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Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Montag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Nach Raketenangriff noch 250.000 Wohnungen in Kiew ohne Strom

  • Gasmenge in deutschen Speichern erreicht Rekordwert

  • UN stellt Moskaus Gründe für Aussetzung von Getreideabkommen in Frage

  • Russisches Militär bestätigt Angriffe auf ukrainische Energieanlagen

  • Russisches Raketenteil trifft Dorf in Republik Moldau

  • Kreml nennt Schwarzmeer-Transporte ohne Russland riskant

  • Europavergleich: Gaspreis in Deutschland noch relativ wenig gestiegen

  • Russland beschießt Ukraine mit Raketen - Explosionen auch in Kiew

  • Kiew zu großen Teilen ohne Wasserversorgung nach Raketentreffer

  • London: Moskau schickt Reservisten schlecht ausgerüstet an Front

  • Lambrecht lobt UN-Bemühungen zu Rettung von Getreideabkommen

  • Selenskyj berät mit seinen Militärs

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Nach Raketenangriff noch 250.000 Wohnungen in Kiew ohne Strom +++

Nach einem russischen Raketenangriff auf die Energieversorgung der ukrainischen Hauptstadt waren dort am Montagabend immer noch rund 250 000 Wohnungen ohne Strom. Bürgermeister Vitali Klitschko teilte mit, in 40 Prozent der Verbrauchsstellen gebe es noch kein Wasser. Damit hat sich die Lage gegenüber dem Morgen gebessert, als noch 80 Prozent der Anschlüsse kein Wasser hatten. In rund 350 000 Wohnungen war der Strom ausgefallen. Klitschko erwartete eine weitere Stabilisierung der Lage in den späteren Abendstunden.

Für Dienstag kündigte er weitere Stromsparmaßnahmen im öffentlichen Nahverkehr an. So werde die U-Bahn seltener fahren. Stromgetriebene Straßenbahnen und Oberleitungsbusse sollten durch normale Busse ersetzt werden. Russland hat am Montag erneut viele Anlagen der Energieversorgung in Kiew und anderen ukrainischen Städten mit Raketen und Marschflugkörpern beschädigt.

+++ Russland: Können ungehinderte Durchfahrt von Schiffen nicht erlauben +++

Russland will nach seiner angekündigten Aussetzung des Getreideabkommens mit der Ukraine weitere Exporte über das Schwarze Meer nicht zulassen. Die Vereinbarung könne «nicht ohne uns umgesetzt werden», sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja am Montag bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Gleichzeitig könne Moskau «eine ungehinderte Passage von Schiffen ohne unsere Inspektion nicht zulassen», sagte Nebensja.

Russland schien damit auf die Position der Vereinten Nationen zu reagieren, nach deren Lesart der Export von Getreide weitergehen kann und das Abkommen in Kraft bleibt. Russland hatte am Samstag das unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossene Abkommen ausgesetzt. Zur Begründung nannte Moskau Drohnenangriffe Kiews auf seine Schwarzmeerflotte.

+++ UN stellt Moskaus Gründe für Aussetzung von Getreideabkommen in Frage +++

Die Vereinten Nationen haben die von Moskau genannten Gründe für die Aussetzung des Getreideabkommens mit der Ukraine in Frage gestellt. «Wenn sich Schiffe der Initiative nicht in dem Gebiet befinden, hat der Korridor keinen besonderen Status. Er bietet weder Deckung noch Schutz für offensive oder defensive Militäraktionen. Er kann nicht als Schild oder Versteck verwendet werden. Es ist auch keine No-Go-Zone», sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths am Montag bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. In der Nacht der angeblichen Angriffe seien auch keine Frachtschiffe in dem Korridor gewesen.

+++ Gasmenge in deutschen Speichern erreicht Rekordwert +++

In den deutschen Gasspeichern lagert so viel Erdgas wie nie zuvor. Dies geht aus im Internet veröffentlichten Daten der europäischen Gasspeicherbetreiber hervor. Demnach überschritt die gespeicherte Menge bereits am 24. Oktober mit 239,64 Terawattstunden den bisherigen Höchstwert vom 10. November 2019, als 239,62 Terawattstunden Energiegehalt registriert wurden. Mittlerweile ist der Wert auf 241,62 Terawattstunden gestiegen (vorläufiger Stand vom 29. Oktober). Zum Vergleich: Im Januar und Februar 2022 wurden laut Bundesnetzagentur in Deutschland insgesamt knapp 227 Terawattstunden Erdgas verbraucht.

Die deutschen Speicher sind insgesamt zu 98,52 Prozent gefüllt. Das prozentuale Allzeithoch ist damit nicht erreicht: Am 27. Oktober 2019 waren sie dem Verband der deutschen Speicherbetreiber zufolge zu 99,66 Prozent gefüllt. In Europa lag der Füllstand aller Speicher laut Speicherverband GIE am Samstag bei insgesamt 94,34 Prozent.

«Seit Montag letzter Woche liegen die absoluten Speicherfüllstände in Deutschland auf einem Rekordniveau», sagte der Geschäftsführer des deutschen Speicherverbandes Ines, Sebastian Bleschke, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. «Vor dem Hintergrund der damit geschaffenen Gasreserven darf festgestellt werden, dass für den bevorstehenden Winter sehr gut vorgesorgt wurde.» Hohe Füllstände seien von zentraler Bedeutung, um eine Unabhängigkeit von einzelnen Gaslieferanten zu erreichen. «Dieser Unabhängigkeit sind wir nun einen ganz großen Schritt nähergekommen.»

Eine Verordnung schreibt vor, dass am 1. November jeder Speicher in Deutschland zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein soll. Der Verband Ines geht weiter davon aus, dass zum Stichtag nur der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden diesen Wert nicht erreichen wird. Er war zuletzt zu 91,4 Prozent gefüllt.

Der größte deutsche Gasspeicher im niedersächsischen Rehden. (Bild: Getty Images)
Der größte deutsche Gasspeicher im niedersächsischen Rehden. (Bild: Getty Images)

+++ Russisches Militär bestätigt Angriffe auf ukrainische Energieanlagen +++

Russland hat die massiven Raketenangriffe auf ukrainische Energieanlagen bestätigt. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Montag mit, dass auch ukrainische Militärobjekte mit Raketen von Bombern aus der Luft und von Kriegsschiffen aus beschossen wurden. «Die Ziele der Schläge wurden erreicht. Alle anvisierten Objekte wurden getroffen», sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Montag in Moskau. Die Ukraine hatte am Morgen wegen Dutzender russischer Raketenangriffe in zahlreichen Regionen landesweit Luftalarm ausgelöst.

Nach Angaben Kiews schossen die Luftstreitkräfte die Mehrheit der russischen Raketen ab. Dabei sei auch das Flugabwehrsystem Iris-T aus Deutschland zum Einsatz gekommen, das zu 100 Prozent Ziele zerstört habe. Die Ukraine forderte erneut mehr solcher Systeme.

Ziele der russischen Angriffe waren demnach auch für die Stromversorgung wichtige Wasserkraftwerke. Vielerorts versagte die Stromversorgung. Durch einen russischen Raketentreffer fielen in der Hauptstadt Kiew große Teile der Wasserversorgung aus. 80 Prozent der Verbrauchsstellen seien betroffen, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Die Ukraine wirft Russland «Energieterror» vor.

Nach Darstellung Konaschenkows wurden einzelne Angriffe der ukrainischen Streitkräfte in den Gebieten Luhansk und Cherson zurückgeschlagen. In den Gebieten Donezk und Cherson seien vier Munitionsdepots und mehrere Drohnen «vernichtet» worden. Von unabhängiger Seite überprüfbar waren diese Angaben nicht. Seit Wochen schon beschießt Russland zum Wochenauftakt die Ukraine im morgendlichen Berufsverkehr mit Raketen. Dabei gab es auch Tote und Verletzte. Über neue Opfer war zunächst nichts bekannt.

+++ Türkei: Telefonat mit Moskau zu Getreideabkommen geplant +++

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar will am Abend mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Schoigu wegen der Aussetzung des Getreideabkommens telefonieren. Die Getreideexporte aus der Ukraine müssten fortgesetzt werden, sagte Akar am Montag laut Angaben seines Ministeriums. Er sei auch mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow in Kontakt. «Die Aussetzung dieser Initiative wird niemandem etwas nutzen», betreffe aber die ganze Menschheit, so Akar.

Russland hatte am Samstag das unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossene Abkommen aufgekündigt. Zur Begründung hieß es, die Sicherheit von zivilen Schiffen, die im Rahmen der Initiative unterwegs seien, könne wegen eines ukrainischen Drohnenangriffes nicht mehr garantiert werden. Am Montag fuhren dennoch mehrere Schiffe in dem ausgehandelten Korridor.

Das Abkommen hatte die monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren infolge des russischen Angriffskriegs beendet. Ursprünglich sollte es am 19. November auslaufen - wäre aber, wenn keine Seite widersprochen hätte, automatisch verlängert worden.

Die Schiffe auf dem Weg von oder in ukrainische Häfen wurden bisher in einem gemeinsamen Koordinierungszentrum in Istanbul kontrolliert – durch Teams aus ukrainischen, russischen, türkischen und UN-Vertretern. Wie und ob diese Kontrollen nach der russischen Aufkündigung nun vollzogen werden, war zunächst unklar.

+++ Russisches Raketenteil trifft Dorf in Republik Moldau +++

Bei dem schweren Luftangriff auf die Ukraine am Montag sind Teile einer abgeschossenen russischen Rakete in ein grenznahes Dorf im Norden der Republik Moldau gestürzt. Das teilte das Innenministerium in der Hauptstadt Chisinau mit. In einigen Häusern des Ortes Naslavcea seien Fenster geborsten, Verletzte gebe es nach ersten Erkenntnissen nicht. Nach ukrainischen Militärangaben sollte die russische Rakete das etwa zehn Kilometer entfernte Wasserkraftwerk am Fluss Dnister bei Nowodnistrowsk treffen. Die ukrainische Luftabwehr habe die Rakete im Anflug abgeschossen.

Das Verteidigungsministerium der Moldau bestätigte, dass die russische Rakete nicht den moldauischen Luftraum verletzt habe. Bei einem ähnlich großangelegten Luftangriff am 10. Oktober waren drei russische Raketen durch den Luftraum der nicht am Krieg beteiligten Republik Moldau geflogen.

+++ Kreml nennt Schwarzmeer-Transporte ohne Russland riskant +++

Der Kreml nennt die ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer ohne russische Mitwirkung riskant. Wenn Russland sage, es könne die sichere Schifffahrt in diesem Seegebiet nicht garantieren, sei die internationale Vereinbarung über die Ausfuhren «nicht so leicht umzusetzen». Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau nach Angaben russischer Agenturen. Die Getreideinitiative nehme dann «einen anderen Charakter an, viel riskanter, gefährlicher und ohne Garantie.»

Russland hatte am Samstag die Vereinbarung über ukrainische Getreideexporte ausgesetzt, die im Juli von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelt worden war. Die UN, Ankara und Kiew einigten sich am Sonntag aber darauf, die Transporte auch ohne die Zusicherung freien Geleits durch Russland fortzusetzen. Die russischen Vertreter im gemeinsamen Koordinationszentrum in Istanbul seien darüber informiert worden. Schiffstracker zeigten am Montagmittag einen ganzen Konvoi von Frachtschiffen, die aus ukrainischen Häfen Richtung Bosporus unterwegs waren.

Peskow sagte, Moskau sei bereit, die Empfängerländer zu entschädigen, die durch den russischen Ausstieg aus dem Abkommen weniger Getreide bekommen. Wie dies praktisch aussehen werde, sei aber eine schwierige Frage.

Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Bild: Reuters)
Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Bild: Reuters)

+++ Europavergleich: Gaspreis in Deutschland noch relativ wenig gestiegen +++

Die Gasrechnungen deutscher Verbraucher sind im ersten Halbjahr 2022 bereits kräftig gestiegen - allerdings schwächer als bei vielen europäischen Nachbarn. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zahlten deutsche Haushalte knapp ein Viertel mehr für ihr Gas, wie das Statistikamt Eurostat am Montag in Luxemburg mitteilte. Durchschnittlich stiegen die Preise für 100 Kilowattstunden in der EU um mehr als ein Drittel auf 8,61 Euro.

In Estland zogen die Preise auf das Zweieinhalbfache an und stiegen damit EU-weit am stärksten. Deutlich mehr mussten auch Verbraucher in Litauen und Bulgarien für Erdgas zahlen. Wesentlicher Treiber sei der russische Krieg in der Ukraine gewesen, teilte Eurostat mit. Leicht rückläufig war der Preis hingegen in Ungarn, was auf staatliche Eingriffe zurückzuführen sei. Vergleichsweise günstig blieb das Gas mit Preisanstiegen von bis zu zehn Prozent auch in Kroatien und Portugal.

In absoluten Zahlen war das Gas in Schweden, Dänemark und den Niederlanden am teuersten. Dem standen Ungarn, Kroatien und Lettland mit den günstigsten Gasrechnungen entgegen. Weil für Zypern, Malta und Finnland keine Zahlen vorlagen, flossen sie nicht in die Berechnung ein.

+++ 29 Millionen Tonnen über Solidaritätsspuren aus Ukraine exportiert +++

Über infolge des russischen Angriffskriegs ausgebaute Handelswege sind nach Angaben der EU-Kommission bislang mehr als 14 Millionen Tonnen Agrargüter aus der Ukraine exportiert worden. Hinzu kommen 15 Millionen Tonnen an Gütern, die nicht aus dem Landwirtschaftssektor stammen, wie ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Montag sagte. Als Beispiele nannte er Eisen und Stahl.

Die sogenannten Solidaritätskorridore waren im Mai eingerichtet worden. Dahinter steckt vor allem ein Konzept, bestehende Handelswege auszuweiten, um Alternativen zu Ausfuhren über das Schwarze Meer zu etablieren. Die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren im Zuge des Krieges lange blockiert. Mit mehr Material wie Waggons, Binnenschiffen oder Lkw, mehr Personal und weniger Bürokratie sollte daher über andere Handelswege Abhilfe geschaffen werden. Diese Solidaritätskorridore hätten sich als äußerst wichtiger Rettungsanker für die Ukraine erwiesen, sagte der Kommissionssprecher.

+++ Ukrainisches und tschechisches Kabinett tagen gemeinsam in Kiew +++

Trotz der neuen russischen Raketenangriffe auf die Ukraine ist Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala am Montag mit sieben Ministern nach Kiew gereist. Dort stand eine gemeinsame Sitzung mit dem ukrainischen Kabinett auf dem Programm - eine Premiere seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf das Nachbarland vor mehr als acht Monaten. Tschechien hat noch bis zum Jahresende in der EU die Präsidentschaft inne.

Unter der liberalkonservativen Regierung hat das EU- und Nato-Land in diesem Jahr bereits Rüstungsgüter im Wert von umgerechnet mehr als 1,9 Milliarden Euro an die Ukraine geliefert. Am Sonntag waren Zehntausende in Prag auf der Straße, um Solidarität mit der Ukraine zu bekunden und die Politik ihrer Regierung zu unterstützen.

+++ Russland beschießt Ukraine mit Raketen - Explosionen auch in Kiew +++

Russland hat am Montag zu Beginn der neuen Woche wieder zahlreiche Städte in der Ukraine mit Raketen beschossen. Im ganzen Land gab es Luftalarm, die ukrainische Flugabwehr war aktiv, wie die dortigen Behörden mitteilten. Auch in der Hauptstadt Kiew, in Charkiw und Saporischschja sowie im Westen des Landes waren demnach Explosionen zu hören. Es sei teils wichtige Infrastruktur getroffen worden, hieß es.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko teilte mit, dass die Strom- und die Wasserversorgung der Hauptstadt teilweise ausgefallen sei. Etwa 350 000 Wohnungen seien ohne Strom. Die kommunalen Dienste unternähmen alles, um die Versorgung wieder herzustellen. Die ukrainische Eisenbahn teilte mit, dass sich der Ausfall der Stromversorgung stellenweise auf den Verkehr auswirke und zu Zugverspätungen führe.

Die Behörden riefen die Menschen auf, sich in Schutzbunkern und anderen Räumen in Sicherheit zu bringen. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert an diesem Montag bereits 250 Tage. Die ukrainischen Luftstreitkräfte teilten am Morgen mit, dass 44 der mehr als 50 von russischen Bombern abgefeuerten Raketen abgeschossen worden seien.

Ersten offiziellen Angaben nach starteten die russischen Truppen - wie an den vergangenen Montagen - Dutzende Raketenangriffe im morgendlichen Berufsverkehr. Dabei gab es zuletzt immer wieder Tote und Verletzte. Über neue Opfer war am Morgen zunächst nichts bekannt.

Russland hatte erklärt, besonders die Energie-Infrastruktur des Nachbarlands ins Visier zu nehmen. Die Ukraine spricht von «Energieterror» mit dem Ziel, die Menschen in Dunkelheit, Kälte und Angst zu stürzen und so in die Flucht in die EU zu treiben.

Russland setze seine Angriffe gegen die zivile Infrastruktur fort, teilte der Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. «Wir werden durchhalten. Und diese Schande wird ganze Generationen von Russen teuer zu stehen kommen», kündigte er an. Zugleich forderte er vom Westen mehr Waffen und neue Sanktionen gegen Russland.

Auch auf die ukrainische Hauptstadt Kiew gingen am Montag wieder russische Raketen nieder. (Bild: Reuters)
Auch auf die ukrainische Hauptstadt Kiew gingen am Montag wieder russische Raketen nieder. (Bild: Reuters)

+++ Kiew zu großen Teilen ohne Wasserversorgung nach Raketentreffer +++

Durch einen russischen Raketentreffer sind am Montag in der ukrainischen Hauptstadt große Teile der Wasserversorgung ausgefallen. Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete in einer Mitteilung auf Telegram davon, dass 80 Prozent der Verbrauchsstellen betroffen seien. Fachleute bemühten sich, den Schaden möglichst schnell zu beheben. Klitschko stellte in Aussicht, dass in den Stadtteilen östlich des Flusses Dnipro am frühen Nachmittag wieder Wasser fließen werde. Am westlichen Ufer mit dem Zentrum der Millionenstadt werde dies erst in einigen Teilen möglich sein.

Die Angriffe mit mehr als 50 Marschflugkörpern und Raketen hatten nach ukrainischen Angaben auf sieben Gebiete gezielt, darunter Charkiw, Saporischschja und Kirowohrad. 44 der Geschosse konnten demnach abgefangen werden. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht.

Klitschko riet der Bevölkerung in Kiew, sich notfalls an öffentlichen Zapfsäulen mit Trinkwasser einzudecken. Die Stadtverwaltung veröffentlichte eine Karte dieser Brunnen. Der Ausfall des Wassersysteme hing den Angaben mit Schäden an der Stromversorgung zusammen. Klitschko schrieb, 350 000 Haushalte seien auch ohne Strom. Für das Gebiet um die Hauptstadt teilte Gouverneur Oleksij Kuleba mit, die Bevölkerung solle sich für lange Stromausfälle wappnen.

+++ London: Moskau schickt Reservisten schlecht ausgerüstet an Front +++

Russland schickt nach Einschätzung britischer Militärexperten Reservisten oft nur mit schlechter Ausrüstung im Kriegs gegen die Ukraine an die Front. «Im September zeigten sich russische Offiziere besorgt darüber, dass einige frisch mobilisierte Reservisten ohne Waffen in der Ukraine eintrafen», hieß es in einem Bericht, den das Verteidigungsministeriums in London am Montag veröffentlichte. Demnach legen Fotos auch nahe, dass Reservisten mit veralteten Waffen ausgestattet wurden, die wegen schlechter Lagerung kaum noch zu benutzen sein dürften.

+++ Lambrecht lobt UN-Bemühungen zu Rettung von Getreideabkommen +++

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat die Bemühungen der Vereinten Nationen zur Rettung des internationalen Getreideabkommens gelobt. Zugleich verurteilte sie am Montag in Berlin die Abkehr Russlands von der Vereinbarung mit der Ukraine. «Ich begrüße ausdrücklich, dass sich die Vereinten Nationen um eine schnelle Lösung und die Wiederaufnahme der Lieferungen bemühen. Die Ärmsten der Armen dürfen nicht zu Geiseln von Putins Großmachtfantasien gemacht werden», sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Dass der russische Präsident Wladimir Putin das Abkommen ausgesetzt habe, sei an Zynismus kaum zu überbieten. «Russland setzt zusätzlich zu seinem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine nun auch wieder den Hunger als Waffe ein. Das ist vollkommen inakzeptabel.» Moskau hatte das im Juli unter Vermittlung der Türkei und der UN erzielte Abkommen am Freitag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Begründet wurde dies mit ukrainischen Drohnenangriffen. Durch die Vereinbarung war die Ausfuhr von mehreren Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine wieder möglich geworden.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. (Bild: Reuters)
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. (Bild: Reuters)

+++ Selenskyj berät mit seinen Militärs +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit der Spitze der Streitkräfte und der anderen Sicherheitsorgane erneut über den Fortgang des Abwehrkampfes gegen Russland beraten. Dabei sei es auch um die möglichen Pläne des Feindes für die kommende Zeit gegangen, sagte der Staatschef am Sonntag in seiner abendlichen Videoansprache. Einzelheiten nannte er nicht. Allerdings sind auf solche Sitzungen des Oberkommandos schon mehrfach Offensiven der ukrainischen Streitkräfte gefolgt.

«Wir arbeiten täglich, um die Wiederherstellung der territorialen Unversehrtheit unseres Staates zu beschleunigen», sagte er.

Es habe in der Ukraine am Sonntag keine Stromausfälle gegeben, sagte Selenskyj. Trotzdem sei Strom knapp. Weiterhin gebe es gezielte Abschaltungen, um das Netz zu stabilisieren. Angesichts fehlender Straßenbeleuchtung rief der Präsident alle Verkehrsteilnehmer zu besonderer Vorsicht bei Dunkelheit auf. Russland hat mit Luftangriffen die ukrainische Energieversorgung schwer beschädigt.

+++ Getreidefrachter vor Ukraine in Bewegung +++

Auch nach der Aussetzung des internationalen Getreideabkommens durch Russland haben sich am Montag mehrere Frachter vor der ukrainischen Schwarzmeer-Küste in Bewegung gesetzt. Das zeigten die Schiffsortungsdienste vesselfinder.com und marinetraffic.com. Dazu zählten der nach Angaben der Vereinten Nationen mit Weizen beladene Frachter «African Robin», der mit Sojabohnen beladene Frachter «SK Friendship» und die mit Erbsen beladene «Sealock».

Zusammen mit drei weiteren Frachtern hatten sich diese Schiffe nach Angaben der Vereinten Nationen am Sonntag aus ukrainischen Gewässern in Richtung des vom Abkommen geschützten Korridors im Schwarzen Meer aufgemacht. Das ukrainische Infrastruktur-Ministerium nannte auch ein Schiff namens «Ikaria Angel», die im Auftrag des UN-Welternährungsprogramms fahre. Die Ladung von 40 000 Tonnen Getreide sei für Äthiopien bestimmt.

Auf Grundlage der bisherigen Vereinbarungen werden die Frachter zunächst durch ukrainische Schiffe in internationale Gewässer gelotst. Dann fahren sie weiter in einen Korridor, auf den sich alle Seiten im Juli geeinigt hatten. Russland hatte dann jedoch am Samstag das unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossene Abkommen aufgekündigt. Begründet wurde dies mit ukrainischen Drohnenangriffen.

Das Abkommen hatte die monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren infolge des russischen Angriffskriegs beendet. Ursprünglich sollte es am 19. November auslaufen - wäre aber, wenn keine Seite widersprochen hätte, automatisch verlängert worden. Moskau hatte immer wieder kritisiert, dass es infolge der Sanktionen des Westens bei eigenen Getreide- und Düngemittelexporten ausgebremst werde.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Montag, sein Land werde die Bemühungen für Getreideausfuhren fortsetzen. Ebenfalls am Montag sollten sich nach einem Plan der Delegationen der UN, der Ukraine und der Türkei 16 weitere Schiffe auf den Weg durch den Korridor machen. Russland sei darüber informiert worden, hieß es.

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