Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Bericht: Hilfstransporte der Bahn in die Ukraine nicht mehr kostenlos

  • Ukraine braucht noch zwei Monate für Frühjahrsoffensive

  • Ukraine dringt auf Verlängerung von EU-Handelsvorteilen

  • Schweiz bleibt bei Nein zu Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial

  • Selenskyj fordert weitere Sanktionen

  • London: Abstände zwischen Moskaus Raketenangriffen werden wohl länger

  • Belarus führt Todesstrafe für Hochverrat ein

  • Strom- und Heizungsausfälle nach russischen Raketenangriffen

Die aktuelle Newslage:

+++ Bericht: Hilfstransporte der Bahn in die Ukraine nicht mehr kostenlos +++

DB Cargo liefert einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Spiegel» zufolge Hilfsgüter nicht mehr kostenlos in die Ukraine. Demnach hat die Güter- und Logistiktochter der Deutschen Bahn das Angebot mit dem Jahreswechsel eingestellt. «Unternehmen, die Spenden in die Ukraine schicken wollen, wird der Transport demnach vollumfänglich berechnet, aktuell bis zu 6000 Euro pro Container», berichtet der «Spiegel».

Grund dafür sei eine seit Längerem bestehende Auseinandersetzung von DB Cargo mit dem Verkehrsministerium über die Finanzierung der Transporte. Die Bahn-Tochter habe mehrmals um Unterstützung gebeten, da sie als Aktiengesellschaft nur in beschränktem Umfang Spenden tätigen könne. Der «Spiegel» bezieht sich dabei auf Bahn-Kreise. Dem Nachrichtenmagazin zufolge hat DB Cargo allein im vergangenen Jahr an die fünf Millionen Euro für Hilfstransporte ausgegeben.

(Bild: Getty Images)
(Bild: Getty Images)

+++ Ukraine braucht noch zwei Monate für Frühjahrsoffensive +++

Für die geplante Frühjahrsoffensive benötigt die Ukraine nach eigenen Angaben noch zwei Monate zur Reservenbildung. «Wir müssen den Nachschub an schweren Artilleriegeschossen von 155 Millimeter Kaliber und weitreichenden Raketen erhöhen», sagte der Berater des Präsidentenbüros in Kiew, Mychajlo Podoljak, in einem am Freitag in der italienischen Zeitung La Stampa veröffentlichten Interview. Unabhängige Militärexperten hatten zuvor einen früheren Zeitpunkt für einen möglichen Gegenstoß Kiews genannt.

Den Bedarf an Panzerfahrzeugen, um weitere besetzte Gebiete zu befreien, bezifferte Podoljak auf 400 bis 500. Eine ähnliche Zahl hatte in der Vergangenheit Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj genannt. Zudem sind laut Podoljak Kampfflugzeuge notwendig, um ballistische Raketen abzufangen und den Luftraum zu kontrollieren. Zur Stoßrichtung der geplanten Gegenoffensive machte der 51-Jährige keine Aussage. Gleichzeitig habe Russland nur wenige Optionen für eigene Offensivaktionen. «Die aktiven feindlichen Offensivaktionen werden in Richtung Bachmut, Wuhledar, Lyman und Soledar weitergehen», prognostizierte Podoljak.

(Bild: Mykhaylo Palinchak/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
(Bild: Mykhaylo Palinchak/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

Parallel dazu bereitet sich Russland auf einen ukrainischen Vorstoß in Richtung der 2014 annektierten Halbinsel Krim vor. «Es läuft alles nach Plan», versicherte der vom Kreml eingesetzte Chef der Region, Sergej Aksjonow, in einem Interview der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Dabei seien Erfahrungen der aktuellen Kampfhandlungen berücksichtigt worden. «Wir gehen untypisch, asymmetrisch, vor», sagte der 50-Jährige. Satellitenbilder hatten ausgebaute Befestigungslinien an den Landengen zur Halbinsel offengelegt. Zudem sind ähnlichen Aufnahmen zufolge auch bereits Gräben an Stränden der Halbinsel ausgehoben worden.

+++ Ukraine dringt auf Verlängerung von EU-Handelsvorteilen +++

Die von Russland angegriffene Ukraine dringt auf eine Verlängerung von Zollvorteilen beim Handel mit EU-Staaten. Man brauche eine Bestätigung vonseiten der EU, dass sie die Handelsmaßnahmen verlängern werde, sagte die ukrainische Handelsministerin Julia Swyrydenko am Freitag am Rande eines EU-Treffens in Schweden. Die bestehenden Handelsmaßnahmen seien wichtig und würden ukrainischen Unternehmen dabei helfen, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten.

Die EU-Kommission hatte im Februar vorgeschlagen, Zölle auf Importe aus der Ukraine ein weiteres Jahr auszusetzen. Derzeit sind die Handelserleichterungen noch bis Juni in Kraft. Mit ihnen soll der Wirtschaft Landes geholfen werden. Jedoch ist die Maßnahme nicht unumstritten. EU-Länder wie Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei hatten sich darüber beklagt, dass wegen der Zollbefreiung deutlich mehr Futter- und Lebensmittel aus der Ukraine in ihre Länder kämen. Dies könne EU-Erzeuger in ernste Schwierigkeiten bringen, hieß es.

Einer erneuten Verlängerung müssen die EU-Staaten zustimmen. Der Vorsitzende des Ministertreffens vom Freitag, Schwedens Handelsminister Johan Forssell, zeigte sich optimistisch, dass es eine Verlängerung um mindestens zwölf Monate geben werde.

+++ Schweiz bleibt bei Nein zu Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial +++

Nach dem Parlament hat auch die Schweizer Regierung ihre Haltung bekräftigt: Käufer von Schweizer Kriegsmaterial dürfen dies weiterhin nicht an Drittstaaten liefern, die sich im Krieg befinden. Die Schweiz bleibe ein neutraler Staat, hielt die Regierung, der Bundesrat, am Freitag fest: «Der Bundesrat steht zu den Werten der Schweizer Neutralität und wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass deren Vorzüge zur Geltung kommen.» Damit bleibt es beim Nein aus Bern auf den Antrag Berlins, in der Schweiz gekaufte Munition für den Gepard-Panzer an die Ukraine liefern zu dürfen.

Wer in der Schweiz Kriegsmaterial bestellt, unterschreibt die Verpflichtung, dies nicht an kriegsführende Parteien weiterzuleiten. Den Antrag von Deutschland, Dänemark und Spanien auf eine Ausnahme lehnte die Regierung ab. Man halte an dem Kriegsmaterialgesetz fest, hieß es. Gleichwohl betonte der Bundesrat, dass er den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und die EU-Sanktionen gegen Russland übernommen hat.

Das Parlament hatte am Donnerstag auch bereits abgelehnt, für Lieferungen an die Ukraine Ausnahmen zu machen. Das gehe nur, wenn der Weltsicherheitsrat einen Krieg verurteile - was in diesem Fall nicht passiert, denn Russland würde eine solche Resolution mit seinem Veto verhindern.

+++ Selenskyj fordert weitere Sanktionen +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Russlands neuen Raketenangriffen auf die Energieinfrastruktur des Landes weitere Sanktionen gegen Moskau gefordert. Es müsse mehr Druck auf Russland geben, sagte Selenskyj in seiner am Donnerstag in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Dabei kritisierte er auch, dass durch einen Raketenschlag das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja erneut zeitweilig vom Stromnetz abgekappt war. «Das ist eine kritische Situation», sagte er.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Yan Dobronosov/Global Images Ukraine via Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Yan Dobronosov/Global Images Ukraine via Getty Images)

Russland könne deshalb in der atomaren Sphäre kein verlässlicher Partner mehr sein. «Das bedeutet, je schneller Russlands Nuklearindustrie Ziel von Sanktionen ist, desto sicherer wird die Welt sein. Einem Terrorstaat kann nicht erlaubt werden, Atomanlagen irgendwo in der Welt für Terror zu benutzen», sagte Selenskyj mit Blick auf Saporischschja. Die Atommacht Russland baut und betreibt in zahlreichen Ländern nukleare Kraftwerke.

+++ London: Abstände zwischen Moskaus Raketenangriffen werden wohl länger +++

Die Frequenz russischer Raketenangriffe auf die Ukraine dürfte nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten abnehmen. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London am Freitag hervor. Demnach gehen Moskau die Raketen aus. Hinweis darauf gebe, dass bei der jüngsten Welle an Raketenschlägen am Donnerstag eine Auswahl von verschiedenen Geschossen zum Einsatz kam, die teilweise zweckentfremdet wurden. Russland müsse jetzt eine kritische Masse an neu gefertigten Raketen direkt von der Industrie ansammeln, bevor es die Mittel für einen Schlag habe, der groß genug sei, um die ukrainische Luftabwehr zu überwältigen, heißt es in der Mitteilung.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ Belarus führt Todesstrafe für Hochverrat ein +++

In der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus hat Machthaber Alexander Lukaschenko für Hochverrat die Todesstrafe einführen lassen. Lukaschenko unterzeichnete dazu ein Gesetz, das härtere Strafen bei «Verbrechen mit extremistischer und staatsfeindlicher Ausrichtung» vorsieht, wie die staatliche Nachrichtenagentur Belta am Donnerstagabend berichtete. Nach Meinung von Beobachtern ist es vor allem dazu gedacht, die Loyalität des Beamten- und Militärapparats zu sichern. Belarus ist das einzige Land in Europa, das heute noch die Todesstrafe vollstreckt. Lukaschenko ist dort bereits seit 1994 an der Macht.

Mit dem neuen Gesetz droht die Todesstrafe nun Amtspersonen und Soldaten, wenn sie sich Hochverrats schuldig gemacht haben. Die Auslegung ist Sache der Gerichte. Allerdings werden auch gegenüber einfachen Bürgern die Strafen verschärft: Mit Freiheitsentzug geahndet werden künftig «Terror-Propaganda» und «Diffamierung der Streitkräfte». Solche Paragrafen hatte auch der große Nachbar und militärische Verbündete Russland nach Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine ins Strafgesetzbuch aufgenommen.

+++ Strom- und Heizungsausfälle nach russischen Raketenangriffen +++

Der ukrainische Staatschef warf Russland einen Krieg gegen die Zivilisation vor. Er beklagte, dass Moskau mit seinen Angriffen auf die zivile Infrastruktur am Donnerstag teilweise Ausfälle bei der Versorgung mit Strom, Heizung und Wasser in einigen Regionen und Städten verursacht habe. Es seien auch sechs Menschen getötet worden, sagte Selenskyj. Am schwierigsten sei die Lage in Charkiw, in der Region Schytomyr westlich von Kiew.

Die halbe Stadt sei ohne Strom und auch teils ohne Wasser, sagte der Bürgermeister von Schytomyr, Serhij Suchomlyn. In der Hauptstadt Kiew hatte Bürgermeister Vitali Klitschko gesagt, dass überall in der Metropole Strom vorhanden sei, dass aber 30 Prozent der Wohnungen ohne Zentralheizung auskommen müssten. Die Arbeit an der Wiederherstellung der Heizung laufe.

«Es ist nicht einfach in Odessa, im Gebiet Dnipropetrowsk, in Kiew und in Saporischschja. Reparatureinheiten, Ingenieure, lokale Behörden, die zentralen Dienststellen – jeder wird so lange arbeiten, bis die Energieversorgung der Städte und Regionen wiederhergestellt ist», sagte Selenskyj. «Egal, wie heimtückisch Russlands Handlungen sind, unser Staat und die Menschen werden sich dennoch nicht in Ketten legen lassen. Weder Raketen noch russische Abscheulichkeiten werden dabei helfen.»

Seit Mitte Oktober greift Russland mit Raketen von Bombern und von Kriegsschiffen sowie mit Drohnen immer wieder die Energieanlagen in der Ukraine an. Die Zerstörungen der Infrastruktur führten in allen Landesteilen zu stunden- und tageweisen Ausfällen von Strom, Fernwärme und Wasser. Allerdings gelang es den Ukrainern immer wieder, das kaputte Netz zu flicken. Die westlichen Verbündeten der Ukraine hatten dem Land auch viele Stromgeneratoren geschickt, um eine Not- und Grundversorgung sicherzustellen.

Selenskyj lobte die Hilfe der Europäischen Union beim Kampf um die Energiesicherheit der Ukraine. Er informierte auch über ein Telefonat mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die der Ukraine einmal mehr Unterstützung zugesichert habe. Demnach forderte Selenskyj bei dem Gespräch auch die Ausweitung der Sanktionen gegen Russland. Zugleich betonte er einmal mehr, dass er schon in diesem Jahr den Beginn der Beitrittsverhandlungen für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine erwarte. Die EU hatte stets erklärt, dass die Ukraine noch einen langen Weg vor sich habe.