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Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Montag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Moskau macht Kiew für Angriffe auf Militärflugplätze verantwortlich

  • Moldau reagiert zurückhaltend nach Raketenfund nahe zur Ukraine

  • Putin fährt über repariertes Teilstück der Krim-Brücke

  • Selenskyj: Mehr als 30 russische Raketen abgeschossen

  • Neue russische Angriffswelle gegen ukrainische Infrastruktur

  • Unter Sanktionsdruck: Moskau erwägt Legalisierung von Kryptowährung

  • Explosionen auf Militärflugplätzen in Russland: Tote und Verletzte

  • Kiew: Verdächtige Sendungen inzwischen in zwölf Ländern

  • Neue Öl-Sanktionen gegen Russland gelten

Die aktuelle Lage im Live-Stream:

+++ Moskau macht Kiew für Angriffe auf Militärflugplätze verantwortlich +++

Russland hat die Ukraine für Angriffe auf zwei russische Militärflughäfen mit mindestens drei Toten verantwortlich gemacht. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Montagabend: «Am Morgen des 5. Dezember hat das Kiewer Regime versucht, mit reaktiven Drohnen aus sowjetischer Produktion die Militärflugplätze «Djagiljewo» im Gebiet Rjasan und «Engels» im Gebiet Saratow zu attackieren, um russische Langstreckenflugzeuge außer Gefecht zu setzen.» Zuvor hatte Kiew bereits eine Beteiligung angedeutet.

Das russische Militär bestätigte, dass drei Soldaten getötet und vier weitere mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Die Langstreckenbomber seien jedoch nur unwesentlich beschädigt worden, auch dank des Einsatzes von Flugabwehr. Am Nachmittag hatte Russland erneut schwere Raketenangriffe auf die Ukraine gestartet. Während Kiew anschließend mitteilte, der Großteil der Raketen sei abgefangen worden, erklärte Moskau den Angriff für erfolgreich. «Das Ziel des Schlags ist erreicht. Alle 17 benannten Ziele wurden getroffen.» Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

+++ Moldau reagiert zurückhaltend nach Raketenfund nahe zur Ukraine +++

Die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau hat sich vorerst zurückhaltend zu einem gefundenen Raketenteil auf eigenem Staatsgebiet in der Nähe der ukrainischen Grenze geäußert. «Mir wurde mitgeteilt, dass die Grenzer den Teil einer Rakete bei Briceni gefunden haben», sagte Regierungschefin Natalia Gavrilița am Montag örtlichen Medien zufolge. Das Gebiet an der Fundstelle, nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, sei abgesperrt worden. Der Vorfall werde von den Behörden untersucht.

Zuvor hatte Russland im Rahmen seines seit Februar laufenden Angriffskrieges eine erneute massive Raketenattacke auf die Ukraine gestartet. Die ukrainische Luftabwehr hat dabei eigenen Angaben nach mehr als 80 Prozent der über 70 russischen Raketen abgeschossen. Bereits Ende Oktober waren bei einem ähnlichen Angriff Raketentrümmer auf moldauischem Gebiet abgestürzt. Im November waren zudem zwei Polen nahe der Grenze durch eine ukrainische Luftabwehrrakete getötet worden.

Gavrilița äußerte sich am Montag nicht zum Ursprung der Raketentrümmer. Sie sagte aber generell ihre Unterstützung für das ukrainische Volk zu und verurteilte die russischen Raketenangriffe auf zivile Objekte.

+++ Putin fährt über repariertes Teilstück der Krim-Brücke +++

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die reparierte Krim-Brücke besichtigt, die im Oktober bei einer Explosion schwer beschädigt worden war. Die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti verbreitete am Montag Videos, auf denen der Kremlchef am Steuer eines Mercedes bei der Fahrt auf dem beschädigten Teilstück der Brücke zu sehen ist. Die Brücke führt vom russischen Festland zur seit 2014 von Moskau annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Sie gilt als milliardenschweres Prestigeobjekt des Kremls.

Putin ließ sich von Vize-Regierungschef Marat Chusnullin Bericht erstatten über die Arbeiten. Zuvor hatten russische Medien gemeldet, dass der Autoverkehr wieder aufgenommen worden sei. Bei der Explosion im Oktober waren zwei Teilstücke der 19 Kilometer langen Brücke eingestürzt. Sie mussten ersetzt werden. Russischen Angaben zufolge wurden vier Menschen bei der Detonation getötet. Moskau sprach von einem Terroranschlag und machte Kiew dafür verantwortlich. Die ukrainische Führung selbst hat sich nicht dazu bekannt.

Der russische Präsident Wladimir Putin bei der Besichtigung der reparierte Krim-Brücke. (Bild: Reuters)
Der russische Präsident Wladimir Putin bei der Besichtigung der reparierte Krim-Brücke. (Bild: Reuters)

+++ Selenskyj: Mehr als 30 russische Raketen abgeschossen +++

Bei einer neuen Welle von russischen Raketenangriffen hat die Ukraine nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag den Großteil der Flugkörper abgeschossen. Demnach gelang es der ukrainischen Flugabwehr, mehr als 30 russische Raketen vom Himmel zu holen. In der südukrainischen Großstadt Odessa seien nach Angaben der Behörden aber mindestens zwei Infrastrukturobjekte getroffen worden. Infolge von Stromausfällen fielen Wasserversorgung und Fernheizung in der Hafenstadt aus. Der Luftalarm galt knapp drei Stunden in der gesamten Ukraine.

Selenskyj berichtete in einem Video, die Reparatur der Schäden sei bereits angelaufen. Zugleich versicherte der Präsident: «Unser Volk gibt niemals auf.» Russland führt seit Ende Februar einen Angriffskrieg gegen den Nachbarn Ukraine. Nach militärischen Rückschlägen hat Moskau seit Oktober acht Mal massiv mit Raketen die ukrainische Energieinfrastruktur beschossen. Große Teile des Landes haben nur noch stundenweise Strom.

+++ Neue russische Angriffswelle gegen ukrainische Infrastruktur +++

Russland hat am Montag mit einer neuen Welle von Raketenangriffen auf die Infrastruktur des Nachbarlands Ukraine begonnen. In der südukrainischen Hafenstadt Odessa brach nach örtlichen Berichten aufgrund von Stromausfällen die Wasserversorgung zusammen. Blackouts und damit verbundene Ausfälle der Fernheizung und der Wasserversorgung gab es nach offiziellen Angaben auch in der Industriestadt Krywyj Rih im Südosten.

Über Explosionen - teils ausgelöst durch die ukrainische Flugabwehr - wurde auch aus dem Zentrum und dem Westen des Landes berichtet. In der gesamten Ukraine galt am Nachmittag Luftalarm. Russland führt seit Ende Februar einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Nach militärischen Rückschlägen setzt Moskau seit Wochen verstärkt auf gezielten Beschuss des Stromnetzes.

+++ Unter Sanktionsdruck: Moskau erwägt Legalisierung von Kryptowährung +++

Russland will nach Angaben aus der Staatsduma im kommenden Jahr Kryptowährungen legalisieren - vor allem, um die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern. «Im internationalen Zahlungsverkehr kann (die Kryptowährung) gut eingesetzt werden», sagte der Leiter des Finanzausschusses in der Duma, Anatoli Aksakow, am Montag der Tageszeitung «Kommersant» zufolge.

Es gehe darum, ihren Einsatz rechtlich abzusichern, um den «parallelen Import» abzusichern. Als parallelen Import bezeichnen die russischen Behörden die Einfuhr von Waren ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Hersteller.

Bisher ist der Gebrauch von Kryptowährungen in Russland verboten. Die Zentralbank stand dem Phänomen jahrelang sehr skeptisch gegenüber. Im September deutete Regierungschef Michail Mischustin allerdings einen Sinneswandel an. Die zuständigen Behörden würden sich bis Jahresende auf eine einheitliche Position verständigen, kündigte er an.

Die westlichen Sanktionen verbieten die Einfuhr zahlreicher Produkte nach Russland. Neben Rüstungsgütern sind das vor allem Hightech-Waren und Komponenten für die Elektronikbranche wie Halbleiter-Chips, aber auch Maschinen und Anlagen. Russland versucht, einen Teil dieser Güter aus Drittländern zu beziehen.

+++ Explosionen auf Militärflugplätzen in Russland: Tote und Verletzte +++

Bei Explosionen auf zwei Militärflugplätzen im europäischen Teil Russlands sind mindestens drei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. «Eine nicht identifizierte Drohne hat einen Flugplatz im Gebiet Saratow angegriffen», teilte das Internetportal Baza am Montag mit. Zwei Menschen mussten demnach ins Krankenhaus eingeliefert werden. Etwa zur gleichen Zeit detonierte lokalen Medienberichten zufolge im Gebiet Rjasan südlich von Moskau ein Benzinlaster auf dem Rollfeld, wobei drei Menschen getötet und fünf verletzt wurden.

Über die Ursache der Explosion in Rjasan gab es zunächst keine Angaben. Dort soll ein Flugzeug beschädigt worden sein. Auf dem Flughafen Engels-2 bei Saratow wurden dem Bericht zufolge ebenfalls zwei Maschinen in Mitleidenschaft gezogen.

Bei den Flugzeugen in Saratow soll es sich um strategische Bomber vom Typ T-95 handeln. Diese Bomber werden für die russischen Raketenangriffe auf die Ukraine genutzt. In den vergangenen Wochen wurde bei derartigen Angriffen die ukrainische Energieinfrastruktur massiv beschädigt.

In der Vergangenheit hatte Kiew Angriffe auf mehrere Luftwaffenstützpunkte auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim zugegeben. Wer hinter den jüngsten Explosionen steckt, war aber zunächst unklar.

Aufnahme eines TU-95 Bombers auf dem Militärflugplatz im russischen Engels. (Bild: Reuters)
Aufnahme eines TU-95 Bombers auf dem Militärflugplatz im russischen Engels. (Bild: Reuters)

+++ Kiew: Verdächtige Sendungen inzwischen in zwölf Ländern +++

Auslandsvertretungen der Ukraine sind nach Angaben der Regierung bereits in zwölf Ländern Ziel von verdächtigen Postsendungen geworden. Dies teilte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko, am Montag in Kiew mit. Insgesamt habe es in den vergangenen Wochen in Botschaften oder Konsulaten 21 Vorfälle gegeben. In Spanien habe die Polizei zudem drei verdächtige Umschläge bereits bei der Post beschlagnahmt.

Vergangene Woche waren Päckchen mit blutigen Tieraugen bei mehreren ukrainischen Auslandsvertretungen eingegangen. Zuvor hatte es in Spanien eine Briefbombenserie gegeben. Dabei wurde ein Sicherheitsmann in der ukrainischen Botschaft leicht verletzt. Vermutet wird ein Zusammenhang mit dem seit Ende Februar laufenden russischen Angriffskrieg.

+++ Neue Öl-Sanktionen gegen Russland gelten +++

Rohöl aus Russland darf von diesem Montag an nur noch in Ausnahmefällen in die Europäische Union importiert werden. Grundlage der Einfuhrbeschränkung ist eine im Juni von den 27 Mitgliedstaaten beschlossene Sanktionsverordnung wegen des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Öl-Embargo Übergangsfristen vor.

Ebenfalls ab diesem Montag gilt eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl künftig für höchstens 60 US-Dollar pro Barrel an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter wird dann um bis zu 9 Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen.

Beide Maßnahmen sollen dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen und dadurch auch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung einschränken.

+++ Ukrainischer Präsident Selenskyj: «Wir schützen unser Zuhause» +++

Mit Blick auf die kalte Jahreszeit hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj an das Durchhaltevermögen und die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung appelliert. «Der Feind hofft sehr, den Winter gegen uns zu verwenden: die Winterkälte und Not zu einem Teil seines Schreckens zu machen», sagte er am Sonntagabend in seiner täglichen Videobotschaft. «Wir müssen alles tun, um diesen Winter zu überleben, egal wie hart er ist.» Diesen Winter zu ertragen bedeute, alles zu ertragen.

Russland habe zwar einen Vorteil durch Raketen und Artillerie. «Aber wir haben etwas, was der Besatzer nicht hat und nicht haben wird. Wir schützen unser Zuhause, und das gibt uns die größtmögliche Motivation», betonte Selenskyj. Das ukrainische Volk kämpfe für die Freiheit und verteidige die Wahrheit, sagt er. «Um den Winter zu überstehen, müssen wir widerstandsfähiger und vereinter denn je sein», appellierte Selenskyj an die Ukrainer.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj. (Bild: Reuters)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj. (Bild: Reuters)

+++ London: Russische Luftwaffe reduziert Einsätze in Ukraine stark +++

Russische Kampfflugzeuge haben ihre Einsätze in der Ukraine nach Analysen britischer Geheimdienste deutlich reduziert. Derzeit würden noch einige Dutzend Missionen pro Tag geflogen. Im März seien es noch bis zu 300 täglich gewesen, teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die russische Luftwaffe habe bisher mehr als 60 Flugzeuge verloren, darunter allein in der vergangenen Woche einen taktischen Bomber vom Typ Suchoi Su-24 (Nato-Code: Fencer) sowie ein Erdkampfflugzeug vom Typ Suchoi Su-25 (Frogfoot).

«Der Rückgang der Einsätze ist wahrscheinlich auf die andauernde, starke Bedrohung durch die ukrainische Luftverteidigung, die Beschränkung der verfügbaren Flugstunden für russische Flugzeuge und das sich verschlechternde Wetter zurückzuführen», hieß es in London. Dennoch werde die russische Luftwaffe auch über die Wintermonate weiter Einsätze fliegen, da die Bodentruppen auf eine Identifizierung ihrer Ziele aus der Luft angewiesen seien.

+++ Ukrainische Weizenspende für Äthiopien erreicht afrikanische Küste +++

Eine ukrainische Spende von 25.000 Tonnen Weizen für Nahrungsmittelhilfe in Äthiopien ist im benachbarten Dschibuti angekommen. Das teilte die ukrainische Botschaft in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba am Montag mit. Im Hafen von Doraleh in Dschibuti werde das Getreide umgeladen und auf dem Landweg nach Äthiopien weitertransportiert.

Ein zweites Schiff, das derzeit im Hafen von Tschornomorsk in der Ukraine mit weiteren 30.000 Tonnen Weizen beladen wird, solle in wenigen Tagen Richtung Äthiopien ablegen, hieß es. Dem werde eine dritte Ladung von 25.000 Tonnen Weizen in das benachbarte Somalia folgen, wo eine Hungersnot droht. Insgesamt plant die Ukraine, mehr als 60 Getreideladungen in die am stärksten von der aktuellen Hungerkrise betroffenen Länder zu schicken, unter anderem auch in den Sudan, Südsudan, nach Kenia, die Demokratische Republik Kongo und den Jemen.

Die Bundesregierung unterstützt den Schiffstransport der ukrainischen Weizenspende nach Äthiopien finanziell mit 14 Millionen US-Dollar. Nach Angaben von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) können 1,6 Millionen Menschen in dem Land am Horn Afrikas einen ganzen Monat lang ernährt werden. Das Getreide wird durch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) verteilt werden. Die Ukraine ist der weltweit viertgrößte Getreideexporteur, hat aber seit Beginn des russischen Angriffskrieges Schwierigkeiten, das Getreide aus dem Land zu verschiffen.

+++ Ukrainische Justiz: Drastische Zunahme sexueller Gewalt durch Russen +++

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin hat eine «drastische Zunahme» sexueller Gewalt durch russische Soldaten angeprangert. Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seien alle Geschlechter und Altersklassen betroffen, Kinder ebenso wie Alte, sagte Kostin der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung «Ouest-France» (Montag). Russische Soldaten setzten sexuelle Gewalt gezielt ein - als «Kriegsmethode, um Ukrainerinnen und Ukrainer zu demütigen», behauptete er.

Kostin sagte den Zeitungen, vor vier Monaten seien erst 40 Fälle von sexueller Gewalt registriert worden, aber mittlerweile seien es mehr als 110 Fälle. «Tendenz stark steigend.» Zudem gebe es eine hohe Dunkelziffer. «In vielen Fällen werden Menschen durch russische Soldaten vergewaltigt, gefoltert und danach getötet. Oft finden Vergewaltigungen vor den Augen von Angehörigen und Kindern statt», sagte Kostin. Betroffen seien vor allem besetzte Gebiete. Oft hätten russische Kommandeure Vergewaltigungen angeordnet oder zumindest unterstützt, so Kostin. Die Angaben des Generalstaatsanwalts ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Der Deutschland-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Wenzel Michalski, sprach ebenfalls von einer Systematik der Gewalt. «Gräueltaten an Zivilisten gehören zur Kriegstaktik der russischen Soldaten in der Ukraine», sagte Michalski den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Die Gewalt der Soldaten einschließlich der Vergewaltigungen wird von der Spitze der russischen Politik und des Militärs nicht geahndet. Im Gegenteil: Kräfte, die besonders brutal vorgehen, werden noch ausgezeichnet», sagte er. Die Gewalt werde von der Führung mindestens billigend in Kauf genommen.

Kostin zufolge wurden in der Ukraine seit Kriegsbeginn vor gut neun Monaten fast 8500 Zivilisten getötet, darunter 440 Kinder. Mehr als 11 000 Zivilisten seien verletzt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft habe bislang 50 197 Fälle von Kriegsverbrechen aufgenommen, sagte er den Zeitungen.

+++ Kriegswinter: UNHCR rechnet mit mehr Vertriebenen in der Ukraine +++

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rechnet wegen des anhaltenden russischen Angriffskriegs eher mit einer Zunahme der Vertreibung innerhalb der Ukraine als mit einer großen Fluchtbewegung in Richtung der EU-Staaten. «Das wahrscheinlichste Szenario ist eine weitere Vertreibung innerhalb der Ukraine», sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem «Spiegel». «Ich hoffe, dass es keine weitere große Flüchtlingsbewegung geben wird.» Gleichzeitig schränkte er ein: «Aber Krieg ist unberechenbar.»

Ihn beunruhige, dass diejenigen, die jetzt noch ins Ausland fliehen könnten, höchstwahrscheinlich mehr Unterstützung bräuchten. «Diejenigen, die bisher in der Ukraine geblieben sind, hatten entweder weniger Kontakte in Europa oder waren weniger mobil», sagte Grandi dem «Spiegel» weiter. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Staaten der EU bei Bedarf auch zusätzliche Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen könnten. «Europa kann der Herausforderung noch eine Weile standhalten», sagte er. Mit Blick auf den Winter sagte Grandi: «Anders als im Frühjahr werden diesmal mehr öffentlich betriebene Unterkünfte nötig sein, und dafür werden Mittel benötigt.» Daher sollten Länder wie Polen und Tschechien, die eine besonders große Last zu tragen hätten, finanziell unterstützt werden, forderte er.

Angesichts des Winterwetters und anhaltender russischer Angriffe auf die zivile Infrastruktur des Landes - insbesondere auf Einrichtungen der Strom- und Wärmeversorgung - gab es zuletzt immer wieder Befürchtungen, dass nun viele weitere Ukrainer in die EU fliehen könnten. Dahingehend äußerte sich am Sonntag zum Beispiel auch der deutsche Botschafter in London, Miguel Berger. «Wir sind darüber sehr besorgt, denn diese Angriffe auf die Energieinfrastruktur bedeuten, dass viele Menschen in den eiskalten Temperaturen dazu gezwungen sein könnten, die Ukraine zu verlassen.» Der Diplomat sagte dem britischen TV-Sender Sky News weiter: «Wir erwarten einen weiteren Schwung an Flüchtlingen in den kommenden Wochen.»

Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar hat dem UNHCR zufolge zur größten Vertreibung von Menschen seit Jahrzehnten geführt. Erst Anfang November hatte Grandi in New York gesagt, rund 14 Millionen Menschen seien seit Kriegsbeginn aus ihren Häusern vertrieben worden. Knapp acht Millionen haben dem UNHCR zufolge im Ausland Schutz gesucht, davon eine Million in Deutschland.

UNHCR-Chef Grandi lobte ausdrücklich «die derzeitige europäische Politik der nachhaltigen Gastfreundschaft» gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen. Sie hätten direkt Zugang zu den Sozialsystemen und dürften arbeiten. «Jahrelang wurden solche Ansätze für schlecht oder für nicht umsetzbar gehalten. Aber in Wirklichkeit haben sie den Druck auf Regierungen und Gesellschaften verringert, weil sie einen gewissen Selbstregulierungsmechanismus geschaffen haben», so Grandi.

VIDEO: Cherson: Bewohner und Infrastruktur weiter im Visier russischer Truppen