind ein wichtiger Staudamm und das angrenzende Wasserkraftwerk zerstört worden.

Der Kachowka-Staudamm (Bild: Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa)
Der Kachowka-Staudamm (Bild: Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa)

Befürchtet werden schwere Überschwemmungen. Nach ukrainischen Angaben sind in der «kritischen Zone» rund um die Anlage nahe der Stadt Nowa Kachowka etwa 16 000 Menschen zuhause. Kiew und Moskau beschuldigten sich gegenseitig, für die Sprengung verantwortlich zu sein. Spekuliert wurde, dass der Vorfall ein russischer Sabotageakt sein könnte, um eine ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. Russland führt seit mehr als 15 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland.

+++ Ukraine beschuldigt Russland - Moskau dementiert +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machte «russische Terroristen» für die Sprengung des Damms verantwortlich. Auf Internet-Videos war zu sehen, wie große Wassermassen aus der Mauer strömten. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb auf Twitter, Russland habe offensichtlich das Ziel, unüberwindbare Hindernisse für die geplante ukrainische Großoffensive zu schaffen. Dies sei der Versuch, das Ende des Krieges hinauszuzögern und ein vorsätzliches Verbrechen.

Die russischen Besatzer hingegen nannten Beschuss durch die ukrainische Armee als Grund für die Zerstörungen an Damm und Kraftwerk. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Russland hatte das Nachbarland Ukraine im Februar vergangenen Jahres überfallen und dann auch das Gebiet Cherson besetzt. Im vergangenen Herbst gelang der ukrainischen Armee die Befreiung eines Teils der Region - auch der gleichnamigen Gebietshauptstadt Cherson. Städte südlich des Dnipro blieben allerdings unter russischer Kontrolle, auch die Staudamm-Stadt Nowa Kachowka.

+++ Schwere Überschwemmungen befürchtet +++

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einer Überschwemmungsgefahr für bis zu 80 Ortschaften. Die Zerstörung werde zu einer Umweltkatastrophe führen. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, binnen fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.

Kiew und Moskau machten sich am Dienstagmorgen gegenseitig für den Vorfall mit potenziell gravierenden Folgen verantwortlich (Bild: Uncredited/Ukraine's Presidential Office/AP/dpa)
Kiew und Moskau machten sich am Dienstagmorgen gegenseitig für den Vorfall mit potenziell gravierenden Folgen verantwortlich (Bild: Uncredited/Ukraine's Presidential Office/AP/dpa)

Der russische Besatzungschef von Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, räumte ein, dass es auch zu Problemen bei der Wasserversorgung auf der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim kommen könnte, südlich von Cherson. Diese wird mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert.

Das ukrainische Militär begann auf der rechten Seite des Flusses Dnipro - wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt - mit Evakuierungen.

+++ US-Institut: Mehr Kämpfe an verschiedenen Frontabschnitten in Ukraine +++

Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) hat eigenen Angaben zufolge einen Anstieg der Kampfhandlungen zwischen Russland und der Ukraine an verschiedenen Frontabschnitten beobachtet. Die Ukraine erziele trotz gegenteiliger Behauptungen Russlands wahrscheinlich begrenzte Landgewinne, hieß es in dem jüngsten Lagebericht vom Montag (Ortszeit). Zugleich betonte das ISW mit Sitz in Washington, es wolle zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht darüber spekulieren, ob diese Landgewinne Teil einer weithin erwarteten großen Gegenoffensive Kiews sein könnten oder nicht.

Eine erfolgreiche Gegenoffensive könne Tage, Wochen oder gar Monate dauern, bevor ihre Wirkung voll erkennbar sei, schrieb das ISW weiter.

+++ Nato-Generalsekretär: Zerstörung an Staudamm in Ukraine ungeheuerlich +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Zerstörung eines wichtigen Staudamms im Süden der Ukraine verurteilt. Der Vorfall gefährde Tausende Zivilisten und verursache schwere Umweltschäden, schrieb Stoltenberg am Dienstag auf Twitter. «Dies ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die Brutalität von Russlands Krieg in der Ukraine demonstriert.»

+++ Nach Staudamm-Beschädigung: Selenskyj ruft Sicherheitsrat ein +++

Nach mutmaßlichen Explosionen an einem wichtigen Staudamm im von Russland besetzten Teil der Südukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Notfall-Sitzung des nationalen Sicherheitsrats einberufen. Das teilte der Sekretär des Rats, Olexij Danilow, am Dienstagmorgen auf Twitter mit. Zuvor hatte die Ukraine den russischen Besatzern vorgeworfen, den Damm in der Region Cherson auf der südlichen Seite des Flusses Dnipro gesprengt und damit möglicherweise schwere Überschwemmungen in Kauf genommen zu haben.

Moskau dementierte das und sprach von ukrainischem Beschuss, der die Schäden am Kachowka-Staudamm ausgelöst haben soll. Die Darstellungen beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.