Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine Newsblog
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Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Ukraine rückt nach Abzugsankündigung Russlands in Region Cherson vor

  • USA: 100 000 russische Soldaten in Ukraine getötet oder verwundet

  • EU erkennt russische Reisepässe aus besetzten Gebieten nicht an

  • Kreml bestätigt: Putin nimmt nicht an G20-Gipfel teil

  • London: Russland will bei Rückzug aus Cherson Ukraine ausbremsen

  • Krieg bremst Kriegsgräberpflege - Kein deutsch-russisches Gedenken

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Ukraine rückt nach Abzugsankündigung Russlands in Region Cherson vor +++

Nach dem angekündigten russischen Truppenabzug aus dem südukrainischen Cherson rückt die Ukraine weiter vor. In geräumten Gebieten wurden zwölf Ortschaften zurückerobert, wie der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, am Donnerstag im Nachrichtendienst Telegram mitteilte. Moskau erschwert der Ukraine den Vormarsch nach Einschätzung britischer Geheimdienste aber weiter - so hätten russische Truppen etwa Brücken zerstört und mutmaßlich Minen gelegt.

Man erwarte zudem, dass sich der Rückzug über mehrere Tage hinziehe, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Begleitet werde dieser voraussichtlich von Artilleriefeuer zum Schutz der abziehenden Einheiten.

Unter dem Druck der ukrainischen Gegenoffensive hatte Russland am Mittwoch den Abzug seines Militärs aus Cherson und der gesamten Region um die Stadt angeordnet. Moskau nannte den Abzug eine «militärische Notwendigkeit» und «Umgruppierung der Kräfte». Unterdessen bestätigte der Kreml, dass Präsident Wladimir Putin nicht am G20-Gipfel kommende Woche auf Bali teilnehmen wird. Dort wird der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zentrales Thema sein.

+++ Medien: Russen verwüsten und zerstören Cherson bei Abzug +++

Bei ihrem Abzug aus Cherson haben russische Truppen nach Medienberichten die südukrainische Stadt verwüstet. Neben dem Fernsehzentrum seien unter anderem Fernheizungsanlagen und Funkmasten gesprengt worden, berichtete die «Ukrajinska Prawda» am Donnerstag. Zudem sei in der Stadt der Strom komplett ausgefallen, ebenso wie das Internet. Bereits in den vergangenen Tagen waren mehrere Brücken über den Dnipro gesprengt worden.

Ein Zeitablauf für den am Vortag angeordneten Abzug russischer Soldaten aus Cherson und der gesamten Umgebung der Stadt am rechten Dnipro-Ufer war nicht bekannt. Nach einem Bericht der russischen Agentur Tass sollen Einheiten der Polizei und Rettungsdienste die Stadt erst mit den letzten Truppen verlassen.

Die ukrainische Staatsagentur Unian veröffentlichte eine Reportage mit Fotos aus Dörfern an der Randzone des Cherson-Gebiets, die von nachrückenden ukrainischen Truppen befreit worden waren. «Zerstörte Häuser, Minen und Müll» seien überall zu sehen.

+++ Tschetschenenchef Kadyrow unterstützt russischen Abzug aus Cherson +++

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hält den russischen Truppenabzug aus der südukrainischen Stadt Cherson und dem gesamten rechten Dnipro-Ufer für eine richtige Entscheidung. Der neue Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, habe damit tausende Soldaten aus der faktischen Umzingelung gerettet, schrieb Kadyrow am Donnerstag in seinem Telegram-Kanal. Surowikin habe eine «schwere, aber richtige Entscheidung zwischen sinnlosen Opfern für lautstarke Erklärungen und der Rettung unbezahlbarer Soldatenleben» getroffen.

Tschetschenenchef Kadyrow unterstützt den russischen Abzug aus Cherson (Bild: REUTERS/Chingis Kondarov)
Tschetschenenchef Kadyrow unterstützt den russischen Abzug aus Cherson (Bild: REUTERS/Chingis Kondarov)

Kadyrow hatte die russische Kriegsführung zuvor häufiger getadelt. Auch im Fall Cherson ließ er Kritik anklingen. Cherson sei ein schwieriges Gebiet, wo keine stabile und regelmäßige Versorgung mit Munition und die Bildung einer starken Nachhut möglich sei. «Warum wurde das nicht schon in den ersten Tagen der Spezialoperation gemacht?» Surowikin aber habe weitsichtig gehandelt und seine Soldaten nun in eine vorteilhaftere strategische Position gebracht. Es gebe keinen Grund, von einer «Aufgabe» Chersons zu sprechen.

Kadyrow hat sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als acht Monaten als einer der schärfsten Befürworter der Feldzugs profiliert und auch tschetschenische Einheiten in die Ukraine geschickt. Die russische Armeeführung kritisierte er regelmäßig - oft im Verbund mit dem Finanzier der privaten Kampfeinheiten der Gruppe «Wagner», Jewgeni Prigoschin - als zu weich.

+++ USA: 100 000 russische Soldaten in Ukraine getötet oder verwundet +++

Im Krieg gegen die Ukraine hat Russland nach Einschätzung des US-Militärs bislang weit mehr als 100 000 getötete oder verwundete Soldaten zu beklagen. Das Gleiche gelte wahrscheinlich für die ukrainische Seite, sagte US-Generalstabschef Mark Milley laut Medienberichten am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Rede in New York. Zudem seien rund 40 000 ukrainische Zivilisten ums Leben gekommen. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Zahlen nicht.

Der im Februar begonnene Angriffskrieg auf die Ukraine habe riesiges menschliches Leid verursacht und sei «ein enormer strategischer Fehler» Russlands gewesen. Das Land werde dafür auf Jahre bezahlen müssen, ergänzte Milley demnach in einer Rede in der Denkfabrik The Economic Club of New York.

Sollten sich die Frontlinien während des Winters stabilisieren, könnte es möglicherweise eine Chance geben, ein Ende des Konflikts auszuhandeln. Falls sich eine solche Gelegenheit ergebe, müsse sie genutzt werden, wurde Milley zitiert. Sollten Verhandlungen aber nicht zustande kommen oder scheitern, würden die USA die Ukraine weiter mit Waffen versorgen.

+++ EU erkennt russische Reisepässe aus besetzten Gebieten nicht an +++

Die EU wird russische Reisepässe aus den besetzten Gebieten der Ukraine nicht anerkennen. Darauf verständigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments am Donnerstag in Brüssel. Gleiches soll für Reisedokumente gelten, die in den abtrünnigen Teilrepubliken Südossetien und Abchasien in Georgien ausgestellt worden sind, wie der Rat der EU-Staaten mitteilte.

Russland hatte die Gebiete Saporischschja gemeinsam mit den Regionen Cherson, Donezk und Luhansk im September nach Scheinreferenden für annektiert erklärt. Infolgedessen schlug die EU-Kommission die Nicht-Anerkennung dort ausgestellter Pässe vor. Die Behörde machte damals deutlich, dass fast alle Mitgliedstaaten bereits so handelten. Der Beschluss vom Donnerstag soll einen einheitlichen Ansatz allerr EU-Staaten gewährleisten. Bevor die Einigung in Kraft tritt, müssen die EU-Staaten und das Europaparlament noch einmal zustimmen. Dies gilt als Formalie.

+++ Spionage für Russland: Zwei Jahre für Reserveoffizier gefordert +++

Wegen Spionage für Russland hat die Bundesanwaltschaft für einen ehemaligen Reserveoffizier der Bundeswehr zwei Jahre Haft auf Bewährung beantragt. Zudem soll er 25 000 Euro zahlen. Der Angeklagte habe für den russischen Geheimdienst GRU jahrelang Informationen geliefert, besonders über das Reservistenwesen der Bundeswehr. «Er hat sich gemein gemacht mit dem russischen Staat», sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft am Donnerstag in seinem Plädoyer am Düsseldorfer Oberlandesgericht.

Der Verteidiger des 65-jährigen Deutschen forderte dagegen einen Freispruch. Keine der weitergegebenen Informationen sei geheim, alles sei öffentlich zugänglich gewesen. «Es war nur kalter Kaffee mit dem Informationswert Null», sagte er. Der Angeklagte beteuerte in seinem Schlusswort: «Ich wollte eine Brücke bauen, nie hatte ich eine böse Absicht.»

Er habe seinem Vater vor dessen Tod versprochen, sich dafür einzusetzen, dass es zu keinem weiteren Krieg mit Russland kommt. Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar dieses Jahres habe seiner Arbeit für Versöhnung «den Boden entzogen», sagte er: In Russland hätten «kriminelle Gruppierungen eine Diktatur» geschaffen. Das Urteil wird für den 18. November erwartet.

+++ Neuer EU-Plan soll schnellere Verlegung von Streitkräften ermöglichen +++

Angesichts des Krieges in der Ukraine und anderer möglicher Konflikte will die EU-Kommission die Voraussetzungen für eine schnellere grenzüberschreitende Verlegung von Truppen und Material schaffen. Ein am Donnerstag in Brüssel vorgestellter Aktionsplan sieht vor, das derzeitige militärische Transportnetzwerk umfassend zu überprüfen und Verwaltungsverfahren für die Streitkräftelogistik durch Digitalisierung zu beschleunigen. Zudem will die EU-Behörde dabei helfen, Lücken im Bereich des Luft- und Seetransports zu schließen. Dies gilt als entscheidend dafür, dass die EU im Ernstfall schnell handlungsfähig ist.

«Die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine hat bestätigt, dass wir die Kapazität der Verkehrsinfrastruktur weiter verbessern müssen, damit unsere Streitkräfte und ihre Ausrüstung sich problemlos in der EU bewegen können», sagte EU-Kommissarin Adina Valean zur Vorstellung des Plans. Als Beispiele nannte sie Straßen, Brücken und Schienen, die derzeit nicht für den Transport von schweren Rüstungsgütern geeignet sind.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, militärische Mobilität sei bei der Krisenreaktion entscheidend. Auch bei den Waffenlieferungen der EU an die Ukraine habe sich gezeigt, dass jede Sekunde zähle.

+++ Nato äußert sich zurückhaltend zu Russlands Ankündigungen zu Cherson +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich zurückhaltend zu dem von Russland angekündigten Abzug aus der südukrainischen Stadt Cherson geäußert. «Wir müssen jetzt sehen, wie sich die Lage vor Ort in den nächsten Tagen entwickelt», sagte der Norweger am Donnerstag am Rande von Gesprächen mit der neuen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni in Rom. Klar sei aber, dass Russland schwer unter Druck stehe.

Jens Stoltenberg und Giorgia Meloni (Bild: REUTERS/Guglielmo Mangiapane)
Jens Stoltenberg und Giorgia Meloni (Bild: REUTERS/Guglielmo Mangiapane)

«Wenn sie Cherson verlassen, wäre das ein weiterer großer Erfolg für die Ukraine», fügte Stoltenberg mit Blick auf die russischen Truppen hinzu. Italien stehe mit den anderen Alliierten «Schulter an Schulter», um die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen.

Unter dem Druck ständiger ukrainischer Angriffe hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch den Abzug des russischen Militärs aus Cherson und der gesamten Region um die Stadt angeordnet. Nach dem Scheitern des Vormarschs auf Kiew und dem Rückzug bei Charkiw gilt dies als weitere militärische Niederlage Russlands. Moskau nannte den Abzug eine «militärische Notwendigkeit» und «Umgruppierung der Kräfte».

+++ Moskau: Abriss sowjetischer Denkmäler in Lettland ist «Vandalismus» +++

Aus Protest gegen die Demontage sowjetischer Denkmäler in Lettland hat das russische Außenministerium am Donnerstag den Botschafter des baltischen Landes einbestellt. Der Abriss der Monumente sei eine fortgesetzte «Politik des staatlichen Vandalismus», hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Diese «Barbarei» werde von Moskau in einer Linie mit der «allgemeinen Politik der Verherrlichung des Nazismus» durch die lettische Regierung gesehen. Moskau behalte sich das Recht auf Vergeltungsmaßnahmen vor, die auch «asymmetrisch» sein könnten und «auf jeden Fall empfindlich für Riga sein werden», hieß es weiter.

In Lettland müssen nach einem unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gefassten Parlamentsbeschluss alle Objekte, die totalitäre Regime verherrlichen, bis zum 15. November demontiert werden. Nicht davon betroffen sind Monumente an Begräbnisstätten. Die Volksvertretung hatte dazu mehrere Änderungen an einem 1994 abgeschlossenen zwischenstaatlichen Abkommen mit Russland beschlossen.

Die Regelung zielte speziell auch auf den Abriss des sowjetischen Siegesdenkmals in der Hauptstadt Riga, das Ende August dem Erdboden gleichgemacht worden war. Zuletzt wurde am Mittwoch in der Stadt Rezekne im Osten des an Russland grenzenden baltischen EU- und Nato-Landes unter Polizeischutz die Statue eines Soldaten der Roten Armee mit einer Maschinenpistole in der Hand demontiert. Es war eines der letzten großen sowjetischen Denkmäler in Lettland.

+++ Baerbock: Nato-Beitritt von Schweden und Finnland jetzt ermöglichen +++

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Türkei und Ungarn aufgefordert, den Weg für die Erweiterung der Nato um Schweden und Finnland freizumachen. Beide Länder hätten sich beim Nato-Gipfel in Madrid im Sommer dazu verpflichtet, die Aufnahme von Schweden und Finnland zu ermöglichen. «Und genau das sollte jetzt auch getan werden», sagte die Außenministerin am Donnerstag nach einem Treffen mit ihrem neuen schwedischen Amtskollegen Tobias Billström in Berlin.

Annalena Baerbock will den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden beschleunigen (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)
Annalena Baerbock will den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden beschleunigen (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

Baerbock wies darauf hin, dass Deutschland als eines der ersten Länder die Aufnahme-Anträge ratifiziert habe. Seitdem habe die Bundesregierung andere Nato-Staaten ermutigt, dies ebenfalls zu tun, was inzwischen in 28 von 30 Mitgliedsstaaten geschehen sei. «In dieser freundlichen Ermutigung lassen wir nicht nach.» Es sei «für unser aller Sicherheit» wichtig, «dass diese Ratifikation jetzt mit Blick auf das Jahresende dann auch gemeinsam vollzogen wird», sagte Baerbock.

Ein Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem neuen schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson am vergangenen Dienstag in Ankara hatte noch keinen Durchbruch gebracht. Ein neues schwedisch-finnisch-türkisches Treffen soll es Ende November in Stockholm geben. Die Türkei wirft Schweden und Finnland Unterstützung der syrischen Kurdenmiliz YPG vor, die die Türkei als Ablegerin der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als «Terrororganisation» ansieht. Erdogan fordert unter anderem die Auslieferung angeblicher «Terroristen».

+++ Südukraine: Ukrainische Truppen befreien Stadt im Gebiet Mykolajiw +++

Nach einem angekündigten russischen Truppenabzug sind ukrainische Einheiten offenbar in die Kleinstadt Snihuriwka in der Südukraine eingerückt. In einem am Donnerstag in sozialen Netzwerken veröffentlichten Video zeigte sich eine ukrainische Späheinheit in der Stadt vor Beifall klatschenden Einwohnern. Am Vortag hatte die russische Armeeführung den kompletten Abzug der eigenen Truppen vom rechten Ufer des Flusses Dnipro angekündigt.

Der Verkehrsknotenpunkt im Gebiet Mykolajiw mit vor dem Krieg 12 000 Einwohnern war im März von der russischen Armee besetzt worden. Russland war im Februar in die Ukraine einmarschiert. Nach erfolgreichen Gegenschlägen Kiews wurden große Teile der einst russisch besetzten Gebiete in der Nord-, Ost- und Südukraine bereits wieder von der ukrainischen Armee zurückerobert.

+++ Putin will Finanzflüsse für Armee-Ausrüstung stärker kontrollieren +++

Angesichts zahlreicher Berichte über eine mangelhafte Ausrüstung russischer Soldaten für Moskaus Krieg in der Ukraine will Präsident Wladimir Putin die Finanzflüsse für die Armeeausgaben schärfer kontrollieren lassen. Bis Freitag müsse die Regierung Vorschläge für eine bessere Ausgabenkontrolle und den zielgerichteten Einsatz der Haushaltsmittel für die «militärische Spezialoperation» in der Ukraine vorlegen, heißt es in einer am Donnerstag vom Kreml veröffentlichten Aufgabenliste.

Um die Qualität der Ausrüstung zu verbessern, soll außerdem eine Art direkter Draht zwischen den in der Ukraine eingesetzten Einheiten und den Herstellern von Rüstungsgütern etabliert werden. Damit soll offenbar auch Korruption und die Veruntreuung von Haushaltsmitteln für die Ausrüstung der Armee unterbunden werden.

+++ Kreml bestätigt: Putin nimmt nicht an G20-Gipfel teil+++

Der Kreml in Moskau hat bestätigt, dass der russische Präsident Wladimir Putin am G20-Gipfel kommende Woche auf Bali nicht teilnehmen wird. Stattdessen werde Außenminister Sergej Lawrow zu dem Treffen der 20 großen Industrienationen auf der indonesischen Insel reisen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Peskow bestätigte damit Angaben der indonesischen Seite.

Putin wird nicht am G20-Gipfel teilnehmen (Bild: Sputnik/Sergey Bobylev/Pool via REUTERS)
Putin wird nicht am G20-Gipfel teilnehmen (Bild: Sputnik/Sergey Bobylev/Pool via REUTERS)

Zuvor hatte Jodi Mahardi, Sprecher des für die Koordinierung des Gipfels zuständigen Ministeriums für Investitionen, mitgeteilt, dass Putin nicht zum Gipfel reise. Der Kremlchef hatte seine Teilnahme an dem Treffen am 15. und 16. November lange offen gelassen.

+++ London: Russland will bei Rückzug aus Cherson Ukraine ausbremsen +++

Um die Rückeroberung der von Moskau aufgegebenen Stadt Cherson für die Ukraine zu erschweren, sollen russische Truppen nach Einschätzung britischer Geheimdienste Brücken zerstört und mutmaßlich auch Minen gelegt haben. Es sei zu erwarten, dass der angekündigte Rückzug sich über mehrere Tage hinziehen und von Artilleriefeuer zum Schutz der abziehenden Einheiten begleitet werde, hieß es am Donnerstag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter. Insbesondere bei der Überquerung des Flusses Dnipro seien die russischen Einheiten angesichts begrenzter Möglichkeiten verletzlich.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte am Mittwoch den Rückzug aus der südukrainischen Stadt Cherson und weiteren Teilen des dort besetzten Gebiets angekündigt. Der Verlust der Region werde Russland wahrscheinlich sein strategisches Ziel verwehren, eine russische Landbrücke bis zur Hafenstadt Odessa aufzubauen, halten die Briten fest. Ukrainische Angriffe auf die Nachschubrouten der Russen hätten deren Position in Cherson unhaltbar gemacht.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

+++ Krieg bremst Kriegsgräberpflege - Kein deutsch-russisches Gedenken +++

Der Krieg in der Ukraine hat die Aufgaben der Kriegsgräberfürsorge drastisch erschwert. «Wir müssen feststellen, dass nach fast 30 Jahren guter Zusammenarbeit die Versöhnungsarbeit in Scherben liegt», sagte Diane Tempel-Bornett, Sprecherin des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Kassel. Die Kriegsgräberstätten in Russland würden weiter gepflegt, auch Exhumierungen könnten in vielen Bereichen noch durchgeführt werden. «Das sind wir auch den Angehörigen schuldig.» Allerdings gebe es dort keine feierlichen Einbettungsveranstaltungen mit offiziellen Delegationen und Geistlichen.

Die Beziehung zu Russland spielt bei der Kriegsgräberfürsorge eine besondere Rolle, weil die Opferzahlen im Zweiten Weltkrieg im Osten sehr viel größer waren als im Westen. Auch in Deutschland liegen sowjetische Soldaten begraben. Um die Friedhöfe kümmern sich in der Regel die Kommunen. Vandalismus auf diesen Friedhöfen wegen des Kriegs in der Ukraine sind laut Volksbund aber bisher Ausnahmefälle. Allerdings fallen traditionell deutsch-russische Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag auch im Inland aus.

Zudem seien deutsch-russische Projekte wie die Klärung von Soldatenschicksalen vorerst auf Eis gelegt, auch die offiziellen Kontakte ruhten, sagte die Sprecherin: «Was wir in Russland noch machen, ist die technische Kriegsgräberpflege.» Soldaten aus den Weltkriegen würden weiter exhumiert und bestattet. Allerdings: «In der Russischen Föderation ist es schwieriger geworden, in manchen Gebieten ist es möglich, in anderen kaum.» Bisher wurden im laufenden Jahr 4900 Tote der Weltkriege in Russland geborgen, sonst waren es 10 000 pro Jahr.

In der Ukraine arbeite man noch bis Ende November in Gebieten, in den nicht gekämpft werde. Man wolle die Mitarbeitenden nicht in Gefahr bringen. Ein besonderes Erlebnis sei zudem gewesen, dass ukrainische Soldaten beim Bau von Verteidigungsanlagen auf die Gebeine deutscher Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg stießen und sich die Zeit genommen hätten, diese zu exhumieren und an die Kriegsgräberfürsorge zu übergeben. «Das hat uns beeindruckt – und auch sehr angerührt.», sagte die Sprecherin.