Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.
Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.
Kiew: Russische Truppen setzen Angriffe auf Bachmut fort
Scholz: Putin hat Einigkeit des Westens unterschätzt
Ukraine meldet Beschuss von Region Cherson - Frau und Kinder tot
Kiew: Russland verliert in Bachmut 500 Mann pro Tag
«Unsicherheiten auf dem Vormarsch»: China will aufrüsten
Die aktuelle Newslage im Livestream:
+++ Kiew: Russische Truppen setzen Angriffe auf Bachmut fort +++
Das russische Militär hat auch am Sonntag seine Anstrengungen zur Eroberung der ostukrainischen Stadt Bachmut fortgesetzt. «Sie (die russischen Truppen) hören nicht auf, gegen Bachmut und die umliegenden Siedlungen anzustürmen», teilte der ukrainische Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht am Abend mit. Zahlreiche Siedlungen rund um Bachmut seien mit Mörsern und Artillerie beschossen worden. Die Generalität in Kiew machte keine Angaben zu eventuellen Geländegewinnen oder -verlusten. Bisher wird Bachmut von drei Seiten bedrängt, lediglich eine Seite im Westen ist noch offen.
Die russischen Truppen versuchen schon seit Wochen, die zur Festung erklärte Stadt Bachmut zu erobern. Dabei setzt Russland die berüchtigte Söldnertruppe Wagner ein, die nach ukrainischen Berichten bereits schwere Verluste erlitten haben soll. Die Angaben sind nicht überprüfbar.
Der Generalstab in Kiew sprach in seinem Bericht von «erfolglosen Offensivaktionen» russischer Truppen bei Awdijiwka und Schachtarsk im Osten des Landes. Auch dort seien viele Ortschaften von russischer Artillerie wahllos beschossen worden.
+++ Scholz: Putin hat Einigkeit des Westens unterschätzt +++
Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Einigkeit des Westens bei der Unterstützung der Ukraine unterschätzt. «Er hat die Einigkeit Europas, der Vereinigten Staaten und aller Freunde der Ukraine sowie die ständige Lieferung von Waffen, die wir der Ukraine zur Verfügung stellen, falsch eingeschätzt», sagte Scholz auf Englisch in einem Interview des US-Senders CNN, das am Sonntag ausgestrahlt wurde. So seien die Ukrainer in der Lage gewesen, ihr Land zu verteidigen. «Und sie werden auch in Zukunft in der Lage sein, dies zu tun», sagte Scholz und bekräftigte, dass es weitere Waffenlieferungen geben werde.
«Wir sind jetzt der stärkste Unterstützer der Ukraine in Kontinentaleuropa, und das werden wir auch weiterhin sein», betonte Scholz. «Und das liegt auch an den Waffen, bei denen wir uns mit den Vereinigten Staaten und anderen Freunden abstimmen.» Deutschland habe im vergangenen Jahr 14 Milliarden Euro auf die eine oder andere Weise zur Unterstützung der Ukraine ausgegeben.
Scholz betonte, Deutschland habe sich von der Versorgung mit Gas, Kohle und Öl aus Russland unabhängig gemacht. «Niemand hat vor einem Jahr wirklich erwartet, dass wir eine Situation, in der es keine Gaslieferungen aus Russland mehr nach Deutschland und in viele Teile Europas gibt, wirtschaftlich leicht überleben würden», sagte Scholz. Deutschland aber habe die Importe von Flüssigerdgas (LNG) aus den westlichen Teilen Europas erhöht, neue Terminals in Norddeutschland gebaut und die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert. «Und so haben wir es geschafft - und nichts von dem, was manche Leute erwarten haben, ist passiert. Es gibt keine Wirtschaftskrise in Deutschland, es gibt keine Gasknappheit oder so etwas in der Art.»
Zu einer möglichen Unterstützung Chinas mit Waffenlieferungen an Russland und neuen Sanktionen als Folge sagte Scholz: «Wir haben sie gebeten, keine Waffen an Russland zu liefern (...), und ich bin relativ optimistisch, dass wir in diesem Fall mit unserer Bitte erfolgreich sein werden.»
+++ Ukraine meldet Beschuss von Region Cherson - Frau und Kinder tot +++
Durch russischen Beschuss der südukrainischen Region Cherson sind Kiewer Angaben zufolge ein Wohnhaus getroffen und mindestens drei Menschen getötet worden. Die Toten im Dorf Ponjatiwka seien eine Frau und zwei Kinder, schrieb der Leiter des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermak, am Sonntag auf Telegram. «Russische Terroristen töten weiterhin Zivilisten», schrieb Jermak hinzu.
Russland führt seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Im vergangenen Herbst hatte die ukrainische Armee große Teile des Chersoner Gebiets von den russischen Besatzern zurückerobert. Seitdem gibt es regelmäßig Berichte über heftigen Beschuss durch die russischen Truppen, die in nur geringer Entfernung auf der anderen Seite des Flusses Dnipro stationiert sind.
Unterdessen teilte der ukrainische Zivilschutz mit, dass die Zahl der Todesopfer nach einem schweren Raketenangriff in der Großstadt Saporischschja in der Nacht zum vergangenen Donnerstag mittlerweile auf 13 gestiegen sei. Aus den Trümmern des fünfstöckigen Gebäudes war zuvor auch ein acht Monate altes Mädchen tot geborgen worden.
+++ Kiew: Russland verliert in Bachmut 500 Mann pro Tag +++
Das russische Militär erleidet nach Angaben aus Kiew bei der Schlacht um die ostukrainische Stadt Bachmut enorm hohe Verluste. «Die Verluste der Russen belaufen sich jeden Tag auf bis zu 500 Gefallene und Verletzte», sagte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow der «Bild am Sonntag». Die russischen Soldaten seien lediglich «Kanonenfutter» in der von Moskau genutzten «Taktik des Fleischwolfs». Unabhängig lassen sich die Angaben zu den Verlustzahlen nicht überprüfen.
Allerdings ist die Stadt seit Monaten schwer umkämpft. In dem Raum ist vor allem die Söldnereinheit Wagner aktiv. Deren Chef, der als kremlnah geltende Oligarch Jewgeni Prigoschin, hat in der Vergangenheit in russischen Gefängnissen Männer für die Truppe rekrutiert. Gerade unter diesen Gefangenen sollen Berichten zufolge die Verluste extrem hoch sein. Die Menschenrechtsorganisation «Russland hinter Gittern» hatte zuletzt davon gesprochen, dass von den 50.000 in Gefängnissen angeworbenen Söldnern nur noch 10.000 an der Front seien. Der Rest sei gefallen, verwundet, gefangen genommen worden oder desertiert.
Laut Resnikow ist Bachmut «für die Russen ein symbolischer Ort», weshalb die Anstrengungen für die Einnahme der Stadt so bedeutend seien. Dabei bedeute selbst deren Eroberung nichts für den weiteren Verlauf der Kämpfe im Donbass, sagte er der Zeitung.
In der Vergangenheit hatte allerdings auch die Führung in Kiew Bachmut eine hohe symbolische Bedeutung verliehen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach unter anderem von der «Festung Bachmut», die nicht aufgegeben werde. Heute sind die Töne gemäßigter. Der Fall der Stadt wird inzwischen als Möglichkeit in Betracht gezogen. Allerdings will die Ukraine so lange wie möglich an den Stellungen festhalten, auch weil die russischen Truppen beim Anrennen dagegen viel Zeit und Kraft verlieren.
+++ IEA-Chef: Russland als Energielieferant dauerhaft geschwächt +++
Nach der Abkehr des Westens von russischem Öl und Gas sieht der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, Russland dauerhaft geschwächt. «Russland hat die Energieschlacht verloren», sagte Birol in Paris der französischen Zeitung «Libération».
Die Öl- und Gasexporte seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine um 40 Prozent zurückgegangen. Und das sei erst der Anfang, denn die russischen Öl- und Gasfelder seien technisch und geologisch komplex. Sie benötigten die technologische Unterstützung internationaler Experten. «Diese haben sich jedoch aus Russland zurückgezogen.» Da die Felder nicht die notwendige technologische Unterstützung erhielten, werde die Förderung mittelfristig zurückgehen.
Russland könne Europa als einst größten Abnehmer nicht einfach durch Asien ersetzen, sagte der IEA-Chef. «Mit Energie zu handeln ist nicht dasselbe wie Zwiebeln zu verkaufen. Wenn Sie von einem Tag auf den anderen Ihren größten Kunden verlieren, müssen Sie andere finden, um das zu kompensieren, aber Sie brauchen auch eine neue Infrastruktur, um die Energie zu transportieren.» Es werde Jahre dauern, um Pipelines von Westsibirien nach China zu bauen. «Die Rolle Russlands in internationalen Energieangelegenheiten wird in Zukunft weit weniger wichtig sein», meinte Birol.
Europa habe in den vergangenen Jahrzehnten zwei strategische Fehler bei seiner Energieversorgung gemacht. Der eine sei gewesen, sich derart von einem Land, und schlimmer noch von einem Land wie Russland, abhängig zu machen. «Der zweite Fehler ist meiner Meinung nach, dass mehrere europäische Länder auf die Kernenergie verzichten wollten, obwohl sie eine nationale Quelle für die Stromerzeugung ist.» Durch die Energiekrise hätten erneuerbare Energien in Europa einen Schub bekommen, und zwar nicht nur aus Klimagründen. «Heute haben die Regierungen gut verstanden, dass sie außerdem Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit ermöglichen.»
+++ «Unsicherheiten auf dem Vormarsch»: China will aufrüsten +++
Angesichts wachsender Spannungen in der Welt will China seine Militärausgaben kräftig um 7,2 Prozent steigern. Zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses warnte Regierungschef Li Keqiang am Sonntag in Peking vor zunehmenden globalen Unwägbarkeiten.
In seinem Rechenschaftsbericht vor den knapp 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes rief Regierungschef Li Keqiang zur Modernisierung der Streitkräfte auf, die «ihre Kampfbereitschaft stärken und ihre militärischen Fähigkeiten verbessern» sollten.
Wachstumsziel bei «rund fünf Prozent»
«Unsicherheiten im externen Umfeld sind auf dem Vormarsch», sagte Li Keqiang. Als Wachstumsziel für die zweitgrößte Volkswirtschaft in diesem Jahr gab der Premier «rund fünf Prozent» vor. Schon im Vorjahr waren 5,5 Prozent Wachstum angestrebt worden, doch wurde das Ziel wegen der Belastungen durch Corona-Lockdowns, Zwangsquarantäne und Massentests letztlich verfehlt. So konnten 2022 nur drei Prozent erreicht werden - die zweitschlechteste Wachstumsrate seit 1976.
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik vor drei Monaten rechnet der Premier nach eigenen Worten mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaft. Er warnte aber vor Unberechenbarkeiten in der Weltwirtschaft und politischem Druck. «Die globale Inflation bleibt hoch, das Wachstum der Weltwirtschaft und des Handels verliert an Dampf», sagte Li Keqiang. «Externe Versuche, China zu unterdrücken und einzudämmen, eskalieren», sagte der Premier - ein kaum verhohlener Hinweis auf die USA, denen in Peking unterstellt wird, Chinas Aufstieg in der Welt behindern zu wollen.