Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Dienstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • G7 will Putin für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft ziehen

  • Putin verlängert Lebensmittelembargo gegen EU und weitere Staaten

  • Lawrow: Russland im Ukraine-Krieg zu Verhandlungen mit den USA bereit

  • Nato will wegen Krieg in der Ukraine Rüstungsproduktion ankurbeln

  • Orban: Merkel hätte Ukraine-Krieg verhindern können

  • UN: Neue russische Angriffe könnten Kriegsverbrechen darstellen

  • Staatschefs von Nato-Ländern verurteilen russische Raketenangriffe

  • Russland überzieht Ukraine mit neuen Raketenangriffen

  • Britischer Geheimdienst: Moskau geht Munition aus

  • USA: Jüngste russische Angriffe vermutlich schon länger geplant

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ G7 will Putin für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft ziehen +++

Die sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte haben die jüngsten russischen Raketenangriffe auf die Ukraine aufs Schärfste verurteilt und den ukrainischen Streitkräften weitere militärische Unterstützung zugesichert. Nach einer Videokonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erinnerten die Staats- und Regierungschefs der G7 am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung daran, dass «wahllose Angriffe auf unschuldige Zivilisten ein Kriegsverbrechen» darstellten. «Wir werden Präsident Putin und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen», heißt es darin weiter mit Blick auf den Kremlchef.

Die G7 verurteilt auch die «illegal versuchte Annexion» von vier ukrainischen Regionen durch Russland. Die Staats- und Regierungschefs bekräftigten, dass sie diese Annexion nie anerkennen würden. Sie drohten Russland mit weiteren Sanktionen gegen Einzelpersonen und Institutionen innerhalb und außerhalb des Landes, die den Angriffskrieg politisch oder wirtschaftlich unterstützten.

Dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sicherte die G7 weitere finanzielle, humanitäre und militärische Hilfe zu. Man werde «fest an der Seite der Ukraine stehen, solange es nötig ist».

Der «Gruppe der Sieben» gehören neben Deutschland die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan an. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in diesem Jahr den Vorsitz.

+++ Russland wirft Ukraine Angriff auf Umspannwerk in Grenzregion vor +++

Kurz nach den eigenen heftigen Angriffen auf das Nachbarland hat Russland im Gegenzug der Ukraine einen Angriff auf eine russische Stromanlage in Grenznähe vorgeworfen. «Die ukrainischen Streitkräfte haben ein Umspannwerk in Schebekino beschossen», schrieb der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Dienstag in seinem Telegram-Kanal. Von der Stromversorgung abgeschnitten seien daraufhin mehr als 2000 Menschen in der westrussischen Region gewesen. Gladkow veröffentlichte auch ein Foto, das ein großes Feuer und dichten Rauch zeigt. Aus Kiew gab es zunächst keine Reaktion auf den Vorwurf.

Mehr als siebeneinhalb Monate nach Kriegsbeginn hatte Russland selbst am Montag Dutzende Raketen auf verschiedene Teile der Ukraine abgefeuert. Die Angriffe zielten dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge dabei insbesondere auf die Energieinfrastruktur seines Landes.

Am Dienstag dann beschoss Russland insbesondere die westukrainische Region Lwiw. Angaben der dortigen Militärverwaltung zufolge wurden dabei vier Umspannwerke komplett zerstört. Danach war demnach knapp ein Drittel der Bewohner ohne Strom.

+++ Putin verlängert Lebensmittelembargo gegen EU und weitere Staaten +++

Kremlchef Wladimir Putin hat das Einfuhrverbot von Lebensmitteln aus Deutschland und Dutzenden weiteren Staaten per Dekret um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Dokument zu «speziellen wirtschaftlichen Maßnahmen» hervor, mit denen die Sicherheit der russischen Föderation garantiert werden soll.

Das im August 2014 erstmals verhängte Embargo etwa für Milchprodukte, Fleisch, Obst und Gemüse aus der EU war eine Reaktion auf die Strafmaßnahmen des Westens gegen Russland im Zuge des Ukraine-Konflikts. Putin hatte immer wieder erklärt, das Embargo helfe auch, die Selbstversorgung - etwa in der Milchwirtschaft - zu verbessern, um weniger abhängig von Importen zu sein. Das Embargo betrifft außer der EU auch die USA, Australien, Kanada und die Ukraine.

Viele Produkte aus dem Westen kommen trotz des Einfuhrverbots auf Umwegen und durch Schmuggel nach Russland. Der Schwarzmarkthandel hat die westlichen Waren noch einmal verteuert, weil inzwischen wegen der Sanktionen und Gegensanktionen auch der Luftraum gesperrt ist. Begehrt sind etwa Käse aus Frankreich und Italien, wofür Kunden zum Beispiel in Moskau viel Geld ausgeben.

Zur Abschreckung für den Schwarzmarkthandel hat Russland schon tonnenweise Lebensmittel vernichten lassen. Russische Verbraucher klagen aber über hohe Preise und die teils minderwertige Qualität einheimischer Lebensmittel. Experten zufolge führt die Ausschaltung ausländischer Konkurrenz dazu, dass sich Monopole bilden und die Preise für russische Lebensmittel steigen.

Kremlchef Wladimir Putin. (Bild: Reuters)
Kremlchef Wladimir Putin. (Bild: Reuters)

+++ Lawrow: Russland im Ukraine-Krieg zu Verhandlungen mit den USA bereit +++

Russland ist nach Angaben von Außenminister Sergej Lawrow in seinem Krieg gegen die Ukraine zu Verhandlungen mit den USA bereit - ohne aber von seinen Zielen abzurücken. «Wir haben kein ernsthaftes Angebot bekommen, mit ihnen in Kontakt zu treten», sagte Lawrow am Dienstag im russischen Staatsfernsehen über ein angebliches Gesprächsangebot der US-Regierung.

Moskau sieht Washington als Kriegspartei und Schlüssel zur Lösung des Konflikts. Wenn Washington etwa ein Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden beim G20-Gipfel anbiete, werde Moskau dies prüfen, sagte Lawrow.

Gleichzeitig beschuldigte Russlands Chefdiplomat die USA einmal mehr, sich direkt am Krieg in der Ukraine zu beteiligen. Washington liefere nicht nur Waffen an Kiew, sondern versorge die ukrainische Führung auch mit Aufklärungsdaten von Satelliten. «Was die Grenzen der Aufgaben betrifft, die wir uns im Rahmen der militärischen Spezialoperation gestellt haben, so hat sie der Präsident formuliert, und sie ändern sich nicht. Sie werden auch erreicht», sagte Lawrow.

Putin hatte die russische Invasion in der Ukraine mit einer angeblichen Bedrohung Russlands durch das Nachbarland begründet. Als Ziele gab er die «Entmilitarisierung» und «Entnazifizierung» der Ukraine an. Außerdem soll die Ukraine einen neutralen Status behalten und die Gebiete Donezk, Luhansk sowie die Krim aufgeben. Inzwischen hat Russland zusätzlich noch die ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja annektiert. Die Ukraine verlangt dagegen, dass Russland sich vor Beginn der Verhandlungen aus den besetzten Gebieten zurückzieht.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow. (Bild: Reuters)
Russlands Außenminister Sergej Lawrow. (Bild: Reuters)

+++ IAEA-Chef Grossi dringt bei Treffen mit Putin auf AKW-Schutzzone +++

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat bei einem Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin eine Schutzzone um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. «Wir dürfen keine Zeit verlieren», sagte Grossi nach dem Gespräch in St. Petersburg am Dienstag laut Mitteilung. Die Lage um das von Russland besetzte AKW sei wegen der häufigen militärischen Angriffe «zunehmend gefährlich, instabil und herausfordernd».

Zur Vermeidung eines Atomunfalls hat Grossi die Einrichtung einer Waffenstillstandszone vorgeschlagen. Eine Demilitarisierung mit Truppenabzügen ist nicht Teil des Plans. Kremlchef Putin sagte zur Begrüßung, Russland sei bereit, die «Situation» rund um das AKW Saporischschja zu besprechen. «In jedem Fall sind wir offen für diesen Dialog und froh, Sie zu sehen.»

Der IAEA-Generaldirektor traf vorige Woche den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Grossi berichtete danach jedoch von keinen Fortschritten bezüglich der Schutzzone. Die Ukraine fordert den Abzug russischer Truppen aus dem größten Atomkraftwerk Europas. Noch diese Woche will Grossi erneut nach Kiew reisen.

+++ Kiew: Mehr als 30 Soldaten nach Gefangenenaustausch wieder frei +++

Ungeachtet der jüngsten heftigen Angriffe Russlands auf die Ukraine ist zwischen den beiden Ländern Angaben aus Kiew zufolge ein weiterer Gefangenenaustausch zustande gekommen. «Es ist gelungen, 32 unserer Soldaten zu befreien», schrieb der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Dienstag auf Facebook. Dazu veröffentlichte er ein Foto, das einige der Männer in einem Bus zeigt. Viele von ihnen hätten bislang als vermisst gegolten. Aus Moskau gab es zunächst keine Informationen zu dem Austausch.

Jermak berichtete zudem, die russischen Truppen hätten auch die Leiche eines Israelis übergeben, der vor dem Krieg als Trainer eines Kinder-Fußballclubs in der westukrainischen Stadt Lwiw gearbeitet und in den vergangenen Monaten als Freiwilliger für seine neue Heimat gekämpft habe. Ukrainischen Angaben zufolge sind damit seit Kriegsbeginn Ende Februar im Zuge von insgesamt 24 Gefangenenaustauschen bislang mehr als 800 ukrainische Soldaten wieder frei gekommen.

+++ Nato beginnt Übung zur Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen +++

Die Nato wird in der kommenden Woche ihre jährlichen Manöver zur Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen beginnen. Die bereits lange geplante Abschreckungsübung Steadfast Noon sei ein Routine-Training, um die Abschreckung sicher und wirksam zu halten, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag während einer Pressekonferenz in Brüssel. Kern der nuklearen Fähigkeiten der Nato sei es immer, den Frieden zu bewahren und Aggressionen zu verhindern.

Die verdeckten nuklearen Drohungen von Russlands Präsident Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine nannte Stoltenberg «gefährlich und unverantwortlich». Zugleich betonte er, dass die Nato bislang keine Veränderungen der russischen Nuklearstrategie gesehen habe. Die russischen Atomstreitkräfte würden genau beobachtet.

Im vergangenen Jahr waren an der Übung Steadfast Noon nach Nato-Angaben Streitkräfte aus Deutschland und 13 weiteren Bündnisstaaten beteiligt. Sie trainierten unter anderem mit Dutzenden Flugzeugen - darunter waren neben atomwaffenfähigen Kampfjets auch konventionelle Jets sowie Überwachungs- und Tankflugzeuge.

Nach Angaben von Militärexperten wird bei den regelmäßig im Oktober stattfindenden Steadfast Noon-Manövern unter anderem geübt, wie man die US-Atomwaffen sicher aus unterirdischen Magazinen zu den Flugzeugen transportiert und unter die Kampfjets montiert. Bei den Übungsflügen wird dann allerdings ohne Bomben geflogen.

Die sogenannte nukleare Teilhabe der Nato sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen von Partnerstaaten abgeworfen werden und dann zum Beispiel gegnerische Streitkräfte ausschalten. US-Atomwaffen sollen offiziell unbestätigten Angaben zufolge in Norditalien, in Belgien, der Türkei sowie in den Niederlanden und im rheinland-pfälzischen Büchel lagern.

+++ Nato will wegen Krieg in der Ukraine Rüstungsproduktion ankurbeln +++

Die Nato-Staaten wollen wegen des anhaltenden Krieges in der Ukraine die Produktionskapazitäten für Munition und Ausrüstung erhöhen. «Je länger sich dieser Krieg hinzieht, desto wichtiger ist es, dass wir dann auch in der Lage sind, Vorräte wieder aufzufüllen», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Brüssel. Beim Treffen der Verteidigungsminister der 30 Nato-Staaten sollten im Laufe der Woche entsprechende Beschlüsse getroffen werden. Diese würden langfristige Nachfrage für die Industrie sichern, die wiederum in neue Produktionskapazitäten investieren müsse.

Dadurch solle die die Bereitstellung von Material an die Ukraine beschleunigt werden. Das Land brauche im Krieg gegen Russland eine «breite Palette unterschiedlicher Systeme». Stoltenberg nannte etwa Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge, Luftabwehrsysteme sowie Treibstoff, Winterkleidung, Kommunikationssysteme und Ersatzteile. «Sie brauchen also fast alles.»

+++ Merz: Putin wird mit neuen Angriffen keinen Erfolg haben +++

CDU-Chef Friedrich Merz hat die verstärkten Angriffe Russlands auf zivile Ziele in der Ukraine kritisiert und als Kriegsverbrechen bezeichnet. «Wir können Russland nur erneut auffordern, jetzt wirklich aufzuhören, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren und das Land zu bombardieren», sagte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag am Dienstag in Berlin. Es handele sich um «Verzweiflungstaten» des russischen Präsidenten Wladimir Putin. «Was Putin dort macht, wird keinen Erfolg haben», erklärte Merz.

+++ Treffen zwischen Erdogan und Putin in Astana geplant +++

Kreml-Chef Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wollen nach Angaben des türkischen Präsidialamts am Donnerstag in der kasachischen Hauptstadt Astana zusammenkommen. Das Treffen solle am Rande des Gipfels der Konferenz für Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA) stattfinden, sagte ein Beamter des Präsidialamts der Deutschen Presse-Agentur.

Die staatliche russische staatlichen Nachrichtenagentur Tass hatte bereits am Montag gemeldet, auch Kremlsprecher Dmitri Peskow schließe ein Treffen nicht aus. Zum Gipfel in Astana werden laut der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu elf Staats- und Regierungschefs erwartet.

Ankara ist bemüht, im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. «Ein Waffenstillstand muss so schnell wie möglich hergestellt werden. Je früher, desto besser für beide Länder, für uns alle», sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu dem türkischen Nachrichtensender tvnet am Dienstag. Ankara strebe einen «tragfähigen Waffenstillstand und fairen Frieden» auf der Grundlage der territorialen Integrität der Ukraine an - bevor sich die Verluste beider Seiten in diesem Winter noch weiter vervielfachen, fügte Cavusoglu hinzu.

+++ Orban: Merkel hätte Ukraine-Krieg verhindern können +++

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban geht davon aus, dass eine Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hätte verhindern können. Bei einer Veranstaltung des Magazins «Cicero» und der «Berliner Zeitung» in Berlin sagte er am Dienstag laut offizieller Übersetzung, dass Merkel bereits 2014 durch ihr Agieren nach der russischen Annexion der Krim einen Krieg verhindert habe. «Was Angela Merkel gemacht hat zu Zeiten der Krim-Krise, das war ein Meisterwerk.» Es sei damals nicht zu einem Krieg gekommen, weil durch die diplomatischen Bemühungen Deutschlands der Konflikt isoliert worden sei. «Sie haben nicht zugelassen, dass das hoch geht und wir alle involviert werden.»

Auf die Nachfrage, ob er so zu verstehen sei, dass es seiner Meinung nach mit einer Kanzlerin Merkel nicht zu einem Krieg gegen die Ukraine gekommen wäre, antwortete Orban laut Übersetzung: «Mit Sicherheit.» Der ungarische Ministerpräsident hatte Merkel am Sonntag während seines mehrtägigen Aufenthalts in Berlin getroffen. Über Inhalte des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und Alt-Kanzlerin Angela Merkel. (Bild: Reuters)
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und Alt-Kanzlerin Angela Merkel. (Bild: Reuters)

+++ UN: Neue russische Angriffe könnten Kriegsverbrechen darstellen +++

Die jüngsten russischen Angriffe in der Ukraine könnten nach erster Einschätzung des UN-Menschenrechtsbüros Kriegsverbrechen darstellen. Gezielt Zivilisten oder Infrastruktur wie Kraftwerke, die die Menschen zum Überleben brauchen, ins Visier zu nehmen, sei nach internationalem humanitären Recht verboten, sagte eine Sprecherin des Büros am Dienstag in Genf. «Die Orte und die Uhrzeit der Angriffe - als die Menschen zur Arbeit gingen oder Kinder zur Schule brachten - das ist besonders schockierend», sagte Sprecherin Ravina Shamdasani.

Nach Informationen des Büros kamen am Montag mindestens zwölf Menschen ums Leben und mehr als 100 wurden verletzt. Zwölf Energiebetriebe und andere wichtige Infrastruktur seien getroffen worden. Kraftwerke kurz vor dem Winter anzugreifen treffe besonders schutzbedürftige Menschen, die wegen ihres Alters oder Krankheiten nicht flüchten könnten. Ukrainische Behörden sprachen am Dienstag von 19 Toten infolge der Angriffe am Montag.

Das UN-Menschenrechtsbüro rief Russland auf, von einer weiteren Eskalation abzusehen und alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Zivilisten und Schäden an ziviler Infrastruktur zu vermeiden.

+++ Staatschefs von Nato-Ländern verurteilen russische Raketenangriffe +++

Die Präsidenten von elf Nato-Ländern in Mittel- und Osteuropa haben die jüngsten russischen Raketenangriffe auf die Ukraine scharf verurteilt. «Im Namen unserer Staaten fordern wir, dass Russland die Angriffe auf zivile Ziele sofort einstellt. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, die Verantwortlichen der heutigen Verbrechen vor Gericht zu bringen», hieß es in einer am Dienstag veröffentlichen gemeinsamen Erklärung. Unterzeichnet wurde sie von den Staatschefs von Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Nordmazedonien, Montenegro, Rumänien, Ungarn, Slowenien und der Slowakei.

In ihrer Erklärung verwiesen die Staatsoberhäupter auch darauf, dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit keinerlei Verjährungsfristen und der Gerichtsbarkeit von Gerichten auf der ganzen Welt unterliegen. Russland hatte am Montag ukrainische Städte mit Raketen und Drohnen angegriffen. Auch am Dienstag wurden mehrere Regionen des Landes beschossen.

In Verbindung mit dem Krieg hatte der Kreml wiederholt auch indirekt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. «Jegliche Drohungen russischer Vertreter, Atomwaffen einzusetzen, halten wir für inakzeptabel. In diesem Zusammenhang bekräftigen wir unsere Verpflichtung, unsere Länder und Verbündeten zu schützen», schrieben die elf Präsidenten weiter.

+++ Russland überzieht Ukraine mit neuen Raketenangriffen +++

Russland hat bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine mehrere Regionen des Landes am Dienstag erneut mit Raketen und Kampfdrohnen beschossen. Die Behörden in Saporischschja im Süden der Ukraine meldeten Angriffe mit russischen Raketen. In der Umgebung der Hauptstadt Kiew und im Gebiet Chmelnyzkyj habe es Explosionen gegeben, die Luftabwehr sei zum Einsatz gekommen, teilten offizielle Stellen mit. Die Behörden riefen die Menschen auf, in Kellern und Bunkern Schutz suchen. Die Gebiete Dnipropetrowsk, Wynyzja, Mykolajiw und Riwne wurden demnach ebenfalls beschossen.

Im Gebiet Wynyzja südwestlich von Kiew wurde ein Heizkraftwerk mit Kampfdrohnen attackiert. Dabei seien Anlagen zerstört worden. Glücklicherweise habe es keine Opfer gegeben, teilte die Pressestelle des Kraftwerks mit.

Auch in Kiew gab es Luftalarm. Die Menschen suchten dort Schutz, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Kremlnahe russische Militärblogger bestätigten den massiven Beschuss der Ukraine mit Raketen. Ukrainische Medien berichteten, es seien 20 Raketen am Dienstagmorgen eingeschlagen.

In Kiew suchen die Menschen Schutz in U-Bahn-Stationen. (Bild: Reuters)
In Kiew suchen die Menschen Schutz in U-Bahn-Stationen. (Bild: Reuters)

+++ Britischer Geheimdienst: Moskau geht Munition aus +++

Moskau geht nach Einschätzung britischer Geheimdienste im Ukraine-Krieg zunehmend die Munition aus. «Wir wissen, und das wissen auch russische Kommandeure im Krieg, dass ihnen die Ausrüstung und Munition ausgeht», sagte der Direktor des britischen Geheimdienstes GCHQ, Jeremy Fleming, am Dienstag einem vorab veröffentlichten Redemanuskript zufolge, aus dem die BBC zitierte. Der russische Präsident Wladimir Putin mache Fehleinschätzungen und strategische Fehler.

«Da er intern kaum herausgefordert wird, haben sich seine Entscheidungen als fehlerhaft herausgestellt», so der Geheimdienstdirektor. Mittlerweile würde auch dem russischen Volk klar, welche Konsequenzen «Putins selbstgewählter Krieg» für sie persönlich im eigenen Land habe - etwa weniger Möglichkeiten zu reisen und kaum noch Zugang zu modernen Technologien und externen Einflüssen aufgrund der westlichen Sanktionen.

Im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums gehen die britischen Geheimdienste auf die neue Rolle des Armeegenerals Sergej Surowikin ein. Seine Ernennung vor wenigen Tagen sei mutmaßlich der Versuch, die Durchführung russischer Angriffe in der Ukraine zu verbessern. Über lange Zeit habe Moskau keinen Zuständigen mit einer Gesamtaufsicht über das Geschehen gehabt. Dennoch stehe auch Surowikin vor einer russischen Armee, die schlecht für die Aufgabe ausgestattet sei.

+++ USA: Jüngste russische Angriffe vermutlich schon länger geplant +++

Die schweren russischen Raketenangriffe auf Großstädte in der Ukraine von Montag sind nach Ansicht der US-Regierung vermutlich schon vor längerer Zeit vorbereitet worden. «Wahrscheinlich hatten sie das vor geraumer Zeit geplant», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Montag (Ortszeit) dem Sender CNN. Allerdings sei es möglich, dass die Explosion auf der Krim-Brücke einige Planungen beschleunigt haben könnte, ergänzte er.

Kirby bekräftigte demnach, dass Washington keine Hinweise darauf habe, dass Russland Atomwaffen aktiviere oder die USA ihre nukleare Haltung ändern müssten. Wahrscheinlich würden die USA schon in «sehr naher Zukunft» neue Unterstützung für die Ukraine ankündigen, sagte er weiter.

Präsident Joe Biden hatte dem Land nach den massiven russischen Luftangriffen vom Montag auch weitere moderne Luftabwehrsysteme zugesagt. Biden habe dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat versichert, der Ukraine weiterhin die Unterstützung zukommen zu lassen, die das Land für seine Verteidigung benötige, teilte das Weiße Haus am Montag mit.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die massiven Raketenangriffe auf die Ukraine als Reaktion auf ukrainische «Terroranschläge» bezeichnet und dazu die Explosion auf der für Russland strategisch wichtigen Krim-Brücke am Samstag gezählt.

+++ Ukraine: 19 Tote nach russischen Raketenangriffen vom Montag +++

Nach den massiven russischen Angriffen mit Raketen in vielen Teilen der Ukraine ist die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben auf 19 gestiegen. Mehr als 100 Menschen seien verletzt worden infolge der Einschläge, teilten die ukrainischen Zivilschutzbehörden am Dienstag in Kiew mit. Zuvor war von 14 Toten die Rede gewesen. Es handele sich um vorläufige Zahlen, hieß es.

Neben der ukrainischen Hauptstadt Kiew seien im Land zwölf Gebiete von den russischen Raketenangriffen am Montag betroffen gewesen. Noch etwa 300 Ortschaften seien ohne Strom, hieß es in einer Bilanz am Morgen. In mehr als 3500 Ortschaften sei die Versorgung schon wieder hergestellt, hieß es.

Hunderte Einsatzkräfte sind demnach landesweit dabei, die Folgen der russischen Angriffe zu beseitigen. Russland hatte am Montag Dutzende Raketen auf die Ukraine abgefeuert, darunter auch auf zivile Infrastruktur und vor allem auf Energieanlagen.

+++ Deutscher EU-Botschafter muss Belarus verlassen: Kein Visum mehr +++

Unter scharfer Kritik hat der deutsche EU-Botschafter in Belarus, Dirk Schuebel, seinen Posten in Minsk verlassen. Die Behörden unter Machthaber Alexander Lukaschenko verlängerten das Visum und die Akkreditierung nicht mehr, wie der Diplomat am Montagabend bei Facebook mitteilte. Der 57-Jährige, der die Mission seit 2019 geführt hatte, kritisierte «eklatante Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen Rechts» nach der Präsidentenwahl 2020, die gefälscht und «von ständiger Gewalt gegen unschuldige Menschen» begleitet gewesen sei.

Es gebe heute mehr als 1340 politische Gefangene in Belarus, deren sofortige und bedingungslose Freilassung die EU verlange, teilte Schuebel mit. Insbesondere forderte er auch, dass der inhaftierte Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki wieder in Freiheit komme und die am Freitag bekanntgegebene Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis in Empfang nehmen könne. Auch die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und das ukrainische Bürgerrechtszentrum Center for Civil Liberties erhalten in diesem Jahr den Preis.

Die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an und unterstützt die Demokratiebewegung um die im Exil lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Sie wird von vielen Menschen in Belarus als Siegerin der Wahl vom August 2020 angesehen. Schuebel selbst teilte mit, dass er sich künftig um das EU-Programm der Östlichen Partnerschaft kümmern werde. Dabei sollen in ehemaligen Sowjetrepubliken wie etwa die Ukraine, Armenien und Georgien auch die Zivilgesellschaften gestärkt werden.

Der deutsche EU-Botschafter in Belarus, Dirk Schuebel. (Bild Reuters)
Der deutsche EU-Botschafter in Belarus, Dirk Schuebel. (Bild Reuters)

+++ Strack-Zimmermann: mit Putin kann man nicht verhandeln +++

Für die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann belegen die russischen Raketenangriffe auf ukrainische Städte, dass ein Kriegsende nicht am Verhandlungstisch zu erzielen ist. «Mit Russland unter Putin und seinen Getreuen kann man nicht verhandeln», sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Dienstag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. «Das haben die mörderischen Raketenangriffe dieser Terrorbande mitten im Herzen von Kiew und auf andere Städte gezeigt.» Das Ende des Krieges werde nur mit materieller Unterstützung der Ukraine erreicht.

Es sei ein gutes Zeichen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Ukraine Unterstützung beim Wiederaufbau des Landes zugesagt habe, sagte die Politikerin, die vergangene Woche im Kiew war. «Der Winter steht vor der Tür und alles wird gebraucht, damit sich die Ukraine wappnen kann. Von Ausrüstung für die kalten Monate über Munition und Artillerie. Für die Südflanke braucht die Ukraine aber in erster Linie Kampfpanzer», betonte Strack-Zimmermann aber.

Während die Ukraine vor allem den Kampfpanzer Leopard 2 wünsche, sei sie auch für Lieferungen des Schützenpanzers Marder sehr dankbar. Strack-Zimmermann: «Der Marder wäre die aktuell schnellste Lösung.» Die Bundeswehr könnte sofort mindestens 50 Marder liefern und die Ausbildung in Deutschland anbieten, wie Strack-Zimmermann sagte. «Die Industrie könnte der Bundeswehr die Marder innerhalb eines Jahres ersetzen.»

Strack-Zimmermann forderte, gleichzeitig müsse «ernsthaft über das Angebot Spaniens gesprochen werden, ukrainische Soldaten am Kampfpanzer Leopard in Lettland auszubilden». Sie sagte: «Dafür braucht es die deutsche Genehmigung. Wir dürfen keiner Hilfe im Weg stehen.»

+++ Selenskyj spricht mit Biden und vielen anderen +++

US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine angesichts der massiven russischen Luftangriffe fortdauernde Unterstützung zugesagt - darunter auch weitere moderne Luftabwehrsysteme. Biden habe dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat versichert, der Ukraine weiterhin die Unterstützung zukommen zu lassen, die das Land für seine Verteidigung benötige, teilte das Weiße Haus am Montag mit.

Bei den Rüstungslieferungen habe Flugabwehr derzeit die höchste Priorität, betonte auch Selenskyj. Die USA sollten auch Führung zeigen bei einer harten Haltung der Siebenergruppe wichtiger Industriestaaten (G7) und bei der Unterstützung für eine Verurteilung Russlands durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen, schrieb der ukrainische Staatschef nach dem Gespräch auf Twitter.

In seinem abendlichen Video listete Selenskyj alle Gespräche mit internationalen Partnern vom Montag wegen der Raketenangriffe auf. Er habe mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Polens Staatschef Andrzej Duda und UN-Generalsekretär António Guterres gesprochen. Weitere Gespräche gab es mit den Regierungschefs Justin Trudeau (Kanada), Mark Rutte (Niederlande) und Liz Truss (Großbritannien). Durch die russischen Angriffe auf viele ukrainische Großstädte sind nach Angaben des Innenministeriums 14 Menschen getötet und knapp 100 verletzt worden.

+++ Militärchef: 98 Bergleute in Krywyj Rih in Ostukraine eingeschlossen +++

Nach einem russischen Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Krywyj Rih sind nach Angaben des örtlichen Militärchefs Oleksandr Wilkul noch 98 Bergleute wegen eines Stromausfalls unter Tage eingeschlossen. Die Bergarbeiter sollten noch in der Nacht zum Dienstag befreit werden, wie Wilkul nach Angaben der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform am Montagabend über seinen Telegram-Kanal mitteilte. Laut Wilkul waren demnach zunächst mehr als 850 Kumpel in vier Minen eingeschlossen gewesen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Russland hatte am Montag mehr als 80 Raketen auf ukrainische Städte abgefeuert. Betroffen waren neben der Hauptstadt Kiew auch Dnipro, Saporischschja und Krywyj Rih im Osten sowie Lwiw, Chemelnyzkyj und Schyytomyr im Westen oder Mykolajiw im Süden des Landes.

VIDEO: "Adolf Putin - Hände weg" - Anti-russische Demos in Hauptstädten